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Quelle: picture alliance/dpa/Jörg-Florian-Eisele

60 Jahre Bundesliga | Teil 6

Tomislav Piplica und das preisgekrönte Eigentor

Bis heute ist das legendäre Eigentor von Cottbus-Torwart Tomislav Piplica unvergessen. Sein kurioses Missgeschick machte ihn 2002 in ganz Fußball-Deutschland bekannt und brachte ihm viel Spott ein - aber auch einen Preis. Von Lukas Witte

In schwarzer Hose und Lederjacke gekleidet steigt Tomislav Piplica unter dem Applaus der Zuschauer die Show-Treppe hinab. Fröhlich winkt er in die Menge, in der rechten Hand hält er ein Paar Torwart-Handschuhe. Vorne erwartet ihn bereits Kult-Moderator Stefan Raab mit breitem Grinsen im Gesicht, um ihm einen goldenen Preis zu überreichen.

Der sogenannte "Raab der Woche" wurde in der Sendung "TV Total" für besonders skurrile und außergewöhnliche Taten vergeben – oder Missgeschicke. Denn mit Letzterem ging der Torwart von Energie Cottbus für alle Zeiten in die Geschichte der Fußball-Bundesliga ein.

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Vom Hinterkopf ins eigene Tor

Es war der 6. April 2002. Die Lausitzer spielten gerade ihre zweite Erstliga-Saison in Folge und hätten mit einem Sieg über Borussia Mönchengladbach an diesem 30. Spieltag den Klassenerhalt so gut wie sicher gehabt. Dementsprechend war die Stimmung im prall gefüllten Stadion der Freundschaft ausgelassen, als Energies Radoslaw Kaluzny 20 Minuten vor Schluss den 3:2-Führungstreffer erzielte und die erlösenden drei Punkte zum Greifen nah waren.

Doch dann geschah, was bis heute in jedem Zusammenschnitt der kuriosesten Bundesliga-Momente zu sehen ist. Ein Pressschlag zwischen dem Gladbacher Marcel Witeczek und Energie-Spieler Kaluzny wurde zu einer hohen Bogenlampe, die erst völlig harmlos erschien. Doch Torwart Piplica war wie versteinert und blickte dem nahenden Ball entgegen, ohne zu reagieren.

Die Kugel fiel ihm auf den Hinterkopf und prallte von dort ins eigene Tor. Geschockt blieb der Keeper am Boden liegen, während im Stadion plötzlich Ruhe herrschte.

"Es war ein abgefälschter Ball, bei dem ich dachte, dass er über das Tor geht. Dann kam er verdammt schnell runter auf meinen Hinterkopf. Ich konnte mir das nicht erklären und auch nicht reagieren, weil ich so überrascht war", erklärte er später im Interview mit "Goal".

Das Spiel endete 3:3 und Piplica hatte den Gladbachern einen Punkt geschenkt. Nach dem Abpfiff verließ er schnellstmöglich das Stadion, redete mit niemandem.

Ein Torwart mit Kultstatus

Schnell verbreitete sich die Szene in ganz Deutschland und führte zu großem Spott. Aus den eigenen Reihen gab es aber sofort Rückendeckung. "Von der Mannschaft gibt es überhaupt keinen Vorwurf. Er hat uns gerade in Heimspielen auch schon viele Spiele gerettet," sagte Mitspieler Silvio Schröter nach der Partie.

Auch die Fans nahmen ihm sein Missgeschick nicht übel. Zum einen hatte der Punktverlust keine ernsthaften Konsequenzen. Cottbus sicherte sich eine Woche später durch ein 0:0 gegen Stuttgart den Klassenerhalt – auch dank vieler Glanzparaden Piplicas, der mit gebrochenem Finger spielte.

Zum anderen genoss der Bosnier in der Lausitz Kultstatus, war Publikumsliebling und wurde liebevoll von allen "Pipi" genannt. Mehrfach wurde er zum Cottbuser Spieler des Jahres gewählt. Neben seiner herausragenden sportlichen Leistung hatte die Beliebtheit sicherlich auch damit zu tun, dass er immer wieder für kuriose Geschichten sorgte.

Im Frühjahr 2002 lag Rekordmeister Bayern München im Spiel gegen Energie hoch in Führung und bekam einen Elfmeter zugesprochen. Torwart-Legende Oliver Kahn trat an, um sein allererstes Bundesliga-Tor zu erzielen. Doch nicht mit Piplica: Der kehrte Kahn vor dem Schuss provokativ den Rücken zu und parierte den Strafstoß dann sicher.

Auch gegenüber einem späteren Bundeskanzler zeigte er keine Gnade. Gerhard Schröder sollte bei einer Wahlkampfveranstaltung in Cottbus im Elfmeterschießen gegen den Energie-Keeper treffen – so war es zumindest abgemacht. Doch Piplica ließ nicht einen Ball rein, ging danach zum SPD-Politiker und sagte: "Nächstes Mal vielleicht."

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Ein Geschenk für Stefan Raab

Elf Jahre verbrachte Pipica insgesamt bei Cottbus, verhalf ihnen zweimal zum Aufstieg in die 1. Liga und absolvierte insgesamt 248 Spiele. 2009 beendete er seine Karriere und wurde Co-Trainer der zweiten Mannschaft. Seit diesem Sommer ist der 54-Jährige neuer Torwart-Trainer beim Regionalligisten Lok Leipzig, bei dem auch sein Sohn Zak Paulo spielt

Über sein berühmtes Eigentor, das auch heute bei vielen noch immer große Belustigung auslöst, konnte auch er damals schon schnell schmunzeln. Glücklich nahm er bei "TV Total" den Preis entgegen und sorgte für einige Lacher im Publikum. Die mitgebrachten Torwart-Handschuhe übergab er Stefan Raab mit den scherzhaften Worten: "So ein Tor hat noch niemand vor mir erzielt. Diese Handschuhe brauche ich nicht mehr, deshalb gebe ich sie dir. Ich bin jetzt Stürmer."

Sendung: rbb24, 19.08.2023, 18 Uhr

Beitrag von Lukas Witte

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