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Audio: Antenne Brandenburg | 28.02.2023 | Michael Lietz | Quelle: Landkreis Oder-Spree/Mario Behnke

Acht Kandidaten zur Auswahl

Oder-Spree wählt im April einen neuen Landrat

Im Landkreis Oder-Spree wird ein Nachfolger für Rolf Lindemann gesucht. Zwei Frauen und sechs Männer sind jetzt vom Kreiswahlausschuss als Kandidaten zugelassen worden. Sie werden sich am 23. April zur Wahl stellen. Von Michael Lietz

Landrat Rolf Lindemann (SPD) geht in Rente. Seit 2017 leitet der in Neustadt an der Weinstraße geborene Jurist die Geschicke im Kreis Oder-Spree, nun will er das Amt in jüngere Hände übergeben.

Mindestens 15 Prozent der im Kreis Wahlberechtigten muss ein Kandidat in der Stichwahl auf sich vereinen, um das sogenannte Quorum zu erfüllen. Weil im Jahr 2017 zu wenige Menschen abgestimmt hatten und kein repräsentatives Wahlergebnis zustande gekommen war, wählte der Kreistag den Sozialdemokraten ins Amt. Um ein solches Szenario bei der Wahl seines Nachfolgers oder seiner Nachfolgerin möglichst zu verhindern, hat Lindemann schon im vergangenen Jahr bekanntgegeben, mit Erreichen des Rentenalters in den Ruhestand zu gehen.

Acht Kandidaten treten an

Zwei Frauen und sechs Männer wollen Rolf Lindemann im Amt beerben. Alle im Landtag vertretenen Parteien haben einen Kandidaten beziehungsweise eine Kandidatin aufgestellt, außer Die Linke.

US-Elektroautobauer

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Als aussichtsreiche Kandidaten werden Sascha Gehm (CDU) und Frank Steffen (SPD) gehandelt. Ersterer ist Erster Beigeordneter und Dezernent für Bauen, Ordnung und Umwelt im Landratsamt Beeskow. Frank Steffen ist langjähriger Bürgermeister der Kreisstadt.

Neben Gehm und Steffen treten Rainer Galla (AfD), Erdmute Scheufele (Grüne), Melanie Sellin (BVB/Freie Wähler) und Thomas Löb (ÖDP) an.

Zudem werfen zwei Einzelbewerber ihre Hüte in den Ring: Ralf Kaun aus Friedland und Wilfried von Aswegen wollen ebenfalls Landrat werden.

Porträts der Kandidatinnen und Kandidaten finden Sie unten am Textende.

Der Landkreis Oder-Spree hat etwa 179.00 Einwohner. Im Westen grenzt er an Berlin, im Osten an Polen. Mit dem Autobauer Tesla in Grünheide und dem Eisen- und Stahlhersteller ArcelorMittal Eisenhüttenstadt (AMEH) sind im Landkreis zwei industrielle Schwergewichte beheimatet.

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Am Donnerstag kommen Bund und Länder zu einem Flüchtlingsgipfel zusammen. Der Brandenburger Innenminister erwartet konkrete Lösungen. Ihm geht es vor allem um die Einwanderung über die Balkanroute und die finanzielle Ausstattung von Kommunen.

Mit der Region rund um den Scharmützelsee und dem Schlaubetal verfügt der Kreis zudem über ein reiches touristisches Potential. Aber auch kulturell muss sich Oder-Spree nicht verstecken: Glanzlichter sind das Kloster Neuzelle, die Burgen der Ritter von Strele in Friedland, Beeskow und Storkow sowie das Gerhart-Hauptmann-Museum in Erkner.

Gefälle innerhalb des Landkreises

Doch in der Berlin-fernen Region sinken die Einwohnerzahlen, während der sogenannte Speckgürtel sprichwörtlich aus allen Nähten platzt. Auf dem flachen Land fehlt es zudem an Daseinsvorsorge: Ärzte sind häufig Mangelware, Busse fahren nur, um Schüler zu transportieren, und den Konsum gibt es auch schon lange nicht mehr.

Alle wahlberechtigten Bürger ab 16 Jahren sind am 23. April aufgerufen, den neuen Landrat zu wählen. Für den 14. Mai ist bereits ein Stichwahltermin festgelegt. Sollte auch dort kein gültiges Ergebnis zustande kommen, muss der Kreistag den neuen Landrat oder die neue Landrätin wählen.

Kandidaten im Porträt

Wilfried von Aswegen (Einzelbewerber)

Wilfried von Aswegen aus Woltersdorf, Jahrgang 1956, stammt aus Kaiserslautern, ist verheiratet und hat drei Töchter. 20 Jahre lang hat er als Geologe und Umweltingenieur in Deutschland und im arabischen Ausland gearbeitet. Seit 2008 ist Aswegen zugelassener Heilpraktiker. Bis Ende letzten Jahres war er zudem Mitglied im Bundesvorstand der Partei "Die Basis" als "Säulenbeauftragter Schwarmintelligenz".

Für den Fall seiner Wahl würde von Aswegen Symposien zu Themen wie Tesla und Grundwasser, Ukraine-Konflikt, Klima und Energie, Gendern, Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen und direkte Demokratie anstreben.

Rainer Galla (AfD)

Rainer Galla ist 61 Jahre alt und verheiratet mit der AfD-Landtagsabgeordneten Kathleen Muxel. 30 Jahre hat er in Nordrhein-Westfalen gelebt, 30 Jahre in Bayern und seit 2019 in Brandenburg. Galla war Polizeibeamter, arbeitete in einer Ausländerbehörde und ist jetzt Angestellter in der AfD-Bundestagsfraktion, Arbeitskreis Recht. Er selbst bezeichnet sich als konservativ. Auf seiner Facebookseite veröffentlichte er Bilder von einem Treffen mit Björn Höcke und Andreas Kalbitz.

Viel Gestaltungsspielraum hat ein Landrat nach Meinung von Rainer Galla zwar nicht, dennoch geht er mit einigen Schwerpunkten in den Wahlkampf. So lehnt er eine Neugliederung des Kreisgebietes und weitere Großgemeinden ab, stattdessen sollten die kommunale Selbständigkeit und Eigenverantwortung gestärkt werden. Ebenfalls sollte der ÖPNV gestärkt werden. Seiner Meinung nach könne es nicht sein, dass der letzte Bus vor 18 Uhr fahre. Einsetzen würde sich Galla auch für mehr Bürgerfreundlichkeit in der Verwaltung, das Landratsamt müsse für den Bürger erlebbar sein. In Sachen Energiewende ist der AfD-Kandidat gegen den Bau von weiteren Windrädern und Solarparks.

Sascha Gehm (CDU)

Sascha Gehm ist 41 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Seit 2017 ist Gehm Erster Beigeordneter und Dezernent für Bauen, Ordnung um Umwelt im Landkreis Oder-Spree. Gehm hatte 2017 gegen Rolf Lindemann in der Stichwahl um den Landratsposten verloren. Lindemann holte ihn aber nach der Wahl als seinen Stellvertreter ins Amt.

Sascha Gehm ist in Mecklenburg-Vorpommern geboren, er hat in Rostock Jura studiert und arbeitete später in der Stadtverwaltung Fürstenwalde.

Im Wahlkampf setzt Gehm in erster Linie auf wirtschaftliche Themen. Die Ansiedlung des Autobauers Tesla in Grünheide bringe Wachstum in die Region und biete die Chance, Transformationsprozesse auch in anderen Teilen des Landkreises zu beeinflussen, argumentiert er. Damit seien bedarfsgerechte Lösungen im ÖPNV möglich, man könne zudem die Entwicklungsgeschwindigkeit im Osten des Kreises erhöhen und etwa die Entwicklung des Gewerbegebietes LOS-Nord in Eisenhüttenstadt vorantreiben. Eine weitere strategische Herausforderung ist für Gehm außerdem die Digitalisierung der Verwaltung.

Ralf Kaun (Einzelbewerber)

Ralf Kaun ist Jahrgang 1962, stammt aus Pieskow am Schwielochsee und ist Facharbeiter für Nachrichtentechnik. Derzeit arbeitet der als Honorardozent im Bereich Consulting and Education an verschiedenen Einrichtungen.

Die Entwicklung der Demokratie betrachte er seit März 2020 mit großer Sorge. Im Mittelpunkt der Tätigkeit der Abgeordneten stünden seitdem nicht mehr die Wähler, sondern die Interessen weniger Personen, kritisiert Kaun. Auf seiner Internetseite wirbt er mit dem Spruch "Deutschland zuerst". Einigen dürfte Ralf Kaun zudem von den sogenannten Montagsspaziergängen bekannt sein.

Thomas Löb (ÖDP)

Thomas Löb ist Landesvorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei. Der 56-Jährige hat nach Angaben der ÖDP eine kaufmännische Ausbildung und Landschaftsarchitektur in Erfurt studiert. Zudem ist er umfänglich in verschiedenen Umweltverbänden aktiv, über 40 Jahre im Ehrenamt tätig und habe Führungserfahrung sammeln können.

Als Landrat will Löb alles dafür tun, Naturschätze besser vor Ausbeutung zu schützen. Löb will sich für eine effizientere und transparentere Verwaltung durch weitere Digitalisierung einsetzen und die Amtszeit des Landrates auf zwei Wahlperioden begrenzen. Zudem will Löb soziale Strukturen stärken und die Grundversorgung - wie Gesundheitsvorsorge, sauberes Trinkwasser und attraktiver Nahverkehr - sicherstellen. Auch in Berlin ferneren Orten müssten die Interessen und Nöte aller Bürger ausreichend Gehör finden.

Erdmute Scheufele (Grüne)

Erdmute Scheufele ist 39 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Geboren bei Cottbus hat sie in Fürstenwalde Abitur gemacht, Psychotherapie unter anderem in Münster studiert und danach Jobs in Berlin und Frankfurt (Oder) angenommen. Seit Herbst letzten Jahres ist sie als Psychotherapeutin selbständig, leitet in Teilzeit aber noch das Fürstenwalder Büro des Grünen-Bundestagsabgeordneten Michael Kellner und ist Kreisgeschäftsführerin ihrer Partei.

Zu ihrem Schwerpunkt im Landrätinnen-Wahlkampf zählt die Frauen- und Familienpolitik. So beklagt sie, dass es nach wie vor zu wenige Frauen in der Kommunalpolitik gebe und setzt sich für eine fraktionsübergreifende Vernetzung der Frauen ein. Wichtig sei ihr ebenfalls die kommunale Daseinsvorsorge. Bis in den ländlichen Raum hinein würden gleichwertige Lebensbedingungen gebraucht. Als Landrätin würde sie zudem ein Klimaschutz-Sofortprogramm umsetzen. Das bereits erarbeitete Klimaschutzprogramm des Landkreises läge ihrer Meinung nach mehr in der Schublade. Scheufele fordert den Ausbau der Wind- und Solarenergie und würde prüfen lassen, ob das Dach der Kreisverwaltung sich für Photovoltaik eigne.

Melanie Sellin (BVB/Freie Wähler)

Melanie Sellin ist Juristin, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Die 42-Jährige ist in Südbrandenburg aufgewachsen, hat in Berlin studiert und ist später nach Schöneiche gezogen. Politisch engagiert hat sich Melanie Sellin bislang als sogenannte Sachkundige Einwohnerin in ihrem Wohnort. Dass sie keine Verwaltungserfahrung vorweisen kann, sieht sie nicht als Problem an. Sie sei jung und werde mit einem frischen, unverbauten Blick ins Landratsamt einziehen, sagt sie. Entsprechend klingt auch ich Wahlspruch: "LOS jetzt" steht auf den Plakaten, die schon fast flächendeckend im Landkreis aufgehängt sind.

Mehr Bürgernähe verspricht Sellin bei einem Wahlerfolg. Eine intransparente Verwaltung führe zu Unzufriedenheit und dazu, dass sich Menschen nicht wahrgenommen fühlen. Sie möchte außerdem dafür sorgen, dass der Personalmangel in Schulen beseitigt und coronabedingte Wissensrückstände bei Schülern aufgeholt werden. Eine Stärkung des ländlichen Raumes mit verbesserter Mobilität und medizinischer Versorgung hat sich Melanie Sellin ebenfalls vorgenommen.

Frank Steffen (SPD)

Frank Steffen ist 51 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Er hat bei EKO Stahl (heute: ArcelorMittal Eisenhüttenstadt GmbH) in Eisenhüttenstadt eine Berufsausbildung mit Abitur gemacht. 1990 gründete er mit anderen zusammen den SPD-Ortsverband Beeskow. Mit 19 wurde er damals der jüngste Abgeordnete im Beeskower Kreistag. Nach einem Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen wurde er Leiter des Kreistagsbüros, 2010 wählten ihn die Einwohner von Beeskow zu ihrem Bürgermeister.

Frank Steffen setzt im Landrats-Wahlkampf vor allem auf soziale Themen. Der Kreis brauche dringend Investitionen in die Infrastruktur, vor allem in Schulen, Straßen und Radwege, fordert Steffen. An Schulen müsse es außerdem eine verlässlichere Sozialarbeit geben; der Kreis müsse auch künftig verhindern, dass sozial Schwache durchs Netz fallen. Weitere Themen im Wahlkampf sind für Steffen unter anderem die Verbesserung des ÖPNV-Angebots, eine zukunftsfähige Verwaltung und der Klimaschutz.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.02.2023, 15:10 Uhr

Ein Kurzportrait der einzelnen Kandidaten und deren Wahlkampfthemen finden Sie über die Verlinkung.

Beitrag von Michael Lietz

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