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Video: rbb24 Abendschau | 11.09.23 | Leonie Schwarzer | Quelle: dpa/Monika Skolimowska

Wahl zum Abgeordnetenhaus

Berliner Senat bringt "Wählen ab 16" auf den Weg

Jugendliche sollen künftig das Berliner Landesparlament mitwählen dürfen. Bisher geht das erst ab 18 Jahren. Das will die schwarz-rote Koalition ändern. Auch Grüne und Linke sind dafür. Manche 16- und 17-Jährige erwarten Vorbereitung. Von Kirsten Buchmann

Alani stand schon einmal im Wahllokal. Denn sie hatte ihre Großmutter dorthin begleitet. Sie selbst war da aber noch zu jung, um ihre Stimme abgeben zu dürfen: "Ich fand es doof, dass ich nicht wählen durfte, weil mich das mit den Parteien interessiert hat."

Auch Annabell, die wie Alani die Oberstufe der Paula-Fürst-Schule in Charlottenburg besucht, ist dafür, das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre abzusenken, um über das Berliner Abgeordnetenhaus mitentscheiden zu können. Denn gerade ihre Generation setze sich sehr politisch ein, was man beispielsweise an "Fridays for Future" sehe: "Das soll auf jeden Fall gefördert werden."

Studie der Otto-Brenner-Stiftung

Verschiedene Altersgrenzen beim Wählen verwirren junge Leute

Es ist kompliziert: 16- und 17-Jährige dürfen in Berlin die Bezirksparlamente mitwählen, das Abgeordnetenhaus aber nicht. Einige verpassen daher die Chance zur Stimmabgabe. Andere, die ihre Wahlrecht kennen, sind von der Ungleichbehandlung enttäuscht.

Jugendliche wollen mehr Mitspracherecht

Von Abgeordnetenhauswahlen ab 16 würde Annabell sich erhoffen, dass Themen der Jugendlichen stärker berücksichtigt werden. "Ich glaube, wir könnten noch mehr gehört werden, wenn wir mehr Mitspracherecht hätten." Jugendliche würden ernster genommen, "wenn die Politik sehen würde, wie viele sich an den Wahlen ab 16 beteiligen würden."

Ihre Mitschülerin Zaide will ebenfalls mehr mitreden können. Ihr sei es wichtig, "dass nicht nur die ältere Generation für uns junge Leute wählt." Junge Leute hätten noch mal eine andere Perspektive. Die Schülerin finde, "dass wir junge Leute schon was zu sagen haben und dass wir die Chance dafür kriegen sollten, mitzumachen und mitzuhandeln." Gerade an Klima- und Bildungsthemen zeigen sich die 16- bis 18-Jährigen an der Paula-Fürst-Schule interessiert.

Diskussion um Wahlreife

Wer mithandelt, sollte allerdings auch entsprechend darauf vorbereitet sein, sagt Toni aus der zwölften Jahrgangsstufe der Schule. Viele wüssten mit 16 oder 17 noch nicht, welche Auswirkung eine Wahl hat, "im Positiven und im Negativen". Viele Jugendliche seien den größten Teil ihrer Zeit auf ihrem Handy unterwegs. Sie ließen sich von Social Media, aber auch zu Hause von ihren Eltern beeinflussen, was man wählen könnte. "Sie werden mit Meinungen bombardiert und bilden sich nicht wirklich eine eigene."

Sein Mitschüler Ismail ist der Meinung, 16-Jährige seien noch nicht reif genug für eine Wahl auf Landesebene. Sie hätten in dem Alter anderes im Kopf. "Sie sollten noch die zwei Jahre bis 18 warten." Ähnlich argumentiert der 18-jährige Demba: "Es geht ja immerhin um unsere Regierung und ich denke, man sollte sich schon Gedanken machen, wen man wählt – lieber mit 18, wenn man sich ein bisschen mehr weitergebildet hat."

Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl

Offenbar haben in Berlin auch Minderjährige gewählt

Weil in Berlin bei der Briefwahl alle Stimmzettel in einen Umschlag gepackt werden sollten, gab es offenbar eine Manipulationsmöglichkeit: Demnach konnten Minderjährige und EU-Ausländer unberechtigterweise über Bundestag und Abgeordnetenhaus abstimmen.

Stettner: Jugendliche sollten Institutionen kennenlernen

Die Koalition aus CDU und SPD auf Landesebene will die Absenkung des Wahlalters auf 16 nun auf den Weg bringen, als ersten Schritt beschloss der Senat einen Gesetzentwurf.

Der CDU-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Dirk Stettner, will die Änderung zugleich mit mehr politischer Bildung für die Jugendlichen flankieren. Eine Idee sei ein Jugenddemokratiefonds, "den man auch zu einer Art Jugendhaushalt ausdehnen könnte" – um Geld für Projekte bereitzustellen, "die die Jugendlichen selber machen wollen." Zudem will Stettner, dass die Jugendlichen Institutionen wie das Abgeordnetenhaus, die Polizei, Feuerwehr oder die Bundeswehr am besten in der Schulzeit einmal persönlich kennenlernen können. Das will der CDU-Politiker über begleitende Anträge regeln.

Die Grünen-Abgeordnete Klara Schedlich ist da zurückhaltend. Politische Bildung in jedem Lebensalter befürworte sie zwar. Das Thema mit der Wahlalterabsenkung verknüpfen würde sie allerdings nicht. Politische Bildung sei bereits ein Pflichtfach an der Schule und junge Menschen hätten genau wie alle anderen ein Recht zu wählen.

Verfassungsändernde Mehrheit erforderlich

Um das Wahlalter zu senken, muss die Landesverfassung mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Dafür sind auch Stimmen der Opposition erforderlich.

Die Grünen werden dafür stimmen, wie die Abgeordnete Klara Schedlich sagt: "Auf jeden Fall, die Grünen kämpfen schon seit Jahren für die Absenkung des Wahlalters und wir freuen uns sehr, wenn wir dann an diesem historischen Tag unterstützen können." Die Linksfraktion sei ebenfalls dabei, signalisiert die stellvertretende Linken-Fraktionschefin Franziska Brychcy.

Ein Wahlrecht ab 16 für Landesparlamente gilt bereits in mehreren Bundesländern, darunter Brandenburg. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll die Wahlalterabsenkung im Berliner Parlament beschlossen werden. Die erste Abgeordnetenhauswahl stünde für 16- und 17-Jährige damit 2026 an. Mit ihnen würde sich die Zahl der Wahlberechtigten für das Abgeordnetenhaus und damit auch für Volksentscheide von zuletzt rund 2,44 Millionen um schätzungsweise etwa 50.000 erhöhen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 11.09.23, 19:30 Uhr

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Beitrag von Kirsten Buchmann

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