Betriebspanel 2022 - Mehrheit der Kündigungen in Berlin kommt vom Arbeitnehmer

Mi 13.12.23 | 19:10 Uhr
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Symbolbild:Ein Tischler schleift in der Werkstatt der gegusch Tischlerei in Berlin den vorgeschliffenen Lack einer furnierten Tischplatte mit einer Handschleifmaschine nach.(Quelle:picture alliance/dpa Themendienst/A.Warnecke)
Bild: picture alliance/dpa Themendienst/A.Warnecke

Beim Betriebspanel werden jährlich Berliner Betriebe und Beschäftigte nach ihrer Lage befragt. Das aktuelle zeigt, dass Arbeitnehmer mutiger werden, zu kündigen. Mit stark wachsender Tendenz.

Berliner Beschäftigte fühlen sich offensichtlich zunehmend ermutigt, ihre Stelle zu kündigen und sich etwas Neues zu suchen. Mehr als jeder zweite Personalabgang (54 Prozent) in der Berliner Wirtschaft geht auf die Kündigung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin zurück, wie aus dem aktuellen Berliner Betriebspanel hervorgeht, das die Senatsverwaltung für Arbeit am Mittwoch in Berlin vorgestellt hat. Das waren zehn Prozentpunkte mehr als noch im Jahr zuvor. Die repräsentative jährliche Arbeitgeberbefragung wurde zwischen Juli und November 2022 durchgeführt.

Hauptgrund für die Tendenz, dass zunehmend Beschäftigte kündigen, ist nach Expertenmeinung der Fach- und Arbeitskräftemangel. Vom Arbeitgeber wurde lediglich jedes vierte Beschäftigungsverhältnis beendet. Der Rest sind beispielsweise Abgänge in die Rente. Seit 2010 hat sich der Anteil der Arbeitnehmerkündigungen an allen Personalabgängen damit mehr als verdoppelt.

Nur 17 Prozent der Betriebe bilden aus

"Wir haben aufgrund der hohen Nachfrage nach Fachkräften einen klaren Arbeitnehmer:innenmarkt", sagte Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) bei der Vorstellung des Panels. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssten sich an diese Situation anpassen, um als Betriebe für Beschäftigte attraktiv zu bleiben, bestehende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu halten und neue zu gewinnen.

Insbesondere bei der Ausbildung ist aus Senatssicht für Berliner Unternehmen noch viel zu tun. Lediglich 17 Prozent der Hauptstadtbetriebe bilden der Umfrage zufolge aus. Bundesweit sind es hingegen fast 30 Prozent. Anderen Untersuchungen der Senatsverwaltung zufolge liegt der Anteil der ausbildenden Unternehmen in der Hauptstadt sogar noch niedriger. Demnach bildet nicht einmal jeder zweite Betrieb mit Ausbildungsberechtigung aus.

Hälfte der Betriebe vom Ukraine-Krieg betroffen

Zudem wurde in dem Betriebspanel ermittelt, dass knapp die Hälfte der Berliner Betriebe im vergangenen Jahr von den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine betroffen war. Insgesamt waren demnach 47 Prozent der Berliner Betriebe wirtschaftlich vom Krieg in der Ukraine betroffen - vor allem durch die gestiegenen Kosten für Energie und Treibstoffe sowie für Rohstoffe.

Dagegen wirkten sich die Job-Anfragen von Geflüchteten aus der Ukraine positiv auf die Situation der Betriebe aus. Sie gingen laut der Befragung in rund jedem zehnten Berliner Betrieb ein; in etwa einem Drittel davon führten sie auch zu einer Beschäftigung.

Die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt sei angesichts des Fachkräftemangels wünschenswert, sagte Arbeitssenatorin Kiziltepe. Das Land Berlin unterstütze deshalb Geflüchtete mit gezielten Angeboten dabei, ihre Qualifikationen und Kenntnisse auf dem Berliner Arbeitsmarkt einzubringen und sich bei Bedarf weiter zu qualifizieren.

Sendung: rbb24, 13.12.2023, 16 Uhr

37 Kommentare

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  1. 37.

    Kann ich nachvollziehen, habe auch gerade gewechselt und würde es sofort wieder tun, wenn die Mischung von Arbeitsklima, Arbeitsaufgaben, Arbeitsbedingungen und Bezahlung nicht passen.

  2. 36.

    Sie müssen richtig rechnen!
    Beispiel Alleinerzieher mit 2 Kindern:
    Bürgergeld 1.462 € + 600 € Wohngeld = 2.062€
    nach der Erhöhung dann 2.237 €
    Ukrainer haben keine Begrenzung beim Wohngeld --> kann also mehr werden
    Weiterhin folgen Leistungen für Kinderbetreuung, Klassenfahrten, ...
    Vergünstigungen bei Eintritten usw.
    Was ein Arbeitnehmer da verdienen muß, damit er nicht nur 1€ /Stunde mehr bekommt können Sie ja mal nachrechnen.

  3. 35.

    Aha. Und die passenden Arbeitsplätze mit Perspektive gibts dann dazu? Oder zwingen Sie dann Menschen für irgendein Niedriglohnjöbbchen, den die Gemeinschaft den Unternehmen kofinanziert (Wohngeld usw.), ihre Familie zu verlassen und sonstwo auf Abruf zu "jobben", für wie lange, auf unbestimmte Zeit? So richtig menschenwürdig? Ansonsten was, Zwangsräumungen? Dieses Dtl. in 5 Jahren sähe politisch dann nochmals ganz anders aus.

  4. 34.

    Auch wenn der Kd. ALG I bekäme (nach der Sperrzeit in dem Fall) springen wir doch trotzdem ein und zahlen auch während der Sperrzeit. Wenn wir Glück haben, können wir noch sanktionieren, wenn nicht wird Kostenersatz geprüft. So oder so, keine/r hungert und die Steuerzahler dürfen zahlen...

  5. 33.

    Und vielleicht auch das immer kleiner werdende Lohnabstandsgefälle zum Bürgergeld, wenn jetzt 12% mehr Transferleistungen kommen, kann man damit doch schon eine Zeit ganz gut überbrücken. Ein gerechter Staat kann nicht diejenigen, die arbeiten können, auf die gleiche Ebene stellen wie diejenigen, die es nicht können. Wir sollten hier dem Vorbild Italiens in Zeiten von Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel folgen: Ab nächstem Jahr sollen nur noch Haushalte mit Menschen über 60 oder mit Behinderungen sowie solche mit minderjährigen Kindern eine sogenannte "Eingliederungsbeihilfe" von maximal 500 Euro monatlich erhalten. Alle anderen gelten als "arbeitsfähig". Ich denke, dass sich dann einige wieder zur Arbeitsaufnahme bereit sehen werden.

  6. 32.

    Es sind tolle Zeiten für Arbeitnehmer:innen, das erkennt man auch am lautstarken Gejammer der Arbeitgeberlobby.
    Jetzt müssen sich Unternehmen und Vorgesetzte mal was einfallen lassen, um gutes Personal zu halten.
    Herumgebosse wird nicht mehr akzeptiert, gut so, die dämlichen alten Zeiten sind zum Glück vorbei.
    Jetzt müssen die Herren in den Chefetagen nur noch von ihrer Subventionssucht und Innovationsfeindlichkeit kuriert werden, dann könnte es bergauf gehen mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland.
    Aber mit der alte weißer Macker Schiene sehe ich da schwarz...

  7. 31.

    Besonders asozial, wenn das Lehrendenkollegium mit "Springern" aufgestockt wird, die jedes Jahr nur für das Schuljahr angestellt werden und nie auf die Ansprüche kommen, also immer mit BG über den Sommer kommen müssen, also von allen bezahlt statt ordentlich entlohnt. DAS ist eine Sauerei, die Schelte bekommen aber die BG-Bezieher, wovon sollen sie denn bitte sonst die Mieten zahlen?

    "Lohnendes" BG – arm ist arm. BG heißt, nie an der Gesellschaft wirklich teilzunehmen, siehe Ausrichten von Festen, Geschenke zu Geburtstagen anderer – man wird nicht mehr eingeladen. Es bilden sich Paralleluniversen, auf die dann mit Häme und Boshaftigkeit geblickt wird.
    Was sich nicht "lohnt: Mindestlohn. Der ist ein Schlag ins Gesicht und wäre unnötig. Der Paritätische hat das Minimum berechnet, aber davon ist er weit entfernt. Was bleibt? Unterbezahlte Lohnarbeit mit stets befristeten Verträgen, nie Sicherheit und Freude.

  8. 30.

    Single, keine Kinder, LSK1 ist jedoch der überwiegende Teil der Arbeitnehmer in D. Wenn dieser Single das so durchzieht, stimmt das schon von Erwin.

  9. 29.

    Ja, ich meinte den sog. Regelsatz. Von dem ist auch Strom voll zu zahlen. Und ALLES außer Wohnung.
    Wohnen ist hier als Grundrecht bereits durchgeklagt und bestimmt worden, daher "angemessene"/zugemessene Mietkosten incl. "angemessene"/zugemessene Heizkosten im unteren Wohnsegment.

    Klingt, als wäre Sie so etwas wie neidisch (?) auf Hartz5. Das zerstört eine Gesellschaft. Wie es ist, ohne so etwas zu haben, sehen Sie in anderen Systemen (Slums etc.). Das wollen Sie nicht. In GB aktuell ein Teil der "normalen" Bürgerschaft in ABSOLUTE Armut gerutscht, weil es so etwas dort nicht gibt. Schlagen Sie die Bedeutung mal nach. Das ist GIFT für eine Gesellschaft.
    Gift in Dtl. sind die hohen Mieten, Wohnen als Spekulationsobjekt. Da könnten Sie sich gern entrüsten.

  10. 28.

    Was gehört zu einer gesunden Gesellschaft? Etwa ausschließlich die Wirtschaft, die globale?

  11. 27.

    Das stimmt nur bedingt.

    Hat sich der Arbeitnehmer nicht genügend Ansprüche erarbeitet, erhält er von der Agentur eine sog. Negativbescheinigung und spricht direkt bei uns im Jobcenter vor.

    Außerdem haben wir derzeit eine erhebliche Anzahl an Arbeitnehmer*innen die ihre Arbeitsstunden reduziert haben und somit als Aufstocker direkt Bürgergeldberechtigt sind. Das hört mein oberster Dienstherr nicht so gerne, ist aber eine Tatsache. Bitte machen Sie nicht den Fehler, Ihre Gedankengänge lediglich auf den Regelbedarf des Bürgergeldes abzustellen. Die Bezieher erhalten die Miete, wir übernehmen die BK/HK Abrechnungen, 9.- Ticket, GEZ Befreiung, etc. Sind Kinder in der BG sieht es noch besser aus. 195.- Schulbedarf pro Kind, alle Klassen-, Kurs- und Projektfahrten werden übernommen, etc.

    Rechnet man ALLE Vorteile des Bürgergeldes mit ein, kann es sich durchaus lohnen.

  12. 26.

    … zuzüglich Miete und Nebenkosten! Das muss dazugerechnet werden, denn ein Arbeitnehmer zahlt das von seinem Gehalt!!!!

  13. 25.

    Weil wir eine Gemeinschaft sind bzw. sein sollten. Diese funktioniert langfristig nur, wenn alle Generationen mitmachen. Andernfalls wäre es nur fair, wenn die "Couchjugend" keine Unterstützung erhielte und damit klar käme.

  14. 24.

    Interessant was hier für Märchen über das Bürgergeld gesponnen werden. Wenn jemand kündigt, gibt es Arbeitslosengeld (60% vom vorherigen Entgelt), nach einer dreimonatigen Speerfrist (in der gar nicht gezahlt wird). Erst ein Jahr später gibt es die Möglichkeit Bürgergeld zu beantragen. Nach Adam Riese macht das im ersten Jahr (inklusive 3 monatigen Sperrfrist) einen 50 prozentigen Verlust des Jahresentgeltes. Wenn jemand kündigt, dabei in kauf nimmt ein Jahr mit halb so viel Geld klar zu kommen, dann ist definitiv nicht das Bürgergeld, sondern die Situation seines bisherigen Arbeitsverhältnisses daran Schuld.

  15. 23.

    Probieren Sie's doch mal 9 Monate, mit 450€ auszukommen, für Urlaub, Erholung, Geburtstagsgeschenke, Kultur, Café, Bildung … ach so, brauchen "die" ja nicht, wo kämen wir da hin?

    Na dann, für Strom, Versicherungen (alle!), Internet, Telefon, Nahrung, Getränke, Wohnungsausstattung, Reparatur, Ansparen (ja!), Kleidung, Schuhe, Rezept-Zuzahlungen, Blasenschwäche-Einlagen, pipapo.
    Wetten, nach 3 Monaten haben Sie schon keine Lust mehr? Dann ist nämlich NIX mit ner Flasche Wein, der Lieblingssüßigkeit, dem Paar Schuhe, das so anlacht, Kino, Konzert, Weihnachtsmarkt … nein.

  16. 22.

    Tja, da stimmt wohl was nicht: Nicht jeder Arbeitgeber ist Willens oder in der Lage höhere Löhne zu zahlen … also Kündigung, ist nur fair.

    nicht willens – wer zu spät kommt …
    nicht in der Lage – Geschäft funktioniert nicht, nur warum, Fehler im System? Geiz bleibt aber geil!

  17. 21.

    Dann stellen Sie jedem Bürger ein Stück Land zur Selbstversorgung zur Verfügung. Mit Tinyhouse statt Miete.

  18. 20.

    Hach hack hack auf pflegende Angehörige und Alleinerziehende ohne Kitaplatz trotz "Garantie" und und und. Das ExMin ist nur das Exmin und grundgesetzlich bestimmt, keine Regierung kann darunter kürzen, höchstens als Wahlkampf-Posaunerei.

    Die Erhöhung ab Jan. ist nicht willkürlich, sondern gesetzlich festgelegt. Anders die Bundestaglerbezüge, die werden auch mal mit Sonder-… aufgestockt. Tja, falschen Beruf gewählt, oder?

  19. 19.

    Ob die äußeren Umstände (Sch***-Bezahlung knapp überm Mindestlohn) was mit Eigenkündigungen zu tun haben? Möglich. Endlich funktioniert die Marktwirtschaft auch hier.

  20. 18.

    Huuuh, Arbeitnehmer werden "mutiger" zu kündigen.

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