Brandenburger Kabinett stellt Entwurf vor - Der Doppelhaushalt mit einer großen Unbekannten

Di 27.09.22 | 20:13 Uhr | Von Andreas B. Hewel
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Archivbild: Die Brandenburger Finanzministerin Katrin Lange (SPD) während einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei. (Quelle: imago-images/Martin Müller)
Video: rbb24 | 27.09.2022 | Bild: imago-images/Martin Müller

Die Ausgaben Brandenburgs werden sich in den kommenden beiden Jahren im Vergleich zu 2022 leicht erhöhen - auf knapp 31 Milliarden Euro. Doch beim jetzt vorgestellten Doppelhaushalt gibt es eine besondere Unwägbarkeit: die Energiekrise. Von Andreas B. Hewel

In normalen Zeiten hätte sich Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) richtig freuen können. Die Steuereinnahmen im kommenden Jahr, so die Prognose, werden wieder deutlich steigen. 10,49 Milliarden Euro sind anvisiert, ein Plus von über 800 Millionen Euro im Vergleich zu diesem Jahr. Und im Jahr 2024 sollen nochmal zusätzlich über 400 Millionen Euro dazukommen. Ein schönes Plus in der Haushaltskasse des Landes ist das.

Für den Doppelhaushalt 2023/24 wird es dennoch nicht reichen. Es sind eben keine normalen Zeiten. Corona und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine werfen die Haushaltsplanungen durcheinander. Die Mehreinnahmen relativiert die Finanzministerin. "Das ist wesentlich auf einen inflationären Effekt zurückzuführen", erklärt Katrin Lange am Dienstag. "Das ist jetzt weniger günstig und führt keineswegs zu größerer finanzieller Handlungsfähigkeit, sondern eben nur nominell zu mehr Einnahmen. Allerdings hilft uns das natürlich trotzdem beim Haushaltsvollzug."

Gesamtvolumen des Doppelhaushalts steigt nur moderat

Rund 15,4 Mrd. Euro will Brandenburg laut dem Entwurf für den Landeshaushalt im kommenden Jahr ausgeben, 2024 knapp 15,5 Mrd. Euro. Im Vergleich zu diesem Jahr sind das im kommenden Jahr 222 Millionen Euro mehr und in 2024 nochmal knapp 96 Millionen Euro obendrauf. Stetig mehr Geld zwar, aber eben deutlich weniger als die Steuereinnahmen ansteigen. Und der Doppelhaushalt kann trotz der steigenden Einnahmen nur mit einer deutlichen Erhöhung der Nettoneuverschuldung von zusammen 355 Millionen Euro gestemmt werden.

Koalition will Kernvorhaben weiter durchsetzen

Immerhin, so Lange, habe man es geschafft, wichtige Vorhaben der Regierungskoalition weiter voranzubringen. Über 1.200 neue Stellen sollen beispielsweise entstehen. Mit Abstand am meisten werden davon Schulen profitieren. Aber auch das Innenministerium wird einen deutlichen Stellenzuwachs bekommen. Jährlich soll die Polizei um 61 Stellen aufgestockt werden. Das Ziel bleibe, so Innenminister Michael Stübgen, CDU, bis Ende 2024 8.500 Polizistinnen und Polizisten im Land zu haben. So viele, wie seit Jahrzehnten nicht.

Und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) ist froh, dass die Krankenhäuser weiterhin Investitionsmittel von 110 Millionen Euro im Jahr bekommen können. Auch der Pakt für Pflege würde weiter jährlich mit knapp 19 Millionen Euro unterstützt werden.

Auf ein anderes Kernvorhaben der Koalition weist Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): "Die Elternbeitragsfreiheit wird am 01.08.2024 für den gesamten Kindergartenbereich dann Realität sein. Das hatten wir uns vorgenommen für diese Legislaturperiode. Das wird mit diesem Doppelhaushalt umgesetzt." Allerdings erst wenige Wochen vor der nächsten Landtagswahl.

Explodierende Energiepreise bleiben großes Risiko

Bleibt die große Unbekannte: Wie entwickeln sich die Energiepreise und wie können die Auswirkungen auf die Menschen im Land und auf die Unternehmen abgedämpft und erträglich gemacht werden? Woidke fordert hier vom Bund, die haushaltswirtschaftliche Notlage zu erklären. Nur so könne im Land die Schuldenbremse, die auch in der Landesverfassung vorgegeben ist, ausgesetzt werden. Das wiederum sei für die Finanzierung des Entlastungspakets Nummer drei, das im Bund gerade diskutiert wird, dringend notwendig. Denn die Länder müssten davon den Löwenanteil tragen.

Allein für Brandenburg würde das aktuelle Entlastungspaket Mehrkosten in Höhe von rund einer Milliarde Euro bedeuten. Ohne höhere Neuverschuldung wird dies nicht möglich sein. Es gehe um elementare Hilfen. "Wie können wir dafür sorgen, dass wir keine energiepreisbedingten Strukturbrüche im Land bekommen? Das ist jetzt die Frage, die für die kommenden Monate besteht. Wie können wir die Wirtschaftsstruktur durch die nächsten schweren Monate bringen?", fragt Woidke. Der Ministerpräsident jedenfalls drängt zur Eile. Spätestens in der kommenden Woche müsse es Entscheidungen der Länder mit dem Bund geben.

Fahren auf Sicht mit dem Doppelhaushalt

Mit dem Entwurf für den Doppelhaushalt jetzt will sich die Koalition aus SPD, CDU und Grünen den Gestaltungsanspruch nicht nehmen lassen. Und man hofft, die Unwägbarkeiten mit einer Rücklage von fast 800 Millionen Euro und einer möglichen höheren Schuldenaufnahme auffangen zu können. "Wir werden in der Novembersteuerschätzung sehen, wie es weitergeht", sagt Finanzministerin Lange trocken. "Wir werden wahrscheinlich in eine Rezession rutschen, die Inflation wird steigen. Und von daher sind die Annahmen, die wir jetzt getroffen haben, das Sicherste, was wir haben. Und alles andere wird dann die Zukunft zeigen."

Der Entwurf war nicht einfach, räumte Woidke so auch gleich zu Beginn der Vorstellung des Doppelhaushalts ein. Aber das seien Haushalte noch nie gewesen.

Sendung: rbb24, 27.09.2022, 21:45 Uhr

Beitrag von Andreas B. Hewel

10 Kommentare

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  1. 10.

    Die gerechteste Steuer ist und bleibt übrigens die Verbrauchssteuer, weil dann alle prozentual dasselbe zahlen, absolut aber der mit mehr Konsum mehr Beitrag leisten

  2. 9.

    Verstehe, nur warum muss es immer und immer wieder um diese Einkommensgruppe gehen? Zumal Sie Begriffe wie Zufall, Glück gehabt und Anstrengungen zur Chancennutzung, um Gutverdiener in einer Demokratie zu sein, vernachlässigen, einfach so. Wir brauchen die Vieleinzahler um solidarisch helfen zu können... Es würde schon reichen, wenn man den Mittelstandsbauch, einer weit größeren Gruppe als die von Ihnen gemeinte, weglässt. Und es gibt noch mehr Potential, diese Gruppe zu ermutigen mehr zu leisten: Wegfall von Doppelbesteuerungen und ungerechtfertigter Grundsteuer. Die berühmten "Brötchenpreise nach Einkommen" führen zu weniger Vieleinzahler, weil es sich nicht lohnt...

  3. 8.

    Herr Wossi es ist nicht umgekehrt während der Inflation. Da immer mehr Geld in Umlauf gebracht wird sinkt dessen Wert ständig. Wenn dann der gedeckelter Steuerbetrag und der Armutsgrenzenbetrag gleich sind, dann sind Geringverdiener und Superreiche steuermäßig gleichgestellt. Jeder muss 50 % seines Einkommens an den Staat abtreten. Dem Reichen kümmert das wenig, weil seine Einkünfte wahrscheinlich exponentiell zugenommen haben. Die Person mit Armutsgrenzeneinkommen wird durch den gestiegenen Steuerabzug doppelt arm. Diese Person darf wahrscheinlich nur noch halb so lange dahinkümmern. Für länger reicht es halt nicht mehr.

  4. 7.

    Herr Wossi es ist nicht umgekehrt während der Inflation. Da immer mehr Geld in Umlauf gebracht wird sinkt dessen Wert ständig. Wenn dann der gedeckelter Steuerbetrag und der Armutsgrenzenbetrag gleich sind, dann sind Geringverdiener und Superreiche steuermäßig gleichgestellt. Jeder muss 50 % seines Einkommens an den Staat abtreten. Dem Reichen kümmert das wenig, weil seine Einkünfte wahrscheinlich exponentiell zugenommen haben. Die Person mit Armutsgrenzeneinkommen wird durch den gestiegenen Steuerabzug doppelt arm. Diese Person darf wahrscheinlich nur noch halb so lange dahinkümmern. Für länger reicht es halt nicht mehr.

  5. 6.

    "Da unser Steuersystem progressiv gestaffelt und ab einer gewissen Höhe der Einkommenssteigerung gedeckelt ist, werden untere Einkommen steuermäßig stärker belastet."
    Ist es nicht andersrum richtig? Steuerprogression sorgt dafür, dass... stärkere Schultern mehr tragen. Und Anstrengungen abwürgen kann niemand wollen.

    P.S. Wer gibt mehr um umzuverteilen? Allerdings stimmt auch, dass Kapital flüchtig ist, wenn man beim Wegnehmen übertreibt. Die Schmerzgrenze ist bei über 50%?

  6. 5.

    Was verschwiegen wird: Die Bundesmittel, die weitergereicht werden... Milliarden... und trotzdem keine Verbesserungen in wesentlichen Rankings. Nirgends.... Da kann man schon verstehen wenn die Geber die Geduld verlieren. Das das dann immer noch nicht reicht und immer wieder neue Schulden gemacht werden ist einer ganz bestimmten inneren ideologischen Haltung geschuldet, die nicht schafft aber ein "komisches" Image pflegt...Wer gebietet dem endlich Einhalt?

  7. 4.

    In normalen Zeiten hätte sich Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) richtig freuen können. Die Steuereinnahmen im kommenden Jahr, so die Prognose, werden wieder deutlich steigen.

    Wir haben aber keine normalen Zeiten. Die Inflation entwertet die Steuereinnahmen. Legt man oben genannte Zahlen von 9,69 Mrd. und 10,49 Mrd. Euro zu Grunde, dann steigen die Steuereinnahmen um ca. 8,2 %. Das entspricht in etwa der gegenwärtigen Inflationsrate, d.h der Wert der Steuersumme bleibt etwa gleich. Da unser Steuersystem progressiv gestaffelt und ab einer gewissen Höhe der Einkommenssteigerung gedeckelt ist, werden untere Einkommen steuermäßig stärker belastet. Hinzu kommt, dass Einkommen der arbeitenden Gesellschaft nicht so schnell steigen, wie das Geld entwertet wird, was zur Verarmung der unteren und mittleren Einkommensklassen führt. Besonders hart trifft es die Menschen, die auf Grund eines kollabierenden Wirtschaftssystem aus dem Geldverteilungsprozess entlassen werden.

  8. 3.

    Das hat die finanzministerin auch so gesagt, dass der inflationäre Effekt dabei eine große Rolle spielt. Ohne den würde es wahrscheinlich keine höheren Einnahmen geben.

  9. 2.

    Mehr Bauland für den Neubau von Mehrfamilienhäusern im Berliner Speckgürtel anzubieten könnte die Einnahmensituation weiter spürbar kurz- und mittelfristig verbessern und die Wohnraumnachfrage bedienen. Mehr Grunderwerbsteuer, mehr Grundsteuer und mehr Einkommensteuer - nur mal so eine Idee.

  10. 1.

    Pervers wenn sich Finanzpolitiker über die höheren Steuereinnahmen freuen. Die resultieren aus gestiegenen Preisen. Die Mehrwertsteuer ist dann natürlich auch höher. Bei anderen nennt man das Gewinnmitnahme, beim Staat Mehreinnahme.

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