Interview | Sven Albrecht (Special Olympics Deutschland) - "Wir haben eine große Natürlichkeit im gemeinsamen Umgang gespürt"

Sa 25.06.22 | 16:28 Uhr
Die Eröffnungsfeier der Special Olympics in der Alten Försterei (Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder)
Bild: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Bis Freitag haben sich in Berlin 4.000 Athleten mit geistiger Behinderung bei den nationalen Special Olympics miteinander gemessen. Mitorganisator Sven Albrecht blickt zurück auf emotionale Begegnungen und voraus auf die World Games 2023.

rbb|24: Herr Albrecht, Sie sind der Bundesgeschäftsführer der Special Olympics Deutschland. Wo erwischen wir Sie an diesem Tag eins nach den nationalen Special Olympics?

Sven Albrecht: Ich befinde mich gerade in unserem großen Veranstaltungszelt auf dem Maifeld am Olympiastadion. Ehrlich gesagt, habe ich gerade ein paar Bierbänke zusammengeklappt und eingepackt.

Können Sie denn bereits ein erstes Fazit zu den gestern zu Ende gegangenen nationalen Special Olympics in Berlin ziehen?

Wir sind sehr, sehr glücklich über den Verlauf der letzten Tage. Es war unser großes Ziel, dass unsere Athletinnen und Athleten wieder zusammenkommen, ein Gemeinschaftsgefühl erleben und das nicht nur beim Sport. Wir bekommen viel Feedback, wie glücklich und zufrieden unsere Athletinnen und Athleten waren. Ich glaube, jeder, der bei einem der Wettkämpfe dabei war, hat sie auch gespürt, diese große Lust, endlich wieder in einer sportlichen Gemeinschaft zu sein.

Wie würden Sie persönlich die Stimmung der vergangenen Tage beschreiben?

Ich habe diese Energie gespürt, die von unseren Athletinnen und Athleten ausgeht. Einerseits der große sportliche Ehrgeiz alles zu geben und zu gewinnen, aber gleichzeitig auch dem anderen zu gratulieren, wenn es nicht klappt. Eben fair miteinander umzugehen und den vielen Helfenden auch ständig zwischendurch danke zu sagen. Ich hoffe, dass nächstes Jahr zu den Weltspielen noch mehr Berlinerinnen und Berliner kommen, um das zu erleben.

Würden Sie sagen, dass es schon in diesem Jahr gelungen ist, Ihren Athletinnen und Athleten, die im Vorfeld für wünschenswert erklärte Bühne zu bieten?

Ja, das ist es. Das war für uns auch ganz wichtig, insbesondere in der Corona-Zeit. Unsere Veranstaltung soll ganz klar dazu beitragen, dass man unsere Athletinnen und Athleten sieht und dass Begegnungen entstehen. Das ist in Berlin sehr gut gelungen – sportlich, aber auch mit der Eröffnungsfeier, mit dem Festival am Netpunbrunnen und der Abschlussfeier am Brandenburger Tor. Berlin hat seine besten Orte mitten im Zentrum für uns geöffnet. Das ist ein ganz wichtiges Signal und das haben unsere Athletinnen und Athleten auch gespürt.

Ich habe häufig gehört, dass das Stadtbild zwar ein bisschen anders war, aber ganz natürlich.

Sven Albrecht

Sie erwähnen den Raum für Begegnungen: Wie haben die Berlinerinnen und Berliner ihre Veranstaltungen angenommen und Ihre Athletinnen und Athleten aufgenommen?

Ich habe häufig gehört, dass das Stadtbild zwar ein bisschen anders war, aber ganz natürlich. Das hat mich sehr gefreut, denn genau darum geht es: Es war eine Offenheit da. Wir haben nicht nur am Neptunbrunnen immer wieder erlebt, dass Berlinerinnen und Berliner, aber auch Touristinnen und Touristen vorbeigekommen sind und gefragt haben: Was ist denn das eigentlich hier? Wir haben eine große Natürlichkeit im gemeinsamen Umgang gespürt und die müssen wir jetzt im Herzen mit in den Alltag hineintragen.

Wissen Sie bereits, wie viele Gäste die Wettkämpfe besucht haben?

Das eruieren wir aktuell noch. Was ich schon sagen kann: Bei der Eröffnungsfeier waren wir mit 11.000 Menschen, gestern bei der Abschlussfeier waren wir knapp 10.000. Also rund 5.000 on top zu unseren Athletinnen und Athleten sowie deren Delegationen. Da wollen wir hinsichtlich der Weltspiele 2023 im kommenden Jahr noch eine ordentliche Schippe drauflegen.

Was nehmen Sie mit Blick auf die Special Olympics World Games 2023 in Berlin noch mit aus der vergangenen Woche?

Die Erfahrungen, die wir jetzt gesammelt haben, waren für uns ganz wichtig. Allein schon, die internen Abläufe zu sehen und zu prüfen. Nach zwei Jahren Arbeit und Vorbereitung unter Corona-Bedingungen war das ganz wichtig. Ich komme auch gerade von einem Feedback-Gespräch mit den ausländischen Delegationen.

Mit welchen Erkenntnissen?

Es gab drei große Themen, die wir auch teilen: Wir möchten noch stärker den barrierefreien Transport zu den Veranstaltungsstätten in den Fokus rücken. Da ist nicht viel zu tun, aber eben an den entscheidenden Ecken. Dazu die Kommunikation, was wann wie und wo stattfindet, und die große Herausforderung, 15.000 bis 20.000 Volunteers für nächstes Jahr zusammenzubekommen.

Klingt als wären die World Games organisatorisch nochmal eine andere Hausnummer.

Das stimmt. Wir haben dann 192 Delegationen aus 192 Ländern, die wir von der Ankunft an begleiten müssen. Das Unterkunftsprinzip und das Transportsystem werden deutlich umfänglicher. Allein die Ankunft am Berliner Flughafen ist bezeichnend für die ganz andere Dimension der Logistik im kommenden Jahr. Die gesamte Internationalität – Athletinnen und Athleten, ihre Familien, die Presse – das wird ein deutlich größerer Arbeitsaufwand als in diesem Jahr.

Nehmen Sie denn einen persönlichen Highlight-Moment mit aus den vergangenen Tagen, von dem Sie während der Arbeit in den kommenden Monaten zehren können?

Am vergangenen Sonntag zur Eröffnungsfeier in die Alten Försterei zu kommen und zu sehen, wie unsere Athletinnen und Athleten mit einer Polonäse durchs Stadion laufen – das war für mich ein besonderer Moment. Einfach zu spüren, dass unsere Athletinnen und Athleten wieder da sind. Das Gemeinschaftsgefühl und diese pure Freude, wieder zusammen zu sein und etwas zu erleben, waren vom ersten Moment an da. Nach zwei Jahren Planung war das sehr prägend.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jakob Lobach.

Sendung: rbb Inforadio, 24.06.2022, 18:15 Uhr

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