Die "dicken Bretter" des Berliner Senats 2023 - Wohnungen, Flüchtlinge, Wahl

So 01.01.23 | 08:48 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Symbolbild: Blick auf Baukräne im Stadtzentrum (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
Bild: dpa/Jens Kalaene

Das neue Jahr beginnt für den Berliner Senat, wie das alte aufgehört hat: im Krisenmodus. Tausende Flüchtlinge müssen untergebracht werden, der Platz wird knapp. Die Stadt braucht dringend Wohnungen. Und im Februar wird nochmal gewählt. Von Sebastian Schöbel

Wohnungsbau und Mieten

Dass er das Ziel von 20.000 neuen Wohnungen wohl auch 2023 verfehlen wird, hat Bausenator Andreas Geisel (SPD) schon angekündigt. Die Gründe liegen auf der Hand: Steigende Kosten durch hohe Energiepreise und Inflation machen es vielen Unternehmen am Markt schwer, da ist der Bausektor keine Ausnahme. Zudem fehlt das Fachpersonal, in den Unternehmen selbst und auch in den Genehmigungsbehörden - wobei das schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine der Fall war. Der Bedarf wird also weiterhin nicht gedeckt.

Im neuen Jahr muss Franziska Giffeys Wohnungsbau-Strategie Ergebnisse liefern. Angeblich hat die extra eingerichtete Senatskommission Wohnungsbau bereits die Planung von fast 19.000 Wohnungen beschleunigt - einige davon sollten 2023 fertig werden.

Außerdem ist da noch das Wohnungsbündnis, das die Regierende Bürgermeisterin mit der Wohnungswirtschaft geschmiedet hat. Hier sollte man endlich verbindliche Zusagen der Immobilienunternehmen erwarten, sonst bleibt das Bündnis eine Luftnummer.

Und schließlich wird das Ergebnis der Kommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" erwartet. Sollte das Gremium wirklich einen Weg zur Vergesellschaftung von Wohnraum aufzeigen, steht der Landesregierung eine historische Entscheidung ins Haus.

Flüchtlinge

Ende 2022 kamen laut Landesamt für Flüchtlinge im Schnitt 6.000 Menschen pro Monat nach Berlin, nicht nur aus der Ukraine, sondern vor allem auch aus Syrien, Afghanistan oder Moldau. Die Unterkünfte waren so voll, dass Sozialverwaltung und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) erneut Massenunterkünfte in Leichtbauhallen und Containerdörfern in den beiden Ex-Flughäfen Tegel und Tempelhof einrichten musste.

Dass sich die Lage kurzfristig entspannt, erwartet niemand. Damit bleibt die Unterbringung und Integration von tausenden Geflüchteten auch 2023 eine der zentralen Aufgaben von Senat und Bezirken. Das Land Berlin wird im Bund auf schnelle Hilfe durch die anderen Bundesländer drängen müssen - und Geld brauchen.

Wiederholungswahl

Kann die Stadt noch Wahlen? Diese Frage könnte man als grobe Beleidigung abtun, wenn es da nicht die Pannen-Wahl von 2021 gegeben hätte. Nach dem historischen Urteil das Landesverfassungsgerichtshofs muss Berlin nun am 12. Februar beweisen, dass Landes- und Bezirksebene in der Bundeshauptstadt eine der zentralsten Aufgaben der Demokratie erfüllen können.

Die Vorbereitungen laufen bislang noch ohne große Probleme, auch wenn es weiterhin etliche Unwägbarkeiten gibt: von Kandidat:innen, die gar nicht mehr antreten können, zu Parteien, die für einen erneuten Wahlkampf keine Ressourcen haben, bis hin zur Frage, wie sich der Senat mitten in der laufenden Legislaturperiode politisch neu zusammensetzt. Alles Neuland.

Dabei ist immer noch nicht hunderprozentig sicher, ob der der Wahltag im Februar überhaupt stattfinden wird: Mitte Januar könnte das Bundesverfassungsgericht nach zahlreichen Beschwerden entscheiden, die komplette Wiederholungswahl nochmal zu prüfen - und das Wahl-Chaos in Berlin endgültig perfekt machen.

Beitrag von Sebastian Schöbel

14 Kommentare

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  1. 14.

    Ich habe mich auf den Kommentar von *6 Reimann bezogen, der durch vorsichtiges umhören, zu der Erkenntnis gelangt ist, das erschreckend wieviele Menschen, besonders im Osteil Berlins die Absicht haben, auf Grund der Zustände in der Stadt, die AFD zu wählen. Kommentar *8 Siggi kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen für den Westen.

  2. 13.

    Welche Parteien legen denn dazu? Und warum sollte man seine Politik überdenken nur weil eine Minderheit damit nicht zufrieden ist die nicht einmal die eigenen Wähler sind?

  3. 12.

    Der Herrgott hat drei Menschengruppen geschaffen : Die einen können sich ein Haus kaufen, die anderen bekommen ein Darlehen um ein Haus zu kaufen und für den Rest die Mietwohnung.

  4. 11.

    Wenn andere Parteien in der Wahlergunst zulegen, muss man vielleicht mal seine eigene Politik überdenken, und nicht wie ein Hasadeur gnadenlos seinen Kurs weiterverfolgen. Das gehört auch zur Demokratie und würde natürlich das Eingestehen von jeder Menge eigenen Fehlern beinhalten. So ehrlich ist man aber nicht. Lieber den anderen für dumm erklären.

  5. 10.

    Es wird Zeit, sich ehrlich zu machen, niemand kann aktuell gerade für unter 4.000 Euro pro qm Wohnraum zur Verfügung stellen, also auch nicht das Berliner Abgeordnetenhaus. Es wird also weiter steigende Mieten geben, obwohl diejenigen, die es sich leisten können ins Eigentum ziehen...

  6. 9.

    Ich bin für mehr Wohnungen, mehr Einwanderung, weniger Wahlen.

  7. 7.

    Ob die Wahlvorbereitungen ohne Probleme laufen, kann man so nicht sagen. Es scheinen ja Massen an Arbeitskräften aus den Beziken dafür abgezogen worden zu sein. Seit Wochen melde ich dem Ordnungsamt mehrere Defekte Stellen auf Gehwegen. Einer waren sie ca.30 cm2 groß, inzwischen sind sie bis zu einem Meter groß. Mehre Leute schon gestürtzt. Beim OA keine Reaktion. Also entweder alle krank oder zur Wahlvorberetung abgestellt.

  8. 6.

    Wenn man sich so vorsichtig umhört, ist es schon erschreckend wieviele Menschen, besonders im Osteil Berlins die Absicht haben, auf Grund der Zustände in der Stadt, die AFD zu
    wählen.

  9. 5.

    Perfekt erkannt und formuliert . Wenn im letzten Satz dem „Getrier“ noch ein „r“ entzogen wird, ist der Beitrag perfekt.

  10. 4.

    Sind nicht bald Wahlen ? Da kann man das doch ändern, oder wozu sind die Wahlen da ? Nur demokratische Kosmetik mit roten Linien ? Volksverdummung müsste auch eine Straftat werden.

  11. 3.

    Ich hätte da noch ein paar "dicke Bretter": Gewalt, Kriminalität, Bildung, ÖPNV und Straßenverkehr!
    Ich hab bestimmt noch was vergessen.
    Allen ein frohes neues Jahr!

  12. 2.

    Das sind doch keine „dicken Bretter“. Das ganz normale Schaffende (wofür der Mensch da ist) ist nur nicht jedermanns Sache...

  13. 1.

    Ob die mit wackliger Berechtigung im Amte befindliche Stadtregierung jetzt bei allen drei Themen "Wohnungen, Flüchtlinge, Wahl" versagt? Bei Wohnungen ist wohl die Sache klar, 2022 wurde noch kein einziger Förderantrag für sozialen Wohnungsbau in Berlin eingereicht. SPD, Linke und Grüne hatten im Koalitionsvertrag den Bau von 5.000 Sozialwohnungen pro Jahr vereinbart. Den amtierenden Fachlaien, man muss es wohl so formulieren, insbesondere bei den Grünen und Linken wird seit über einem Jahr blockiert, und denen ist noch nicht aufgefallen, dass mit den geltenden Konditionen der Neubau unattraktiv ist und kein Wohnungsbau möglich ist. Ob die Grüne Diplompolitikerin Jarasch wenigstens regeln kann, dass ihr NABU Unterstützungsverein wenigstens am Pankower Tor den Neubau der geplanten 2000 Wohnungen durch Klagen wegen der Umsiedlung von seltenem Getrier nicht mehr blockiert?

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