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Video: rbb24 Abendschau | 15.11.2022 | U. Wichert | Quelle: imago images/Matthias Koch

Interview | Union-Fan zum Stadion-Neubau

"Es wird kein Kommerztempel, die Alte Försterei behält etwas Individuelles"

Union-Fan Andreas Polös hat vor einigen Jahren beim Bau der Alten Försterei mitgeholfen. Die jetzigen Abriss- und Neubaupläne machen ihn emotional. Im Interview verrät er, warum dennoch die Freude auf das neue Stadion überwiegt.

Zwischen 2008 und 2013 wurde das Stadion an der Alten Försterei umfangreich renoviert und zu dem gemacht, was es heute ist. Damals halfen viele Fans des 1. FC Union freiwillig bei den Baumaßnahmen an der Heimat ihres Vereins mit. Nur acht Jahre später soll das Stadion nun größtenteils wieder abgerissen und neugebaut werden, um die Kapazität von 22.012 auf über 37.000 Plätze zu erhöhen. Während des Bauprozesses werden die Köpenicker mindestens eine Saison ins Olympiastadion ausweichen müssen, in dem Hertha BSC seine Heimspiele austrägt.

Andreas Polös ist einer der Fans, die das Stadion mit renoviert haben.

rbb|24: Herr Polös, waren Sie überrascht als Sie von den Stadion-Plänen des 1. FC Union gehört haben?

Andreas Polös: Der geplante Stadionneubau hat mich nicht überrascht. Das ist seit 2018 in der Planung. Aber dass nun auch das Grundstück Union gehört, das hat mich hochgradig überrascht und sehr erfreut.

Für die Saison 2024/2025

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Der 1. FC Union will in den kommenden drei Jahren seinen Stadionumbau verwirklichen. In der Saison 2024/25 muss der Klub deshalb ins Olympiastadion umziehen - denn in dieser Phase werden weite Teile des alten Stadions abgerissen.

Ein Großteil des Stadions soll abgerissen und neu gebaut werden. Sie waren damals dabei als die Fans die Tribünen mit ihren eigenen Händen gebaut haben. Nun sollen die Abrissbagger vorfahren. Wie fühlen Sie sich bei dieser Vorstellung?

Ein bisschen habe ich damit gerechnet. Es war eigentlich geplant, dass einfach auf die bestehenden Tribünen eine Etage raufgebaut wird. Da hatte ich mir schon gedacht, dass das gar nicht machbar ist, weil das Stadion nicht steil genug ist. Trotzdem ist es sehr traurig, dass das Stadion, das von den Fans aufgebaut wurde, nun wieder abgerissen wird. Präsident Dirk Zingler hat zwar gesagt, dass man versuchen wird, es so detailgetreu wie möglich wieder nachzubauen, aber ich muss ehrlich sagen: Ich habe da ein lachendes und ein weinendes Auge.

Das weinende, weil der aufwendige Stadionbau der Fans wieder eingerissen wird. Das lachende, weil dann 37.700 Zuschauer in einer superschönen neuen Alten Försterei den puren Fußball leben können. Und diese Freude überwiegt bei mir.

Wird trotzdem eine kleine Träne fließen, wenn Sie das letzte Mal vor dem Abriss auf einer der Tribünen stehen werden, die Sie selbst mit geschaffen haben?

Ich werde davor auf jeden Fall alles noch einmal Revue passieren lassen und mit alten Freunden, die auch beim Bau dabei waren, darüber reden, in Erinnerung schwelgen und alte Fotos angucken. Ob dann auch eine Träne fließt, weiß ich jetzt noch nicht. Es passiert ja nicht gleich morgen. Aber ich werde bestimmt emotional sein.

Gab es den Austausch mit den alten Freunden auch schon jetzt? Wie sehen die Menschen in Ihrem Umfeld die Pläne?

Naja, es gibt Leute, die sowieso die 1. Bundesliga sehr kritisch sehen. Die lehnen dieses "immer weiter, schneller und höher" komplett ab. Einige gehen deshalb gar nicht mehr ins Stadion, obwohl sie weiterhin glühende Unioner sind. Teilweise kann ich das sogar verstehen, weil die Alte Försterei jetzt immer proppenvoll ist und das früher natürlich anders war. Aber der Großteil meiner Jungs freut sich wahnsinnig darüber, dass dann endlich mehr Leute ins Stadion kommen können. Ich habe viele Bekannte, die keine Dauerkarte haben und für die ist es schön, wenn sie dann endlich auch Union live erleben können.

Ist die gesteigerte Kapazität für Sie also der größte Vorteil am Neubau?

Im Großen und Ganzen schon. Ich habe auch die Bilder der Planung gesehen und es wird kein riesig großer Kommerztempel werden. Die Alte Försterei wird etwas Individuelles behalten. Da freue ich mich wahnsinnig drauf.

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Während der Bauphase wird der 1. FC Union für mindestens eine Saison ins Olympiastadion umziehen müssen, in dem der große Stadtrivale Hertha BSC spielt. Wie finden Sie das?

Das ist mir relativ egal und die Freude auf das, was danach kommt, überwiegt. Ich erinnere mich noch an unsere eine Saison im Jahn-Sportpark. Und man darf auch nicht vergessen, dass wir in der Fremde aufgestiegen sind (Anm. d. Red.: Aufstieg aus der dritten Liga in die 2. Bundesliga im Jahn-Sportpark). Vielleicht werden wir dann auch in der Fremde deutscher Meister (lacht). Das ist natürlich Quatsch.

Klar wird es komisch werden, eine ganze Saison im Olympiastadion zu spielen. Bei der Conference League hatten wir ja schon das zweifelhafte Vergnügen. Es hat Vor- und Nachteile. Der Nachteil ist eindeutig: Das ist halt das Olympiastadion. Der Vorteil: Auch dort können schon mehr Leute zu Union kommen. Klar, ist es nicht unser Stadion, ich muss aber auch betonen, dass es auch nicht Herthas Stadion ist. Die sind einfach nur Mieter. Die eine Saison werden wir also schon überstehen und dann geht es mit voller Kapelle in der neuen Alten Försterei weiter.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 15.11.2022, 18 Uhr

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