Erneuerbare Energien in Berlin - Vattenfall stellt Deutschlands größten Wärmespeicher fertig

Sa 02.07.22 | 12:43 Uhr | Von Franziska Ritter
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Auf dem Gelände des Heizkraftwerk Reuter West von Vattenfall wird ein Wärmespeicher gebaut der 56 Millionen Liter Fassungsvermögen hat und laut Unternehmen der größte Wärmespeicher Deutschlands ist. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.07.2022 | Franziska Ritter | Bild: dpa/Christophe Gateau

Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, wird viel erneuerbarer Strom erzeugt. Doch der muss gespeichert werden. Energieversorger Vattenfall hat dafür in Berlin einen riesigen Warmwassertank errichtet. Von Franziska Ritter

Er ragt 45 Meter in die Höhe und fasst genug Wasser, um 350.000 Badewannen zu füllen: Die Dimensionen des Wärmespeichers, den Energieversorger Vattenfall auf dem Gelände des Berliner Heizkraftwerks Reuter West errichtet hat, sind imposant. Nach Unternehmensangaben ist es bundesweit der größte seiner Art.

Er steht neben Europas größter sogenannter Power-to-Heat-Anlage, die überschüssige Wind- und Sonnenenergie wie ein Tauchsieder in Wärme umwandelt. In dem Stahltank, den man sich dagegen wie eine riesige Thermoskanne vorstellen kann, soll diese Wärme künftig zwischengespeichert werden.

56 Millionen Liter Wasser

In den kommenden Monaten wird die Anlage mit Wasser befüllt, 56 Millionen Liter passen rein. Anfang 2023 soll sie in Betrieb gehen. Projektleiter Jornt Spijksma erklärt: "Da ist immer Wasser drin, immer die gleiche Menge."

Ist der Energie-Speicher leer, hat das Wasser 55 Grad Celsius. Bei vollem Speicher kommt es auf eine Temperatur von maximal 98 Grad. Neben Energie aus erneuerbaren Quellen kann die Anlage auch Abwärme aus industriellen Prozessen speichern. Vattenfall nutzt in Spandau beispielswiese Hochdruckdampf, den das benachbarte Müllheizkraftwerk der Berliner Stadtreinigung produziert, sowie die Abwärme von Abwässern.

Ein Rohr liegt unter der Kuppel des Wärmespeichers auf dem Gelände des Heizkraftwerk Reuter West von Vattenfall, am 30.06.2022. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
| Bild: dpa/Christophe Gateau

Noch werden überwiegend Kohle und Gas verheizt

Mit einer thermischen Leistung von maximal 200 Megawatt kann der Wärmespeicher den ganzen Westteil Berlins im Sommer mit warmem Wasser zum Duschen versorgen, heißt es von Vattenfall. Im Winter, wenn die Heizungen in der Stadt auf Hochtouren laufen, soll er zumindest ein Zehntel des Bedarfs decken.

Die Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne), die sich in dieser Woche vor Ort einen Eindruck von dem Wärmespeicher verschafft hat, lobt den Bau der Anlage als einen großen Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung. Zugleich mahnt sie: "Die Fernwärmeversorgung ist noch ganz stark abhängig von fossilen Energien und wird nur zu einem sehr geringen Teil aus erneuerbaren Energien gespeist. Das muss sich ändern."

Wasserstoff soll Gas ersetzen

Sie plädiert dafür, mehr Windräder und Solaranlagen in der Stadt zu errichten, die Potenziale von Erdwärme und Abwärme besser zu nutzen. Denn spätestens 2045 will sich Berlin nur noch mit klimaneutraler Energie versorgen.

Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG, rechnet für die fossilfreie Zukunft fest mit einem weiteren Energieträger: "Wir werden die Gaskraftwerke sukzessive auf Wasserstoff umstellen und sie nicht mehr so oft fahren, aber in Dunkelflauten wird Berlin das weiterhin brauchen. Genau dann stehen wir mit Wasserstoff bereit, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten." Damit das gelingen kann, muss allerdings erst einmal ausreichend grüner Wasserstoff erzeugt werden.

Vattenfall versorgt derzeit rund ein Drittel der Gebäude in Berlin mit Heizungswärme und warmem Wasser. Der Energiekonzern hat im Frühjahr angekündigt, das Fernwärmenetz der Hauptstadt und die dazugehörigen Heizkraftwerke verkaufen zu wollen. Ob die Infrastruktur damit wieder in kommunale Hände gelangt? Das Land Berlin prüfe derzeit den Kauf, sagt Bettina Jarasch und betont: "Wer das Fernwärmenetz kauft, wird investieren müssen. Hier muss umgebaut, hier muss transformiert werden. Das bedeutet Investitionen, für wen auch immer."

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.07.2022, 08:35 Uhr

Beitrag von Franziska Ritter

37 Kommentare

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  1. 37.

    Die Zeit der Amortisation mag wesentlich länger sein, edoch ist doch durch die die bessere Isolation bei unterirdischer Bauweise auch bessere Effizienz nicht das Ziel?

  2. 36.

    Strom, Benzin und Diesel kriegt Berlin ohne BB nicht hin.
    Beim Wasser sieht es besser aus, obwohl wo kommt der große Teil des Wassers der Spree, Havel und Dahme her?

  3. 35.

    Die Kritik an der ungerechten Verteilung der Netzkosten ist gerechtfertigt. Die Stromverbraucher in den Erzeugerländern bezahlen den Großteil der Netzkosten, obwohl der Ausbau zum größten Teil für die Verbraucherländer notwendig ist.
    Somit sind die Stromkosten in den Erzeugerländern höher als in den Verbraucherländern, was natürlich den Standortnachteil verschärft. Eigentlich müssten Länder wie BB und MV die günstigsten Energiegesamtpreise haben, haben sie aber nicht.

  4. 34.

    Wenn es nicht so traurig wäre könnte man drüber lachen.
    Da schwatzt ein CSU Abgeordneter, die Verhinderer der Energiewende, von Offenbarungseid oder habe ich was verpasst und Bayern versorgt sich inzwischen selbst mit EE?
    Vorsicht,für Eigenheimbesitzer kann so ein Ding zur Falle werden. Die bessere Lösung eine Stromautarke Lösung mit Solar und Akku habe ich und viele andere schon. Das leider Mieter davon nicht profitieren....ein weiteres Versagen der Vorgängerregierungen.

  5. 33.

    Können Sie nicht selbst suchen und finden?
    https://www.pnp.de/nachrichten/politik/Blackout-Gefahr-Bundesregierung-raet-Firmen-zum-Kauf-von-Notstromaggregaten-4362151.html

  6. 32.

    Hoffentlich steht dann zur Zeit der Befüllung BB nicht auf dem Trockenen .

  7. 31.

    2008 lernte ich im Urlaub einen Mitarbeiter des Energieministeriums kennen. Als dann in der "WELT" oder "Zeit" ein größerer Artikel über den miserablen Netzausbau erschien war der Bekannte in seinem Element. So etwas nie zuvor in der TAGESSCHAU o. ä. gehört / gesehen. Ist ja so toll, dass es jetzt wirklich real losgeht.

  8. 30.

    Hier berichten immer wieder Kritiker von WKA, das die in Brandenburg mangels Abnehmer "zahlreich" stillstehen würden. Dabei laufen, wie die Zuschauer des RBB wissen, hier bereits Baumaßnahmen am Höchstspannungsnetz:
    https://www.ardmediathek.de/video/rbb24-abendschau/bau-an-der-energieader-berlins/rbb-fernsehen/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUvYWJlbmRzY2hhdS8yMDIxLTA4LTIxVDE5OjMwOjAwXzIxNTc2ZDc4LWVjNGItNGI1Ni1hODMyLWFlMjkzMmI5MDU1NS96ZWxsZS1iZXJsaW4ta2FiZWx0dW5uZWw

  9. 29.

    Der Vattenfall Standort hängt sicherlich am 380kV Netz. Da spielt es keine entscheidende Rolle wo die Energie physisch herkommt und 200 MW oder mehr sind da kaum relevant für die Auslastung des Netzes.
    Daher ist für die thermische Anwendung an dem Standort nicht zwingend größere EE Leistung in lokaler Nähe sinnvoll.

  10. 28.

    Ok, klingt einleuchtend mit der Solarthermie im großen Maßstab.
    Zu Hause bringt die jetzt im Sommer jedenfalls leicht 90 bis 95°C runter in den Pufferspeicher.

    Aber dass der Speicher überschüssige Elektroenergie aus erneuerbaren Quellen abnehmen soll hat für mich einen Haken:
    Am Standort des Speichers, also in Berlin, wird im Verhältnis zum Verbrauch der Stadt so gut wie keine erneuerbare Energie erzeugt, und schon gar kein Überschuss.

    Also muss die überschüssige Energie aus den Erzeugergebieten erst nach Berlin, obwohl schon jetzt nicht genügend Leitungskapazität dafür vorhanden ist.
    Sicher, der Ausbau läuft, erzeugt aber ein weiteres Problem:
    Die Kosten für diesen zusätzlichen Netzausbau werden noch immer nicht gleichmäßig auf alle Kunden in Deutschland umgelegt (gleichmäßige Umlage auf alle wurde "erfolgreich" im Bundesrat blockiert), sondern führen noch immer zu überdurchschnittlicher Kostenbelastung der Haushalte in den Erzeuger- und Durchleitungsgebieten. Schade

  11. 27.

    Salzspeicher taugt nur für Langzeitspeicherung wenn man den vollständigen Phasenübergang erreicht. Für dynamische Zwecke ist Wasser das beste Medium für Wärmespeicherung. Höchste spezifische Wärmekapazität unter den Stoffen, die einfach verfügbar und einfach händelbar sind.

  12. 26.

    Das Ding wird sicherlich im Nebenstrom betrieben, kann also auch tiefer auskühlen. Ist dann halt nicht nutzbar für Wärmeabgabe.
    Vergleich Thermoskanne stell ich mir schwer vor. So groß doppelwandig mit Vakuum glaub ich kaum, weiß es aber nicht.
    Verlustfrei bzw. verlustarm sind Latentspeicher mit Phasenübergang. Gibt es aber noch nicht in der Dimension. Für die Hosentasche im sortierten Outdoorhandel oder Apotheke.

  13. 25.

    Es macht also einfach nur keinen Sinn die Temperatur unter 55 Grad fallen zu lassen. Wenn theoretisch keine überschüssige Energie zur Erwärmung vorhanden ist,müsste der Speicher dann mit fossiler Energie bei der Temperatur gehalten werden? Das wäre dann natürlich kontraproduktiv.

    @Harry42
    Selbst die beste Thermoskanne wird den Inhalt nicht dauerhaft über der Umgebungstemperatur halten können.

  14. 23.

    Wäre ein Salzspeicher nicht Sinnvoller gewesen,der kann doch auf mehrere 100 Grad erhitzt werden?

  15. 22.

    Übersicht dazu:
    https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2021/dena-STUDIE_Thermische_Energiespeicher_fuer_Quartiere.pdf

  16. 21.

    @John12,
    Was Sie Wärmefirlefanz nennen hat die Firma gebaut die schlau genug war die dreckige, umweltvernichtende Braunkohlebuden rechtzeitig zu verschenken. Ab diesem Tag wäre genug Zeit bis heute die Wärmeversorgung umzustellen. Das die Leag dreist und verlogen ist beweist sie selbst immer wieder, also nix mit Hexenjagd......

  17. 20.

    Ich würde nicht empfehlen das Wasser aus dem Fernwärmenetz zu trinken. Zum Materialschutz und Keimtötung sind da einige Dinge drin, die Mensch nicht verträgt. In jeder Hausheizung kühlt das Wasser im Sommer ohne Probleme über mehrere Wochen auf keimlukrative 23 Grad ab.
    Natürlich vermeidet man trotzdem weiteres Absenken. Die 55 Grad kommen aber aus der Forderung von maximal 55 Grad Rücklauftemperatur. Man versucht im Netz bzw. beim Verbraucher das Wassergemisch möglichst bis auf 55 Grad abzukühlen. Weiter runter bringt dann heizungstechnisch nicht mehr viel.
    Tiefer absenken wäre nur im Notfall sinnvoll, bevor die Heizung zufriert bis auf 4 Grad oder etwas darüber.

  18. 19.

    Solarthermie klingt sinnvoll, ist es aber in dem Fall nicht. Ziel ist ja genau das zeitweise überschüssige erneuerbare Erzeugerleistung nicht abzuregeln sondern sinnvoll zu nutzen. Vattenfall macht das auch nicht aus Gefälligkeit. In der Dimension spielen sie in der ersten Reihe am Markt der Regelleistung. Das heißt sie bekommen in bestimmten Netzsituationen Geld für das Heizen, da es einfacher ist als Erzeugung zu drosseln, falls die Netzfrequenz die 50Hz übersteigt. Andersrum können sie aber auch selbst gezielt und kurzzeitig Erzeugerleistung vom Netz nehmen und trotzdem weiter mit Wärme versorgen.
    Gute Sache da die Energie ja genutzt wird.
    Großflächige Solarthermie ist in Deutschland wirtschaftlich schwierig zu betreiben. Da ist die Sektorenkopplung über den Strommarkt schon lukrativer.

  19. 18.

    John, damit wir genug erneuerbare Energie zur Verfügung haben, müssen wir einfach mehr Windräder und Solarzellen aufstellen. Ich verstehe nicht was diese "schon heute" Argumente immer sollen. Jedes Kind weiß, dass wir bisher nicht genug Erzeugungskapazität haben.

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