Interview | Ehemaliges Mitglied der "Brigade Feuerstein" - Gundermanns Todestag jährt sich zum 25. Mal

Mi 21.06.23 | 16:19 Uhr
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Bassist Thomas Hergert (li.) und Sänger Gerhard Gundermann
Audio: Studio Cottbus | 21.06.2023 | Daniel Mastow | Bild: imago/STAR-MEDIA

Liedermacher, Baggerfahrer, Stasi-Mitarbeiter: Am Mittwoch jährt sich Gerhard Gundermanns Todestag zum 25. Mal. Jahrelang hat Reiner Westphal mit Gundermann Musik gemacht. Im Interview spricht er über die Band und "Gundi" in seiner Kneipe.

Gerhard Gundermann, geboren 1955 in Weimar, gestorben 1998 in Spreetal, war als "der singende Baggerfahrer" bekannt. In der DDR galt er als Sprachrohr der Arbeiter im Lausitzer Braunkohlerevier.

Noch heute sind seine Lieder (nicht nur) in der sächsischen und Brandenburger Lausitz beliebt. 2018 wurde das Leben Gundermanns von Andreas Dresen verfilmt.

Für Kritik sorgte Gundermanns Tätigkeit als sogenannter Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) und auch seine SED-Mitgliedschaft. Gundermanns Stasi-Tätigkeit endete 1984, im gleichen Jahr war er wegen "prinzipieller Eigenwilligkeit" aus der SED ausgeschlossen worden.

Mit gerade einmal 43 Jahren starb Gerhard Gundermann an einem Schlaganfall.

rbb|24: Herr Westphal, mit Veranstaltungen in Hoyerswerda, Dresden oder auch Berlin wird in dieser Woche an Gundermann erinnert. Sie haben in der "Brigade Feuerstein" gemeinsam mit ihm Musik gemacht. Was machen sie an diesem Todestag?

Reiner Westphal: Wir haben das schon am Dienstag gemacht und uns mit ehemaligen Feuersteinen in der Lausitzhalle in Hoyerswerda getroffen. Es gab ein Programm des Staatstheaters Dresden, ein Gundermann-Programm.

Erinnerungen verändern sich häufig mit der Zeit, verblassen manchmal auch. Denken Sie heute noch oft an ihre Zeit mit Gundermann zurück?

Man kann jetzt nicht sagen, ich denke täglich daran, aber ich habe auch bei mir zu Hause Bilder unserer gemeinsamen Vergangenheit. Da ist es ganz normal, dass man auch darüber spricht, vieles passiert aber im Unterbewusstsein.

Gibt es ein besonderes Erlebnis, an das Sie häufiger denken?

Besondere Erlebnisse gab es ziemlich viele. Ich denke häufiger an die Zeit zurück, in der ich mit meiner Frau eine Gastronomie in Hoyerswerda betrieben habe. Gundi war dort regelmäßig zu Gast. Er hat dort immer Interviews geführt und die Zeit genutzt, wenn nicht so viel los war, zwischen Mittag und Nachmittag. Manchmal hat er dann stundenlang bei uns im Restaurant gesessen und sich unterhalten. Das ist das, was ich immer sehe, wenn ich selbst heute an diesem Restaurant vorbeigehe.

Ist es richtig, dass in Ihrem heutigen Restaurant in Zeißig ein Gundermann-Altar steht?

"Altar" ist ein bisschen übertrieben. Die Nachfolgegenerationen, meine Jungs, haben das mittlerweile ein bisschen verändert. Dort hing ein Bild von Gundi, sehr zentral. Auch die Erinnerungsstücke der Brigade Feuerstein hingen ringsherum. Das waren Bildcollagen, die Freunde von uns gemacht haben.

Wir wollten das unseren Gästen mitteilen und sind über die Bilder auch mit vielen Gästen ins Gespräch gekommen. Wir haben aber keinen Altar aufgebaut, das haben Leute dann hineininterpretiert. Aber wenn man hineingekommen ist, war das erste Bild, das man gesehen hat, Gundi.

Was haben Ihnen die Gäste denn erzählt?

In letzter Zeit haben viele Leute Bezug genommen auf den Film, der im Kino lief. Dann gab es auch viele Leute, die erzählen, "Ich kenne jemanden, der mit Gundi gearbeitet hat", oder die auch selbst Kollegen von ihm im Tagebau waren.

In Hoyerswerda hatte sich zu DDR-Zeiten eine starke Kulturszene entwickelt. Wie gut sind Ihre Kontakte aus dieser Zeit heute noch?

Es hat sich heute ein bisschen in die Kulturfabrik in Hoyerswerda verlagert. Früher gab es das FMP, das "Feuerstein Musik Podium". Das ist mittlerweile abgerissen, war aber ein etablierter Jugendclub. In der heutigen Kulturfabrik gibt es den Kufa-Verein, auch ein Gundermann-Archiv. In der Szene bewegt sich das heute. Es gibt aber noch persönliche Verbindungen. Wir besuchen uns, wenn es die Zeit erlaubt. Entweder bei uns im Restaurant oder in der Kulturfabrik.

Wie muss man sich diese Treffen vorstellen. Machen Sie noch Musik?

Mit dem Musik machen ist es ein bisschen schwierig. Ein paar Musiker von uns haben ihren Lebensmittelpunkt jetzt in Berlin. Und ich war in der Brigade Feuerstein kein Musiker, sondern der Sänger. Da hapert es etwas mit dem Musik machen.

Aber ich treffe mich regelmäßig mit Werner Schickor. Der war auch in der Brigade Feuerstein und war auch im Gundermann-Film. Jeden Sonntag treffen wir uns und wir beide machen noch Musik. Aber es sind keine großen Bühnen mehr. Wir spielen auf kleinen Podien, zum Beispiel bei uns in Zeißig bei der Seniorenweihnachtsfeier. Dort trage ich lustige Gedichte und Geschichten vor und gemeinsam singen wir Weihnachtslieder. Das macht mir großen Spaß.

Wir halten dabei das Erbe von Gundi auch hoch und bauen Lieder ein, zu denen Gundi den Text geschrieben hat. Zum Lied "Yesterday" hat er das zum Beispiel gemacht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.06.2023, 14:40 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Wäre gerne mal auf so ein Gundermann-Konzert gegangen. So aus Prinzip. Schade.

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