Pläne für Neugestaltung - Sportforum Hohenschönhausen wird erneuert - aber nicht drittliga-tauglich

Fußball-Regionalligist BFC Dynamo wünscht sich ein modernes Stadion im Sportforum Hohenschönhausen. Der Berliner Senat hat für das historische Gelände einen Masterplan erstellt - und verweist für ein taugliches Stadion auf den Jahn-Sportpark. Von Lukas Witte
Die Basketballer von Alba sind auf der Suche nach einem neuen Zuhause, Fußball-Bundesligist Hertha BSC braucht Platz für ein neues Stadion, beim 1. FC Union verhindert das Verkehrskonzept einen Ausbau und den BR Volleys fehlen Hallen für den Volleyball-Nachwuchs. Die Diskussion um Sportanlagen in Berlin ist groß und allgegenwärtig.
Sowohl Profi- als auch Breitensport leiden unter der geringen Anzahl an Hallen, Plätzen und Stadien. Der Senat will handeln und strebt dabei vor allem die Weiterentwicklung und Neugestaltung von bestehenden Sportstätten an. So auch im Sportforum Hohenschönhausen.

Sportzentrum des Ostens
Auf über 45 Hektar erstreckt sich das riesige Gelände des Sportforums, das Anfang der 1950er Jahre in der DDR im Ortsteil Alt-Hohenschönhausen entstand. Nach dem Olympiapark ist es das zweitgrößte Zentrum für Sport in Berlin.
35 Anlagen bieten Leistungs-, Breiten- und Nachwuchssportlern vieler verschiedener Disziplinen die Möglichkeit zu trainieren und Wettkämpfe auszutragen. Die Schwimmhalle und das Eisschnelllaufoval etwa stehen der Bevölkerung offen.
Überwiegend wird das Gelände durch den Olympiastützpunkt Berlin genutzt. Aber auch Handball-Mannschaften der Füchse und Nachwuchs-Basketballer von Alba trainieren hier. Außerdem ist das Sportforum Heimat des bei Eishockey-Fans legendären Wellblechpalastes.
Fußball-Regionalligist BFC Dynamo hat hier ebenfalls sein Zuhause. 24 Mannschaften in den Altersklassen von U8 bis U19 trainieren dort und die Profi-Mannschaft nutzt das Stadion für ihre Heimspiele.

Zeit für Modernisierung
Mittlerweile ist das traditionsreiche Gelände aus DDR-Zeiten allerdings etwas in die Jahre bekommen. "Die baulichen Strukturen sind dringend sanierungsbedürftig", erzählt Dirk Liebe. Der SPD-Abgeordnete hat seinen Wahlkreis in Lichtenberg und sitzt im Sportausschuss, der sich derzeit mit der Weiterentwicklung und Neugestaltung des Sportforums beschäftigt. Vor allem die heruntergekommenen Sanitäranlagen und undichte Fenster und Türen würden den Sanierungsbedarf deutlich machen, so Liebe.
Auch die Berliner Staatssekretärin für Sport, Nicola Böcker-Giannini, will die Modernisierung des Sportforums vorantreiben. "Es gibt da den Bedarf, die Sportstätten und Büroflächen dem neusten Stand der Technik anzupassen", sagt sie. Das Sportforum soll neugestaltet werden. Dafür wurde ein sogenannter Masterplan entwickelt, der die Belange aller ansässigen Vereine und Sportarten berücksichtigen und verbessern soll und auch weitere Freizeitsport- und Naherholungsangebote auf dem Gelände schafft.
Neues Konzept will Gelände neu ordnen
Für die Umsetzung dieses Masterplans schrieb die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen 2020 einen Ideenwettbewerb aus. Teilnehmer sollten Entwürfe für ein zukunftsfähiges, innovatives, modernes, nachhaltiges und grünes Sportleistungszentrum einreichen. Als Sieger wurden die Architekturbüros "Holzwarth Landschaftsarchitektur" und "yellow z" ausgewählt, die sich mit ihrem Vorschlag "Sport findet Stadt" durchsetzen konnten.

Dieser sieht vor, dass das Gelände neu geordnet wird und viele der Anlagen abgerissen, neu gebaut oder aufgewertet werden sollen. Drei Hauptachsen sollen künftig von den umliegenden Wohngebieten über das Gelände führen und vorbei an Spiel-, Sport- und Aufenthaltsflächen zu den Sporthallen und -plätzen führen, die sich rund um einen sogenannten "Forum Park" gruppieren. In diesem findet sich dann ein Gebäudekomplex der Sportarena, zwei Dreifachsporthallen sowie deren Funktionsbereiche und ein Bistro. Zudem soll der bisher gestattete Autoverkehr auf dem Gelände nicht mehr erlaubt sein.

Nicht alle sind mit dem Entwurf einverstanden. Denn genau dort, wo der neue "Forum Park" entstehen soll, steht derzeit das Fußball-Stadion, in dem der Regionalligist BFC Dynamo seine Heimspiele austrägt. Das soll nun neu platziert werden. "Das steht dann künftig nur noch hinten in einer Ecke bei der neuen Sporthalle, wo entsprechend weniger Raum vorhanden ist", erklärt der sportpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion Stephan Standfuß. Er plädiert dafür, das Stadion zu erhalten und so umzubauen, dass es auch für die dritte Liga tauglich wäre.
Diskussion um das Fußball-Stadion
Das ist auch der Wunsch des BFC. Den heutigen Viertligisten verbindet eine lange Tradition mit dem Stadion im Sportforum Hohenschönhausen, das seit 1961 die Heimat des Vereins ist. In der Saison 1972/73 spielte er dort sogar einmal vor 20.000 Zuschauern im Uefa-Pokal gegen den englischen Top-Klub FC Liverpool. Zwischenzeitlich folgte dann ein Umzug in das größere Stadion im Jahn-Sportpark, bevor es 1992 zurück ins Sportforum ging. Mit dem Aufstieg in die Regionalliga Nordost 2014 bestritt Dynamo seine Heimspiele dann erneut im Jahn-Sportpark, bis dort Ende 2020 die Betriebsgenehmigung auslief und der Klub wieder in seine Heimatstätte nach Hohenschönhausen zog.
In der vergangenen Saison gelang dem Verein dann fast der Aufstieg in die dritte Liga, doch die Berliner scheiterten in den entscheidenden Spielen gegen den Regionalliga-Nord-Meister VfB Oldenburg. Die Ambitionen aufzusteigen sind aber auch in dieser Spielzeit wieder hoch. Dann würde allerdings auch wieder ein Umzug anstehen. Denn das Stadion im Sportforum Hohenschönhausen erfüllt nicht die Anforderungen für die dritte Liga. Es fehlen unter anderem Sitzplätze, eine neue Flutlichtanlage und eine Rasenheizung.
Kürzlich organisierte der Verein einen runden Tisch, um auch bei Vertretern der Politik Werbung für sein Anliegen zu machen. Vor allem von der CDU-Fraktion bekommt er Rückendeckung. "Wir wollen Dynamo den Ligabetrieb auf der Anlage ermöglichen und sind auch davon überzeugt, dass ein drittliga-taugliches Stadion nicht nur für den Fußball interessant ist", erklärt der sportpolitische Sprecher Standfuß.
Bisher können Partien der dritten Liga nur im Jahn-Sportpark ausgetragen werden. Der soll - ähnlich wie das Sportforum - umfangreich renoviert werden. "Die Entwicklung des Jahn-Sportparks ist auch sehr wichtig. Doch wir könnten in Berlin eher zwei als ein drittliga-taugliches Stadion gebrauchen", sagt Standfuß mit Blick auf den Mangel an Sportstätten.
Kein Platz im "Masterplan"
Von den regierenden Parteien gibt es allerdings eine klare Absage für den Drittliga-Traum im Sportforum. SPD, Grüne und Linke bekannten sich in einer gemeinsamen Erklärung erst kürzlich zum "Masterplan". Und in diesem sei kein Drittliga-Stadion für das Sportforum vorgesehen und kein Geld dafür eingeplant, so Böcker-Giannini. "Ein großes Stadion strukturiert das Gelände sehr stark und setzt den Schwerpunkt auf Fußball. Es handelt sich um ein nationales Spitzensportzentrum mit vielen unterschiedlichen Sportarten. Da gehört Fußball auch dazu, ist aber nicht die herausgehobene Sportart", erklärt die Staatssekretärin.
Außerdem will sie einer möglichen Kettenreaktion vorbeugen: "Es gibt viele Vereine, die aufsteigen wollen und wir drücken natürlich allen ganz fest die Daumen. Aber wenn wir das für einen Verein machen, dann wollen es alle anderen auch und wir haben die Diskussion jedes Jahr in einem anderen Bezirk."
Zustimmung bekommt Böcker-Giannini vom Lichtenberger SPD-Mann Dirk Liebe. "Die Arbeit von Dynamo - gerade im Nachwuchs und der Integration - ist erstklassig und verdient absoluten Respekt. Aber wenn wir jetzt viel Geld für das Sportforum in die Hand nehmen, dann sollen auch alle Nutzer davon profitieren und nicht nur ein einzelner Verein", sagt Liebe. Um die Situation für den BFC nicht zu verschlechtern, sei aber völlig klar, dass das neue Stadion im Sportforum in jedem Fall die Anforderungen der Regionalliga erfüllen müsse. Darüber sind sich auch die Koalitionspartner einig.
Regierungskoalition setzt auf den Jahn-Sportpark
Nach dem Abstieg von Viktoria Berlin und dem verpassten Aufstieg des BFC gibt es in der Hauptstadt derzeit sowieso keinen Drittligisten, der von der Stadionproblematik betroffen wäre. Wenn es wieder so weit sein sollte, setzt die Staatssekretärin voll auf den Jahn-Sportpark. "Wir brauchen eine Sportstätte, die nicht nur Heimat eines Vereines ist, sondern für alle bespielbar ist, die potenziell aufsteigen können. Und das ist in allererster Linie das Stadion im Jahn-Sportpark", erklärt sie. Deshalb sei es auch wichtig, ihn selbst während der geplanten Umbauarbeiten so lange wie möglich für den Spielbetrieb offen zu halten.
Für den Fall, dass das Stadion im Prenzlauer Berg doch länger geschlossen werden muss und in dieser Zeit ein Berliner Regionalligist den Aufstieg schafft, gibt es aber einen Plan B. "Es wird ein Ausweichstadion geben, dass sich mit überschaubaren finanziellen Mitteln herrichten lässt. Wir sind mit dem entsprechenden Bezirk im Westteil der Stadt schon in Gesprächen", sagt Böcker-Giannini, die aber nicht verraten will, welches Stadion genau dafür vorgesehen ist.
Berliner CDU will weiter am Masterplan rütteln
Den sportpolitischen Sprecher der Berliner CDU, Stephan Standfuß, überzeugt das nicht. Er glaubt weiterhin, dass ein drittligataugliches Stadion auf dem Gelände sinnvoll wäre und durchaus auch zu finanzieren, sagt er. In Gesprächen mit dem Verein habe man die Investitionssumme für die Ertüchtigung des bestehenden Stadions für die dritte Liga auf ungefähr zehn Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Für den Neubau im Jahn-Sportpark sind derzeit 97 Millionen Euro vorgesehen.
Am 23. September kommt der Sportausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses das nächste Mal zusammen, um über die Zukunft des Sportforums Hohenschönhausen zu diskutieren. Auch das Stadion wird dabei wieder Streitpunkt sein. Ob sich an dem "Masterplan" rütteln lässt, wird sich dann zeigen. "Ich gehe aber fest davon aus, dass sich nicht alle Fraktionen über die Entwicklung des Sportforums einig sind", sagt Standfuß.
Der BFC Dynamo zeigt sich unterdessen schwer enttäuscht von den Gegenstimmen aus der Politik und geht wohl nicht mehr davon aus, dass seine Stadion-Wünsche im Sportforum noch erfüllt werden. Auf rbb-Anfrage wollte sich der Regionalligist nicht mehr zu dem Thema äußern.
Sendung: rbb24, 12.09.2022, 18 Uhr