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Audio: rbb24 Inforadio | 15.11.2023 | Torben Ostermann | Quelle: dpa/M. Kula

Dreitägiger Staatsbesuch

Scholz will Erdogan in Berlin auf dessen Israel-Äußerungen ansprechen

Für drei Tage reist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Donnerstag nach Berlin. Bei den anstehenden Treffen soll es teils um brisante Themen gehen, auch weil er Israel als "Terror-Staat" bezeichnet hat.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kommt zu politischen Gesprächen nach Berlin. Wie die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann mitteilte, ist zunächst am Freitag ein Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant. Danach wird es ein gemeinsames Abendessen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundeskanzleramt geben. Bei dem Gespräch gehe es um "die gesamte Bandbreite politischer Themen", sagte Hoffmann.

Berlin-Mitte

Diese Gebiete sind während des Erdogan-Besuchs abgesperrt

Am Freitag ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu Gesprächen in Berlin. Die Polizei hat vorab bekanntgegeben, dass drei Gebiete in der Innenstadt zu Sperrzonen erklärt werden.

Scholz will Differenzen deutlich ansprechen

Der Besuch gilt vor allem wegen Erdogans Haltung zum Gaza-Krieg als heikel. Nach der Terrorattacke auf Israel mit mehr als 1.400 Toten hatte Erdogan die islamistische Hamas als "Befreiungsorganisation" bezeichnet. Die mit der Türkei in der Nato verbündeten USA und die EU stufen sie dagegen als Terrororganisation ein.

Am Mittwoch legte Erdogan nochmal nach und nannte Israel einen "Terror-Staat", der eine "Vernichtungsstrategie" gegen die Stadt Gaza und ihre Menschen betreibe. Scholz kündigte an, in seinem Gespräch mit Erdogan Differenzen im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg deutlich anzusprechen. Zuvor hatte er die Vorwürfe des türkischen Präsidenten bereits als "absurd" bezeichnet.

Staatsbesuch des türkischen Präsidenten

"Es gibt niemanden mit türkischen Wurzeln ohne eine Meinung zu Erdogan"

Der türkische Präsident kommt nach fast drei Jahren erstmals wieder nach Berlin. Viele Menschen mit türkischen Wurzeln haben eine Haltung zu seiner Politik. Offen Position zu beziehen, ist für sie aber nicht immer leicht. Von Birgit Raddatz

Erdogan will "warme Atmosphäre"

"Wichtigstes Ziel meines Deutschland-Besuchs ist es, die Phase der letzten Jahre in unserem Verhältnis komplett hinter uns zu lassen", sagte Erdogan am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. Er wolle eine "warme Atmosphäre" mit Berlin herstellen.

Die Sicherheitsbehörden stellen sich auf einen Staatsgast mit der höchsten Sicherheitsstufe 1 ein. In der Innenstadt werden Sperrzonen eingerichtet; zusätzliche Polizeikräfte sind im Dienst.

Letzter Deutschland-Besuch vor drei Jahren

Zuletzt besuchte Erdogan Deutschland im Jahr 2020, als er an der Libyen-Konferenz der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnahm. Bundeskanzler Scholz hatte den türkischen Staatschef nach dessen Wiederwahl zum Präsidenten im Mai dieses Jahres nach Deutschland eingeladen. Der Bundeskanzler war im März 2022 zu einem Antrittsbesuch in die Türkei gereist. Erdogan reiste als Ministerpräsident mehr als ein Dutzend Mal, als Staatsoberhaupt zwei Mal nach Deutschland.

Kritik von deutschen Politikern

Schon vor dem Deutschlandbesuch von Erdogan hatte es am vergangenen Wochenende in mehreren deutschen Städten Proteste gegeben, wegen Erdogans Umgang mit Regierungskritikern. Zahlreiche Journalisten, Wissenschaftler und andere Oppositionelle sind weiterhin aus politischen Gründen in Haft.

Der aktuelle Besuch Erdogans wird in der deutschen Politik kritisch gesehen. "Erdogan darf für Deutschland kein normaler Staatsgast sein", sagte der Parteichef der Linken, Martin Schirdewan. SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigte den Besuch, äußerte sich dennoch kritisch: "Es gibt viele Äußerungen von Erdogan aus den letzten Tagen, die ich aufs Schärfste verurteile." Deutlich äußerte sich auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang: "Ich erwarte von Olaf Scholz und auch vom Bundespräsidenten ganz klare Worte in Richtung dieser unausstehlichen Auslassungen von Erdogan."

Deutscher Fußball-Bund

Kein Erdogan-Besuch beim Länderspiel gegen die Türkei in Berlin geplant

Besuch bei Fußball-Länderspiel?

Zeitgleich mit Erdogans Besuch findet am Samstag, 18. November ein Länderspiel zwischen Deutschland und der Türkei in Berlin statt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) rechnet nicht mit einem Besuch des türkischen Präsidenten.

"Wir wissen im Moment nicht, wie Herr Erdogan sich entscheidet. Ob er ins Stadion kommt oder nicht. Das entzieht sich unserer Kenntnis", teilte der DFB am Dienstag mit. "Wir haben keine Hinweise darauf, dass der türkische Staatspräsident kommen wird". Auch Kanzler Scholz werde beim Spiel nicht im Olympiastadion sein, teilte Regierungssprecherin Hoffmann mit.

Der Besuch des ausverkauften Olympiastadions mit Zehntausenden türkischen Fans hätte den ohnehin schon umstrittenen Besuch Erdogans auch sicherheitsmäßig noch schwieriger gestaltet.

Jetzt auf Youtube anschauen: Erdogans langer Arm in Berlin

Korrektur: In einer ersten Fassung dieses Beitrag wurde erwähnt, dass Erdogan auch Köln besucht. Das ist jedoch nicht der Fall.

Sendung: rbb24 Abendschau, 16.11.2023, 19:30 Uhr

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