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Video: rbb|24 | 26.10.2023 | Material: Björn Haase-Wendt | Quelle: rbb/Björn Haase-Wendt

Verwechslung der Deutschen Bahn

Bahnhof Wittenberge wirbt versehentlich mit Schlosskirche Wittenberg

Am Bahnhof Wittenberge in der Prignitz prangt ein Bild der Schlosskirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt - schon seit Jahren. Ein Fehler, den die Bahn korrigieren will. Doch die Stadt nimmt es mit Humor und hat selber schon andere Ideen. Von Mark Perdoni

Rund 170 Kilometer, eine Bundesländergrenze sowie jede Menge Elbe-Wasser liegen zwischen Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs und Wittenberg im Osten Sachsen-Anhalts. Und trotzdem trennt die bevölkerungsreichste Stadt in der Prignitz und die Lutherstadt sprachlich nur ein kleines "E" im Namen. Dieser kleine, aber feine Unterschied führte auch bei der Deutschen Bahn zu einer Verwechslung, über die die "MAZ" [Bezahlinhalt] zuerst berichtete.

Denn als der Bahnhof Wittenberge (in der Prignitz) im Auftrag der Bahn Ende 2020 neu gestaltet wurde, bemalte ein Künstler die Wand des Fußgängertunnels mit mehreren Sehenswürdigkeiten der Stadt: Rathaus, Alte Ölmühle - und inmitten die Schlosskirche Wittenberg (in Sachsen-Anhalt). Also jene berühmte Kirche, an deren Tür Martin Luther im Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen und damit die Reformation in Gang gebracht haben soll.

Eigentlich unverwechselbar: Der Turm der Schlosskirche Wittenberg, auch in Wittenberge zu sehen. | Quelle: dpa/Peter Gercke

Deutsche Bahn räumt Fehler ein

Die Schlosskirche bleibt also drei Jahre lang unkommentiert so stehen - obwohl der Bahnhof Wittenberge als Halt auf der vielbefahrenen Strecke zwischen Berlin und Hamburg nach Angaben der Bahn täglich von rund 3.700 Fahrgästen genutzt wird.

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Beschwerden von Reisenden oder Anwohnern habe es keine gegeben, sagt Wittenberges Stadtsprecher Martin Ferch im Gespräch mit rbb|24. "Das fällt ja auch nicht direkt auf", so Ferch. Die Stadt habe allerdings bereits nach der Umgestaltung vor drei Jahren Kontakt mit der Deutschen Bahn aufgenommen und auf die falsche Darstellung hingewiesen. Ein Hinweis, der bei der Bahn bis heute offenbar unbeachtet geblieben ist, denn die Schlosskirche Wittenberg ziert noch immer den Tunnel im Bahnhof Wittenberge.

Die Bahn räumt die Verwechslung auf rbb|24-Nachfrage am Mittwoch ein. Die Fußgängerunterführung sei im Dezember 2020 neu gestaltet worden. "Dabei wurde versehentlich ein falsches Motiv aufgebracht. Es wird Kontakt mit dem Künstler aufgenommen und abgestimmt, wie der Fehler schnell behoben werden kann", teilt ein Sprecher mit.

Wittenberge und Wittenberg für Erhalt des Motivs

Doch das ist in den Augen von Wittenberges Stadtsprecher Ferch gar nicht nötig. "Wir sehen das Missverständnis entspannt. Die Verwechslung beider Städte hat ja schon eine gewisse Geschichte und sorgt auch in Wittenberge immer wieder für humorvolle Anekdoten." Und nicht zum ersten Mal ist der Urvater der Reformation Martin Luther involviert: Seit 2017 befinden sich an der Ölmühle die sogenannten 59 Thesen von Wittenberge, die anlässlich der Feierlichkeiten zum 500. Reformationsjubiläum eingeweiht wurden und Touristen zu Prignitzer Ausflugszielen führen.

Die "59 Thesen in Wittenberge" an der Ölmühle in Wittenberge | Quelle: Stadt Wittenberge

Statt die falsch verortete Schlosskirche nun kostspielig und mit großem Arbeitsaufwand zu entfernen, hat die Stadt Wittenberge einen anderen Vorschlag: "Es wäre aus unserer Sicht möglich, die Gestaltung mit einem Augenzwinkern zu kommentieren, z.B. mit einem Hinweisschild, das Besucher auffordert herauszufinden, welches Bauwerk hier nicht hergehört." Zudem würde sich Ferch über eine Stadtansicht von Wittenberge am Bahnhof Wittenberg freuen.

Und was sagt die Lutherstadt dazu? Dort ist man angesichts des versehentlich geklauten Ruhms gar nicht böse. Wie Wittenbergs Stadtsprecherin Karina Austermann dem MDR am Mittwoch sagte, sollte Wittenberge das Wittenberger Wandbild ruhig behalten. Zumal beide Städte 2027 jeweils die Landesgartenschau ausrichten, da könne Wittenberg noch ein wenig Werbung in Wittenberge gebrauchen. Ganz nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Sendung: Antenne Brandenburg, 24.10.2023, 9:20 Uhr

Beitrag von Mark Perdoni

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