Interview | Istaf-Chef Martin Seeber - "Wir haben seit der EM einen Push, der sich überall bemerkbar macht"

Mo 29.08.22 | 13:16 Uhr
Der 100-Meter-Einlauf der Frauen beim Istaf 2021. / imago images/Beautiful Sports
Audio: rbb24 Inforadio | 28.08.2022 | Interview mit Martin Seeber | Bild: imago images/Beautiful Sports

Bei der EM in München begeisterten die deutschen Leichtathleten - nun kommen viele von ihnen zum Istaf nach Berlin. Meeting-Direktor Martin Seeber spricht über den Rückenwind der jüngsten Erfolge, den Ticketverkauf - und viele Stars.

rbb|24: Stimmung, Ergebnisse, Atmosphäre - bei der Europameisterschaft in München hat alles getoppt. Wie ging es Ihnen beim Zuschauen und Mitfiebern?

Martin Seeber: Mir ging es - glaube ich - wie eigentlich jedem. Ich war zwei Tage live in München dabei im Stadion und im Olympiapark. Und ich muss sagen: Ich war total begeistert, vor allem nach dem nicht so guten Abschneiden der Deutschen bei der Weltmeisterschaft in Eugene. Das war wirklich ein Lebenszeichen. Ich habe mich extrem gefreut und freue mich nun natürlich auch, dass wir ganz viele der Europameister auch hier beim Istaf begrüßen dürfen.

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Welche Auswirkungen könnte die EM in München denn auf das Istaf in Berlin haben. Ist die Lust, ist der Hunger auf Leichtathletik gestiegen?

Ja. Ich war jetzt bei vielen Veranstaltungen und ich werde immer wieder darauf angesprochen. Es haben ganz viele Menschen das live erleben können. Die Sendezeit war toll. Gina Lückenkemper, Konstanze Klosterhalfen, Niklas Kaul sind Namen, die immer wieder genannt werden. Also ich muss sagen: Das ist wirklich ein extremer Rückenwind für uns und auch für das Istaf.

15 Disziplinen werden es beim Istaf sein, neun Europameisterinnen und Europameister haben bislang zugesagt. Einige Namen haben Sie schon genannt. Welche können Sie noch in den Ring werfen?

Julian Weber, unser Europameister im Speerwerfen, ist dabei. Die gesamte 4x100-Meter-Staffel um Gina Lückenkemper mit Alexandra Burghardt, Lisa Mayer und Rebekka Haase kommt nach Berlin. Malaika Mihambo ist am Start. Eigentlich sind alle dabei, die bei uns irgendwie im Programm untergebracht werden können. Ich drücke jetzt einfach die Daumen, dass sie alle fit und gesund bleiben. Dann werden wir hier ein ganz großes Fest der Leichtathletik feiern können.

Und das auch mit dem US-Sprintstar Noah Lyles, der in Berlin über 100 Meter starten soll. Sind da die Kontakte von Gina Lückenkemper, die in den USA trainiert, entscheidend gewesen?

Absolut. Das muss man wirklich so sagen. Das ist Ginas Verdienst. Die haben einen sehr engen Draht. Noah hat sie wohl angesprochen und - so das Zitat - gesagt, er wolle mal "ein richtig geiles Meeting in Europa laufen". Und da hat sie gesagt, da gebe es aus ihrer Sicht nur eins, nämlich das Istaf. So ist dieser Kontakt entstanden und nun ist er dabei. Dazu kommt sicher, dass die Stadt Berlin und auch das Olympiastadion bei den Athleten zieht. Er ist hier noch nicht gelaufen. Wir freuen uns natürlich. Genauso etwa auch auf Valarie Allman, die Olympiasiegerin im Diskuswurf. Sie war schon zwei Mal bei uns und kommt immer wieder gerne nach Berlin.

Wir werden allen die Möglichkeit geben, wirklich in persönlichen Kontakt mit den Top-Athleten zu kommen.

Martin Seeber, Meeting-Direktor

Mit wie vielen Zuschauern rechnen Sie?

Auf jeden Fall mehr als 30.000. Das ist das Ziel. Und mal gucken, wie voll die Hütte dann wirklich wird.

Das hängt vermutlich auch vom Wetter ab.

Genau. Viele entscheiden sehr, sehr kurzfristig und gucken den Wetterbericht an. Aber ich glaube, dass auch das sportliche Feld den ein oder anderen noch spontan dazu bewegen wird, ein Ticket zu kaufen.

Sie haben ja eigentlich in jedem Jahr Neuerungen und Innovationen zu bieten, was die Veranstaltung selbst und ihren Event-Charakter angeht. Worauf darf sich der geneigte Leichtathletik-Fan dieses Mal freuen?

Wir haben ja schon vor zwei, drei Jahren - vor der Pandemie - die Fan-Bühne eingeführt. Das wird noch einmal deutlich ausgebaut. Wir werden allen die Möglichkeit geben, wirklich in persönlichen Kontakt mit den Top-Athleten zu kommen. Diese Bühne wird unten in der Hertha-Kurve eingerichtet. Ich hoffe, dass sie angenommen wird und dass die jungen, aber auch alten Fans kommen, um wirklich live an ihre Stars heranzukommen.

Direkt nach der EM hat Marion Schöne, die Chefin des Olympiaparks in München, den Deutschen Leichtathletik-Verband ziemlich massiv angegriffen und beklagt, es gebe mangelnde Unterstützung, keine Ideen, keine konstruktiven Vorschläge - plus ein überteuertes finanzielles Abgebot für die Organisationsdurchführung. Der DLV mit Präsident Jürgen Kessing hat die Vorwürfe ähnlich heftig zurückgewiesen. Wie beurteilen Sie diesen Streit?

Ich habe das auch gelesen. Aber ich kann das nicht bewerten und dazu im Detail wirklich nichts sagen. Ich kann nur berichten, dass wir sowohl mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband, aber auch mit dem Berliner Verband seit Jahren hervorragend zusammenarbeiten. Das ist wirklich eine enge Partnerschaft.

Es waren tolle Spiele, tolle Championships. Und die Leichtathletik war wieder ihr Kern. Das war für mich das Wichtige.

Martin Seeber, Meeting-Direktor

Aber kann dieser Streit Schäden hinterlassen, was die Leichtathletik und das Drumherum angeht?

Ich glaube nicht, dass da langfristige Schäden entstehen. Es ist nicht schön - auch weil es ja eigentlich tolle Spiele, tolle Championships waren. Und die Leichtathletik war wieder ihr Kern. Das war für mich das Wichtige.

Gehen wir noch einmal zurück an den Anfang unseres Gesprächs: Das Istaf ist ja in jedem Jahr immer die letzte große Veranstaltung, der Saisonausklang. Da sind die Höhepunkte, in diesem Jahr eben WM und EM, schon durch. Gehen Sie aufgrund der sportlichen Ergebnisse von München noch beschwingter in die letzten Tage der Vorbereitung?

Es macht richtig Spaß. Der Push, den wir seit der EM haben, macht sich bei den Ticketzahlen aber auch sonst überall bemerkbar. Der Job macht momentan wirklich sehr viel Freude.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lars Becker, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.08.2022, 16 Uhr

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