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Video: rbb24 Abendschau, 12.11.2023, 19:30 Uhr, Martin Küper | Quelle: rbb

Immobilienkrise

Was passiert mit dem Bauprojekt der Adler-Group in der Wilhelmstraße?

In der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte wollte die Adler Group Luxuswohnungen bauen. Doch auf der Baustelle passiert schon seit Jahren nichts mehr. Wäre da nicht letzten Monat ein einziger Bagger aufgetaucht. Geht es jetzt los? Von Martin Küper und Efthymis Angeloudis

Da, wo einst Plattenbauten weichen mussten, um für begehrte Luxuswohnungen Platz zu machen, tut sich seit drei Jahren nichts. Die Baugrube in bester Lage an der Wilhelmstraße Ecke Französische Straße ruht seit drei Jahren ebenso still wie tief, aber an einem Montag Mitte Oktober rollte plötzlich ein Bagger über das Gelände: Die Grube solle ein Fundament bekommen, so die vor Ort tätige Baufirma.

"The Wilhelm" heißt das Projekt im besten Real-Estate-Denglisch, der ursprüngliche Plan war der Bau von 160 Luxuswohnungen mit Tiefgaragen - und natürlich sollten sie längst fertig sein. Bis 2017 standen hier Plattenbauten aus den letzten DDR-Jahren, das Grundstück wurde verkauft, die Mieter abgefunden, dann Abriss und Baugrube. Nach Stillstand und einem Besitzerwechsel landete das Projekt bei der Adler-Tochter Consus, deren Geschäftszweck Immobilienentwicklung lautet. Die kriselnde Immobilienmutter Adler Group musste im ersten Halbjahr einen deutlichen Ergebnisrückgang verzeichnen.

Immobilienkonzern

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Überraschende Ankündigung auf der Hauptversammlung

Offizieller Baubeginn war am 15. Oktober 2018. Doch seitdem hatte auch der Senat keine Hinweise auf Bautätigkeiten - bis zu diesem einen Bagger Mitte Oktober. Ob das nun der Startschuss für das Projekt sein soll, steht offen, denn auch bei anderen Bauprojekten scheint sich nicht viel zu tun.

Bekannter vielleicht als das Wilhelm-Projekt ist die ewige Kreisel-Baustelle in Steglitz. Auch hier hat Consus immer mal wieder ein wenig gewerkelt in den letzten Jahren, ist aber nicht sichtbar vorangekommen. Der Fertigstellungstermin wurde stattdessen von Jahr zu Jahr verschoben.

Auf der jüngsten Consus-Hauptversammlung kam es aber nicht mal dazu. Stattdessen gab es eine überraschende Ankündigung, wie Andre Gaufer, Käufer einer Kreisel-Wohnung, berichtet. "Der Vorstand der Consus hat zum Steglitzer Kreisel mitgeteilt, dass sie also die Fertigstellung des gesamten Objektes in die Händer Dritter geben wollen und deshalb ein Beratungsunternehmen beauftragt haben mit der Suche nach entsprechenden Investoren."

Gaufer hatte erfolgreich gegen die Adler-Group geklagt, nachdem das Unternehmen von einem gültigen Kaufvertrag zurücktreten wollte. Gaufer hält über seine Firma Anteile an Consus und konnte daher an der Hauptversammlung teilnehmen. Zu möglichen Kauf- oder Kooperations-Interessenten wurde dort aber nichts gesagt.

Ehemaliger Partner übernimmt Pankower Quartier

Immerhin hat es bei einem dritten Berliner Consus-Projekt mit dem Verkauf geklappt: Die Anteile an dem Entwicklungsprojekte Staytion - Forum Pankow wurden an den Partner Kondor Wessels veräußert und gehören nicht mehr zu 25, sondern seit Mai zu 100 Prozent dem nun ehemaligen Partner. Der macht alleine weiter, Baustart möglichst schon im nächsten Jahr, wie der Geschäftsführer von Kondor Wessels, Marcus Becker, dem rbb bestätigt. "Wir bauen da in erster Linie Wohnungen, die die Stadt dringend braucht, wir sind sehr stolz darauf, dass eine öffentliche Wohnungsgesellschaft ca. 40 Prozent der Wohnungen übernimmt. Stadt und Land wird dort über 200 Wohnungen kaufen und damit auch einen guten Beitrag für günstige Mieten in Berlin, in Pankow geben."

Beim Ex-Partner Consus ging es um Wohnungen, aber um Eigentum und die Probleme könnten genau damit zusammenhängen, wie Becker erklärt. "Der Eigentumswohnungsmarkt findet im Augenblick quasi nicht statt. Weil die Zinsen im Moment einfach so hoch sind und gleichzeitig natürlich auch die Baukosten gestiegen sind. Da muss sich der Markt erstmal wieder zusammenrütteln und dann werden wir auch wieder Eigentumswohnungen bauen."

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Vorkaufsrechtsverord­nung kein Thema für Senat

Doch wann sich der Eigentumswohnungsmarkt erholt, ist schwer zu sagen, und auch für die Wilhelmstraße scheint es trotz Baggerei noch keinen Fertigstellungstermin zu geben. Letzte Woche wurde zumindest die versprochene Betonplatte teilweise schon fertig. "Auf der Baustelle werden die projektrelevanten Arbeiten von Consus ausgeführt", erklärt die Adler-Group. Mehr wollte das Immobilien-Unternehmen nicht dazu sagen.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Bauaktivitäten vor allem dazu dienen, die Baugenehmigung nicht durch Stillstand zu gefährden. Dabei will Consus auch das Wilhelm verkaufen, hieß es bereits im letzten Jahr, offenbar also bisher ohne Ergebnis.

Ob Wilhelm oder Kreisel: Käufer und Investoren zu finden, ist in diesen Zeiten keine leichte Aufgabe. Der ehemalige Stadtentwick­lungssenator Andreas Geisel (SPD) hatte im September letzten Jahres angekün­digt, einen Ankauf des "The Wilhelm" durch das Land Berlin prü­fen zu wollen. Eine echte Chance also von der Vorkaufsrechtsverord­nung Gebrauch zu machen, um das Grundstück zurückzuholen und Sozial­wohnungen zu bauen.

Für die jetzige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, heißt es auf Anfrage, sei das derzeit kein Thema.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Martin Küper und Efthymis Angeloudis

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