Kritik an Grünen -
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat sich gegen autofreie Innenstädte in Deutschland ausgesprochen. Berlin müsse eine "freie Stadt" sein, die sich auf einen innovativen, modernen Weg mache. Dafür müssten die Autos durch Elektromobilität umweltfreundlicher werden. Gleichzeitig sollten so viele Menschen wie möglich dazu bewegt werden, Bahn und Bus zu fahren.
Den Berliner Grünen warf sie Realitätsferne in der Verkehrspolitik vor. "Ich halte diesen Gedanken einer vollkommen autofreien Innenstadt für wirklichkeitsfremd", sagte die mögliche künftige Berliner SPD-Vorsitzende am Freitag in Berlin bei einem Termin im Neuköllner Stadtteil Rudow.
Auf dem SPD-Parteitag am 31. Oktober sollen Giffey und und der SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, zur neuen Doppelspitze des Landesverbands gewählt werden. Am 19. Dezember will die Berliner SPD dann ihren Spitzenkandidaten beziehungsweise ihre Spitzenkandidatin bestimmen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass es auf Giffey hinausläuft.
Grüne wollen keine Autos mit Verbrennungsmotor in der Innenstadt
Die Grünen wollen als Koalitionspartner der SPD in Berlin mittelfristig keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr in der Innenstadt zulassen. Die grüne Verkehrssenatorin Regine Günther kann sich nach eigenen Angaben auch eine Gebühr für die Einfahrt in die Innenstadt nach dem Vorbild von Städten wie London oder Mailand vorstellen.
City-Maut für Giffey nicht vorstellbar
Eine City-Maut, also eine Gebühr für die Innenstadt, sei für die SPD dagegen nicht vorstellbar, sagte Giffey. Viele Menschen seien auf das Auto angewiesen, weil sie ihren Rollstuhl, ihre Kinder, ihre pflegebedürftigen Angehörigen fahren müssten. Ebenso werde der Lieferverkehr gebraucht.
Die Außenbezirke müssten besser angebunden werden, sagte Giffey weiter. Das sei genau so wichtig wie zusätzliche Fahrradwege in der Innenstadt. "Dazu gehört, dass man eben nicht mit ideologischen Scheuklappen den U-Bahn-Bau ausblendet", sagte Giffey an die Adresse der Grünen.
Grüne bezeichnen Giffey als "zukunftsfremd"
Reaktionen der Grünen ließen nicht lange auf sich warten. Auf Giffeys Kritik antwortete der Grünen-Landesvorsitzende Werner Graf bei Twitter: "Wer die Wirklichkeit nicht gestalten will, ist
zukunftsfremd. Herzliche Grüße nach Rudow."
Seine Kollegin Nina Stahr schrieb: "Wann hat die SPD eigentlich aufgehört, an die Zukunft zu glauben?"
Giffey will U-Bahn-Linien verlängern
Die Verlängerung von U-Bahnlinien ist in den nächsten zehn Jahren das verkehrspolitische Ziel Giffeys. Das kündigte sie zusammen mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh an.
Folgende U-Bahnstrecken will Giffey verlängern:
Die U7 von Rudow in Neukölln bis zum neuen Flugfafen in Schönefeld,
die U7 von Rathaus Spandau bis Heerstraße Nord,
die U8 von Wittenau bis Märkisches Viertel,
die U2 von Pankow bis Pankow-Kirche
und die U3 von Krumme Lanke bis Mexikoplatz.
Bund soll sich an Finanzierung beteiligen
Diese Verlängerungen würden für Berlin theoretisch insgesamt rund eine Milliarde Euro kosten. Dazu kämen rund 600 Millionen Euro für die verlängerte U7-Strecke in Brandenburg. Giffey und Saleh setzen fest darauf, dass der Bund mindestens 75 Prozent der Kosten aus mehreren Investitionstöpfen bezahlt. Giffey und Saleh wollen den Plan innerhalb von zehn Jahren umsetzen.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja sprach sich ebenfalls gegen eine City-Maut und eine autofreie Stadt aus. "Die SPD muss endlich ihrem Führungsanspruch gerecht werden und dafür sorgen, dass dieser Senat pragmatische und rationale Verkehrspolitik macht, die im Interesse aller Verkehrsteilnehmer ist", sagte Czaja.