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Audio: rbb24 Inforadio | 02.09.2022 | Nico Hecht | Quelle: dpa/Soeren Stache

Brandenburger Innenminister in der Kritik

Kaum Rückhalt aus den eigenen Reihen für Stübgen

Michael Stübgen steht unter Druck wegen einer ganzen Liste an Vorwürfen. Im Innenausschuss des Landtages musste sich der Minister mehr als eine Stunde gegen Angriffe der Opposition wehren - ohne Hilfe aus den eigenen Reihen. Von Nico Hecht

"Da ist ein Innenminister unterwegs, der abgehoben ist und die Bodenhaftung verloren hat, um zu erkennen, wie sein Agieren in der Öffentlichkeit wirkt." So beschreibt der Vorsitzende der Fraktion von BVB /Freie Wähler, Peter Vida, wie er den Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) in den vergangenen Wochen erlebt.

Im Innenausschuss des Brandenburger Landtags haben Vida und die Oppositionskollegin und Linken-Abgeordnete Andrea Johlige eine lange Liste mit Fragen an den Innenminister – vor allem zu den Vertragsbedingungen zum geplanten Behördenzentrum am Flughafen BER und zur Entfristung des Arbeitsvertrages seiner Büroleiterin, dem der Personalrat eigentlich widersprochen hatte. Für beides hagelte es schon in den vergangenen Wochen viel Kritik. Auch im Innenausschuss gelingt es Stübgen nicht, sich wieder in ein günstigeres Licht zu setzen. Im Gegenteil.

Flughafen BER

Abschiebezentrum könnte Bund und Land hunderte Millionen Euro Miete kosten

Der Investor des geplanten BER-Abschiebezentrums kann wohl mit hunderten Millionen Euro Miete von Bund und Ländern rechnen. Das geht aus einer Absichtserklärung hervor, die von der Brandenburger Landesregierung nächste Woche unterschrieben werden soll.

Hitzige Debatte ohne klare Antworten

Vida und Johlige fordern Stübgen mehrmals auf Stellung zu nehmen. Aber der Innenminister lässt den Job von seinen Staatssekretären erledigen – bis ihm dann doch der Kragen platzt und er unvermittelt lospoltert: "Das ist doch Unsinn", ruft Stübgen in den Saal. Den Vorwurf der Opposition, die Vertragsentwürfe für das geplante Behördenzentrum würden dem Investor marktunüblich hohe Gewinne bescheren, nennt er "Kindergarten-Ökonomie".

Seine Antworten nach der Qualifikation seiner Büroleiterin für eine unbefristete Beschäftigung im Ministerium verwirren die Ausschussmitglieder eher, als dass sie aufklären. Johlige bescheinigt dem Innenminister daraufhin noch in der Sitzung, sein Verhalten würde in einer Zeit, in der Abgeordnete mit Glaubwürdigkeitszweifeln in der Bevölkerung kämpften, dazu beitragen, Politik weiter zu delegitimieren.

PNN-Bericht

Stübgen soll seiner Büroleiterin Festanstellung verschafft haben

Kaum Rückendeckung aus den eigenen Reihen

Alle Beobachter des Ausschusses erleben dabei außerdem, dass auch bei heftigen Vorwürfen kein einziger Kollege aus der eigenen Partei oder aus der rot-schwarz-grünen Regierungskoalition Stübgen zur Seite springt. Erst am nächsten Tag sagt der CDU- Fraktionsvorsitzende Jan Redmann, er erkenne da eine Kampagne gegen den Innenminister. Aus politischen Gründen werde da ein Strauß an Vorwürfen geflochten. Im Innenausschuss habe Stübgen aber sehr detailliert alle Fragen beantwortet und Vorwürfe entkräften können.

Redmann sagt weiter, er sehe auch nicht, dass die Vorwürfe den Innenminister von seiner Arbeit für das Land Brandenburg ablenken würden. Von den anderen Regierungsparteien will aber auch am Tag danach niemand Stübgen verteidigen. So lehnen SPD und Grüne alle Interview-Anfragen ab. Aus Teilen der Koalition kommt aber der Hinweis, kein Kommentar sei doch auch ein Signal.

Innenminister handlungsunfähig?

Auch bei den Oppositionsparteien äußert man, dass Stübgen kaum mehr Rückhalt findet, weder bei eigenen Parteifreunden noch bei den Regierungskollegen. "Der Minister ist gerade ganz alleine zu Hause", formuliert es Andrea Johlige. Und sie fügt hinzu, das werde so bleiben, so lange Stübgen sich "so verhält, wie er es gerade tut".

Peter Vida sagt, der Innenminister habe keinen funktionierenden Sensor mehr, um zu erkennen, wie es wirke, wenn er in der aktuellen Krise überall zum Sparen aufrufe, aber bei Behördenzentrum und Entfristung der Büroleiterin das Geld mit vollen Händen auszugeben plane. Außerdem seien das nur zwei von so vielen Kritikpunkten, zu denen sich der Innenminister erklären müsse, dass er kaum mehr Zeit habe, sich um seine eigentlichen Aufgaben zu kümmern. Stübgen müsse sich jetzt schnell aus diesen Rückzugsgefechten befreien oder über personelle Konsequenzen nachdenken, so Vida.

Die innenpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Lena Kotré, fordert Stübgen gar zum Rücktritt auf. Er sei viel zu sehr mit der eigenen Verteidigung beschäftigt und damit, "Günstlingen" Jobs zu verschaffen, als dass er sich noch den Aufgaben seines Amtes widmen könne.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.09.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Nico Hecht

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