Immobilienkrise - Was passiert mit dem Bauprojekt der Adler-Group in der Wilhelmstraße?

Di 14.11.23 | 06:08 Uhr | Von Martin Küper und Efthymis Angeloudis
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Baustelle The Wilhelm - Französische Straße. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau, 12.11.2023, 19:30 Uhr, Martin Küper | Bild: rbb

In der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte wollte die Adler Group Luxuswohnungen bauen. Doch auf der Baustelle passiert schon seit Jahren nichts mehr. Wäre da nicht letzten Monat ein einziger Bagger aufgetaucht. Geht es jetzt los? Von Martin Küper und Efthymis Angeloudis

Da, wo einst Plattenbauten weichen mussten, um für begehrte Luxuswohnungen Platz zu machen, tut sich seit drei Jahren nichts. Die Baugrube in bester Lage an der Wilhelmstraße Ecke Französische Straße ruht seit drei Jahren ebenso still wie tief, aber an einem Montag Mitte Oktober rollte plötzlich ein Bagger über das Gelände: Die Grube solle ein Fundament bekommen, so die vor Ort tätige Baufirma.

"The Wilhelm" heißt das Projekt im besten Real-Estate-Denglisch, der ursprüngliche Plan war der Bau von 160 Luxuswohnungen mit Tiefgaragen - und natürlich sollten sie längst fertig sein. Bis 2017 standen hier Plattenbauten aus den letzten DDR-Jahren, das Grundstück wurde verkauft, die Mieter abgefunden, dann Abriss und Baugrube. Nach Stillstand und einem Besitzerwechsel landete das Projekt bei der Adler-Tochter Consus, deren Geschäftszweck Immobilienentwicklung lautet. Die kriselnde Immobilienmutter Adler Group musste im ersten Halbjahr einen deutlichen Ergebnisrückgang verzeichnen.

Überraschende Ankündigung auf der Hauptversammlung

Offizieller Baubeginn war am 15. Oktober 2018. Doch seitdem hatte auch der Senat keine Hinweise auf Bautätigkeiten - bis zu diesem einen Bagger Mitte Oktober. Ob das nun der Startschuss für das Projekt sein soll, steht offen, denn auch bei anderen Bauprojekten scheint sich nicht viel zu tun.

Bekannter vielleicht als das Wilhelm-Projekt ist die ewige Kreisel-Baustelle in Steglitz. Auch hier hat Consus immer mal wieder ein wenig gewerkelt in den letzten Jahren, ist aber nicht sichtbar vorangekommen. Der Fertigstellungstermin wurde stattdessen von Jahr zu Jahr verschoben.

Auf der jüngsten Consus-Hauptversammlung kam es aber nicht mal dazu. Stattdessen gab es eine überraschende Ankündigung, wie Andre Gaufer, Käufer einer Kreisel-Wohnung, berichtet. "Der Vorstand der Consus hat zum Steglitzer Kreisel mitgeteilt, dass sie also die Fertigstellung des gesamten Objektes in die Händer Dritter geben wollen und deshalb ein Beratungsunternehmen beauftragt haben mit der Suche nach entsprechenden Investoren."

Gaufer hatte erfolgreich gegen die Adler-Group geklagt, nachdem das Unternehmen von einem gültigen Kaufvertrag zurücktreten wollte. Gaufer hält über seine Firma Anteile an Consus und konnte daher an der Hauptversammlung teilnehmen. Zu möglichen Kauf- oder Kooperations-Interessenten wurde dort aber nichts gesagt.

Ehemaliger Partner übernimmt Pankower Quartier

Immerhin hat es bei einem dritten Berliner Consus-Projekt mit dem Verkauf geklappt: Die Anteile an dem Entwicklungsprojekte Staytion - Forum Pankow wurden an den Partner Kondor Wessels veräußert und gehören nicht mehr zu 25, sondern seit Mai zu 100 Prozent dem nun ehemaligen Partner. Der macht alleine weiter, Baustart möglichst schon im nächsten Jahr, wie der Geschäftsführer von Kondor Wessels, Marcus Becker, dem rbb bestätigt. "Wir bauen da in erster Linie Wohnungen, die die Stadt dringend braucht, wir sind sehr stolz darauf, dass eine öffentliche Wohnungsgesellschaft ca. 40 Prozent der Wohnungen übernimmt. Stadt und Land wird dort über 200 Wohnungen kaufen und damit auch einen guten Beitrag für günstige Mieten in Berlin, in Pankow geben."

Beim Ex-Partner Consus ging es um Wohnungen, aber um Eigentum und die Probleme könnten genau damit zusammenhängen, wie Becker erklärt. "Der Eigentumswohnungsmarkt findet im Augenblick quasi nicht statt. Weil die Zinsen im Moment einfach so hoch sind und gleichzeitig natürlich auch die Baukosten gestiegen sind. Da muss sich der Markt erstmal wieder zusammenrütteln und dann werden wir auch wieder Eigentumswohnungen bauen."

Vorkaufsrechtsverord­nung kein Thema für Senat

Doch wann sich der Eigentumswohnungsmarkt erholt, ist schwer zu sagen, und auch für die Wilhelmstraße scheint es trotz Baggerei noch keinen Fertigstellungstermin zu geben. Letzte Woche wurde zumindest die versprochene Betonplatte teilweise schon fertig. "Auf der Baustelle werden die projektrelevanten Arbeiten von Consus ausgeführt", erklärt die Adler-Group. Mehr wollte das Immobilien-Unternehmen nicht dazu sagen.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Bauaktivitäten vor allem dazu dienen, die Baugenehmigung nicht durch Stillstand zu gefährden. Dabei will Consus auch das Wilhelm verkaufen, hieß es bereits im letzten Jahr, offenbar also bisher ohne Ergebnis.

Ob Wilhelm oder Kreisel: Käufer und Investoren zu finden, ist in diesen Zeiten keine leichte Aufgabe. Der ehemalige Stadtentwick­lungssenator Andreas Geisel (SPD) hatte im September letzten Jahres angekün­digt, einen Ankauf des "The Wilhelm" durch das Land Berlin prü­fen zu wollen. Eine echte Chance also von der Vorkaufsrechtsverord­nung Gebrauch zu machen, um das Grundstück zurückzuholen und Sozial­wohnungen zu bauen.

Für die jetzige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, heißt es auf Anfrage, sei das derzeit kein Thema.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Martin Küper und Efthymis Angeloudis

28 Kommentare

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  1. 28.

    dann wäre es ja eigentlch vielleicht unproblematischer und effizienter gewesen, wenn man die vorhandenen Platten damals nicht abgerissen, sondern einfach nur richtig saniert hätte. Aber das ist natürlich dann nix für den luxus-verwöhnten Neu-Berliner ImmoInvestor

  2. 27.

    Protzen und prahlen macht Menschen so sympathisch.
    Und wenn es dann noch so glaubhaft rüberkommt.....

  3. 26.

    Hoffentlich dauert die Fertigstellung noch bis 2027 mein Festgeld zum Barkauf ist aktuell zu 4,5 % angelegt.

  4. 24.

    Dafür ist die Lage viel zu gut. Wir können Berlin doch nicht immer verschenken. Im Vergleich zu Paris sind wir in Berlin immer noch viel zu billig im Zentrum.

  5. 22.

    Ggf. wurde das einmalige u. offenbar sehr öffentlichkeitswirksame Rollen des Baggers als "rechtssichernde Aktivität in Grundstücksfragen" bezeichnet. Das befände sich im Verein mit verbalen Kunstgriffen wie "Störfreimachung" (Sperrung der Bahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin via Berlin-Zoo für den täglichen Nah- und Pendlerverkehr und Verbleib eines winzigen Nadelöhrs), "Kollateralschäden" (Zerstörungen und Tötungen, die im gesetzten Vergleich zum Hauptziel als vernachlässigbar definiert werden) und vieles andere mehr.

    Auch sollte bei allen Angaben immer darauf geachtet werden, ob es sich um eine substanzielle Aussage, die auf einen Wahrheitsgehalt abgeprüft werden kann oder um eine werbliche Aussage handelt, die mit inhaltl. Substanz nichts zu tun hat.

    Auch so etwas schafft berechtigten Verdruss.

    Der Vorwurf irgendeiner Lüge trifft nicht nur denj., der zw. Wahrhaftigkeit u. bewusst eingesetzter Lüge unterscheidet und diese "Koordinate" so akzeptiert. ;-

  6. 21.

    Enteignen und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften überlassen, um dort bezahlbare Wohnungen zu bauen.

  7. 20.

    Man sollte die Adler Group für ihr unglaubliche Misswirtschaft enteignen. Wer bei denen eine Wohnung kauft sieht sein Geld nicht mehr...

  8. 19.

    Wollte man bei dem (Russen-) Projekt am Alexa mit dem Bauherren nicht, sorry, kurzen Prozess machen wegen fehlender Bautätigkeit trotz der bekannte Probleme im Bausektor?
    Und bei der Adler-Group (Offizieller Baubeginn war am 15. Oktober 2018) ?, wird wohl eher nicht so genau hingeschaut, oder?
    "seit drei Jahren nichts" - da hätte es schon längst die Entziehung der "Baugenehmigung wegen/durch Stillstand" greifen müssen

  9. 18.

    Es geht nicht um verschenken. Aber tatsächlich ist zu hinterfragen weshalb knappe Fläche für wenige Luxuswohnungen verbaut werden.

  10. 17.

    Mich beschleicht eher das Gefühl, das Consus Real Estate AG und Konsorten die möglicherweise gegebenen Werbeversprechen ggü. den Anteilseignern nicht so wirklich auf die Kette bekommen und nun die gestiegenen Zinsen vorschieben um sich mit einem schlanken Fuß aus der Affäre zu ziehen. Der Zins der EZB liegt noch unter dem Stand von 2000 - und was sind 20 Jahre, ok, für jemanden der vll. auf schnelle Gewinne zockt eine Unendlichkeit.

  11. 16.

    Diese Links grünen sozial Träumer sind schon ein witziges Phänomen."
    Was Sie hier versuchen abzuqualifizieren sind diejenigen, die Politik für die 90 % machen.
    Das Geschrei der oberen 10 % und insbesondere derjenigen, die meinen, sie könnten ja irgendwann selbst dazugehören, tut halt so, als ob sie die Mehrheit wären.

  12. 15.

    Günstige Mietwohnungen werden gebraucht, aber keiner wird sie bauen, ja wer soll sie denn auch bauen?
    Das Bauen ist halt sehr teuer geworden, und ganz egal wer da baut, den die Kosten müssen ja irgendwie wieder reinkommen.

  13. 14.

    Eigentlich ist Ihnen voll zuzustimmen.
    Aber die Krise ist groß u. Berlin ist eine fleißige Stadt im sog. Abriss von eigentlich noch bewohnbaren Wohnungsbauten. Die Not ist so groß, dass man nun offenbar nicht mal mehr im Luxussegment Gelder ausgeben will. K.w. Was wollen ausländische Immobiliengroups in der dt. Hauptstadt? Na, klar, den deutschen Behörden zu zeigen, wie man sie am Nasenring durch die Arena führen kann. Das ist Vertreibung des normalen Durchschnittsbürgers aus der Stadt. Das hat es nicht einmal in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg gegeben. Sondern da wurden zahlreiche Genossenschaftsformen gegründet u. so eine Art Werks- und Volkswohnsiedlungen gebaut, die man heute als Baudenkmal-Quartiere bewundern kann. Meine Vorfahren konnten sich durch Fleiß sogar eine 2-Zi-Wohnung leisten, die zunächst mit 2 Kindern, dann mit 3 bewohnt wurde. Es war sehr eng, aber immerhin! Die Berliner blieben in Berlin! Das versucht mal heute...

  14. 13.

    .......möchte ich den Namen "Adler Group" nicht mehr irgendwo lesen oder hören? Haben die nicht schon genug Unheil angerichtet?

  15. 12.

    Einfach mal daran gedacht, dass Wohnen ein Menschenrecht sein sollte? Aber es ist nur Spekulation und Geldgier. Und nicht alle Menschen können Luxuxwohnungen kaufen.
    Aber Menschen wie sie, haben kein Problem auf dem Rücken anderer Menschen den eigenen kleinen Luxus zu erhaschen. Ich hoffe, sie kommen mal in die Situation eine bezahlbare Wohnung zu suchen,
    Solchen Bauprojekten sollten Fristen gesetzt werden und bei Nichteinhaltung enteignet werden.

  16. 11.

    "Das Luxussegment ist nicht "begehrt".

    Selbstverständlich ist dieses Segment begehrt. Oder wurden in der letzten Dekade Sozialwohnungen hochgestampft? Du hast viel Meinung aber wenig Ahnung.

  17. 10.

    Man sollte hier ein Hochhaus mit Wohnungen neu einplanen. Dann könnten hier locker 100 Wohnungen in bester Lage entstehen.

  18. 9.

    Also wir merken davon nichts, dass wir "billiger bauen" könnten. Es grenzt schon an einen Realitätsverlust, wenn der Kanzler sagt, dass die Bundesregierung mit Vereinbarungen etwa zum seriellen Bauen, dem Bürokratieabbau und besseren Abschreibungsmöglichkeiten bereits viele Anreize für billigeres Bauen gesetzt habe. Es ist eine ganz einfache Mischkalkulation, wenn es einen hohen Anteil billiger Wohnungen für 7-7,50 EUR pro qm geben soll, dann muss die Miete der anderen Wohnungen 18-21 Euro pro betragen, damit die Rechnung aufgeht. Das mittlere Preissegment bleibt da auf der Strecke, besser wäre ein 1/3 (unteres Preissegment):1/3(mittleres Preissegment):1/3 (oberes Preissegment)als Mix bundesweit.

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