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Quelle: imago images/Engler

Hertha-Neuzugang Marius Gersbeck

Der Torhüter aus der Ostkurve

Als Teenager wechselte Marius Gersbeck bei Hertha BSC zwischen Spielfeld und Ostkurve hin und her. Dann verließ er seinen Herzensklub. Seine Rückkehr nun ist auch deshalb mehr als nur eine sportliche Entscheidung. Von Ilja Behnisch

Man muss sich in Acht nehmen, wenn Fußball-Profis den Verein wechseln. Denn sehr häufig geht im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung ein Floskel-Gewitter auf die Welt hernieder. Ein sehr spannendes Projekt sei das hier bei Verein xy, die Gespräche mit dem Trainer seien super gewesen, die Stimmung im Stadion habe ihn schon immer beeindruckt. Und überhaupt: Schon als Kind habe man in der Bettwäsche des Klubs geschlafen.

Nun ist (noch) nicht überliefert, ob Marius Gersbeck in Hertha-Bettwäsche durch seine Schulzeit schlummerte. Als gesichert hingegen darf gelten, dass Herthas neuer Torhüter tatsächlich großes Glück über seinen Wechsel zurück in seine Heimatstadt Berlin empfindet. Er könne an Karlsruhe überhaupt nichts aussetzen, so Gersbeck im Rahmen einer Trainingslager-Presserunde zu seinen letzten Wohnort, aber es "gibt einen Verein und eine Stadt, die über dem steht."

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Bundesliga-Debüt vor 80 Tausend Zuschauern

Sein Vater und Opa nahmen ihn einst mit ins Olympiastadion. Mit 13, 14 Jahren wechselte er von der Gegengeraden auf die Ostkurve. Dorthin, wo die Harlekins ihre Heimat haben, die Ultras von Hertha BSC.

Einer ihrer Mitbegründer ist inzwischen bekanntlich Präsident des Klubs. Und auch wenn Kay Bernstein damals, als Marius Gersbeck in die Ostkurve eintauchte, nicht mehr ihr Vorsänger war, kennen sich beide schon eine ganze Weile. Weil Gersbeck Teil der aktiven Fan-Szene wurde. Weil er half, Choreos vorzubereiten. Weil er auswärts fuhr. Obwohl er parallel auch sportlich bei Hertha Fuß fasste.

Unter Pal Dardai spielte er in Herthas U17. Er wurde deutscher B-Juniorenmeister 2012. Ein Jahr später dann das plötzliche Bundesliga-Debüt. Herthas Stammtorhüter, Thomas Kraft und Rune Jarstein, waren verletzt ausgefallen. Also ließ Trainer Jos Luhukay den Jungen aus der Fankurve ins Tor. Bei Borussia Dortmund, vor 80 Tausend Fans.

Gersbeck wuchs über sich hinaus, brachte Robert Lewandowski und Co. an diesem 21. Dezember 2013 zu Verzweiflung. Hertha gewann mit 2:1 und Marius Gersbeck feierte anschließend im Gästeblock.

Der Wechsel bedeutet ihm viel

"Das sind für mich nicht Ultras, sondern meine Freunde. Mit denen bin ich groß geworden", sagt Gersbeck heute. Weil es sportlich weitergehen musste, der Ausflug ins Hertha-Tor allerdings eine einmalige Angelegenheit zu bleiben schien, suchte er anschließend das Weite. Über Chemnitz und Osnabrück ("geiles Sprungbrett") landet Gersbeck beim Karlsruher SC.

Er kam nicht als Nummer eins, wurde aber bald zum Stammtorhüter und brachte es am Ende in vier Jahren auf genau 100 Einsätze für den KSC. Dass den Klub im Badischen eine Fan-Freundschaft mit der Hertha verbindet, rundet das Bild nur ab.

Und er kann ja auch überhaupt nichts aussetzen an Karlsruhe, dieser Marius Gersbeck, aber "dieser Wechsel hierher bedeutet mir sehr viel. Und das mache ich unabhängig von einer Liga-Konstellation." Bei ihm ist das keine Floskel. Das verrät die Biographie. Aber auch seine Stimmlage. Wenn man wissen will, wie Glück klingt, dann muss man Marius Gersbeck über seinen Wechsel zu seiner Hertha reden hören.

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Gersbeck verspürt eine Aufbruchstimmung

Vielleicht ist er auch deshalb so beschwingt, weil sich der besorgte Blick, den der Hertha-Fan Gersbeck aus Karlsruhe in Richtung Berlin geworfen hat, sich vor Ort nicht bestätigen lässt für ihn. Er sagt: "Wir sind abgestiegen und trotzdem herrscht hier keine Depression, sondern eine Aufbruchstimmung."

Es verändere sich gerade sehr viel zum Positiven, glaubt er. Und dass man das auch sehe. Im Trainingslager. Auf der Geschäftsstelle. Überall.

Gersbeck hat Bock auf seine neue Aufgabe. Auch wenn er noch gar nicht so genau weiß, wie sie aussieht. Der Kader umfasst sechs Torhüter, allein vier davon sind mit im Trainingslager. Im Testspiel gegen den BFC Dynamo hat er die Kapitänsbinde getragen. Und auch sein Selbstbewusstsein spricht für ihn. Er sei "wahrscheinlich als Bubi" gegangen, als "der kleine Junge aus der Kurve". Jetzt sei er als gestandener Zweitliga-Spieler zurückgekehrt.

Er sei umgänglich, aber auch lautstark, könne Verantwortung übernehmen, sagt er. Und wenn man ihm so zuhört, will man an nichts davon zweifeln. Am Ende entscheide die sportliche Führung über die Besetzung im Tor, er versuche nur, dem Verein zu helfen, "egal in welcher Position".

Doch nicht alles ist rosig im Moment im Leben von Marius Gersbeck. Die Rückkehr nach Berlin halte per se nichts Neues für ihn bereit, "trotzdem kommt ein Umzug mit Kindern dazu. Das ist immer nervig." Vielleicht sollte ihm Herthas Geschäftsstelle ein paar Sets Bettwäsche für den Nachwuchs schenken.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.07.2023, 21:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

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