Berliner EM-Bilanz - "Basketball wieder ein bisschen sexier gemacht"

Mo 19.09.22 | 14:52 Uhr
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Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft jubelt über den Gewinn der Bronzemedaille bei der EM. Quelle: imago images/Newspix
Audio: rbb24 Inforadio | 19.09.2022 | Kerstin von Kalckreuth | Bild: imago images/Newspix

Die Basketball-EM endete für die deutsche Mannschaft in Berlin mit dem Gewinn der Bronzemedaille. Auf dem Weg dahin zeigte das DBB-Team teils berauschende Auftritte, die begeisterten. Der Verband hofft, die Euphorie mit in die Zukunft nehmen zu können.

Nach knapp drei Wochen ist am Sonntag in Berlin die Basketball-Europameisterschaft zu Ende gegangen. Deutschland wurde zunächst in der Vorrunde in Köln und - nach leichten Startschwierigkeiten - auch in der Finalrunde in Berlin zum dritten Platz getragen. Am Ende stand die erste Medaille bei einem Großereignis für die DBB-Auswahl seit 17 Jahren.

Die deutsche Mannschaft überzeugte dabei mit mitreißenden Auftritten, die Hoffnung für die Zukunft machen. Im Team von Bundestrainer Gordon Herbert gehörten Berliner Spieler zu den Erfolgsgaranten, während sich die Superstars aus der NBA bei der EM schwertaten. Ein Fazit.

Zuschauer und Atmosphäre

Mit Köln und Berlin hatte Deutschland gleich zwei Spielorte bei der EM, die in der Vorrunde zusätzlich noch in Tiflis, Mailand und Prag ausgetragen wurde. Während der Funke von einer teils berauschend aufspielenden deutschen Mannschaft in Köln sofort auf das Publikum übersprang, zeigte sich das deutsche Team nach dem Umzug nach Berlin zunächst enttäuscht von der Atmosphäre in der Arena am Ostbahnhof. "Ich appelliere an alle Berliner, zeigt doch, woraus wir geschnitzt sind", sagte Alba-Spieler Maodo Lo nach Deutschlands durchwachsenem Achtelfinale gegen Montenegro.

Zwar fruchtete der Appell und die Atmosphäre in den Spielen gegen Griechenland und Spanien steigerte sich deutlich, doch auch ARD-Reporter Jakob Rüger, der das Turnier in beiden Städten begleitete, sieht insgesamt einen Stimmungsabfall nach dem Umzug in die Hauptstadt. "In Köln waren die Spiele immer ausverkauft, es herrschte immer eine gute Atmosphäre. Das war in Berlin schon etwas schleppend", sagt er.

Für ihn hat das zwei Gründe. "Zum einen war die späte Ansetzung der Partien ein Problem, aber auch die teureren Ticketpreise. Die Preisgestaltung ging auf Kosten der Stimmung", sagt Rüger. Im Schnitt kosteten die Karten in Berlin zwischen 20 und 30 Euro mehr als in Köln. Für viele Basketball-Fans offenbar zu viel: Sogar Deutschlands Spiel um Platz drei und das Finale waren nicht ganz ausverkauft.

Der Deutsche Basketball-Bund, der die Ticketpreise verantwortet, rechtfertigt die abgerufenen Preise damit, dass das Ticketing fast die einzige Einnahmequelle für den Verband sei. Die Kosten in Höhe von gut 20 Millionen Euro, die für die Austragung der EM-Spiele in Köln und Berlin angefallen sind, hätten so ausgeglichen werden müssen.

Topstars und Topspieler

Es war nicht das Turnier der großen NBA-Superstars. Mit Giannis Antetokounmpo (Milwaukee Bucks, Griechenland), Nikola Jokic (Denver Nuggets, Serbien) und Luka Doncic (Dallas Mavericks, Slowenien) waren gleich drei der derzeit besten Basketball-Spieler der Welt bei dieser EM vertreten. Doch keiner von ihnen gewann eine Medaille, für alle drei war das Turnier vorzeitig beendet.

Antetokounmpo führte Griechenland dominant ins Viertelfinale, schied dort aber gegen ein brillantes deutsches Team aus. Auch für Doncic und Slowenien war überraschend in der Runde der letzten acht gegen Außenseiter Polen Schluss. Noch früher war die EM für Jokic und Serbien beendet. Nach einer überzeugenden Vorrunde war im Achtelfinale gegen Italien Endstation.

Zum wertvollsten Spieler des Turniers wurde dann auch ein anderer gekürt. Der Spanier Willy Hernangomez (New Orleans Pelicans) wurde mit dem prestigeträchtigen Titel ausgezeichnet. Der Center hatte seine Mannschaft zum EM-Titel geführt. Neben Hernangomez wurden dessen Mitspieler Lorenzo Brown, Rudy Gobert (Frankreich), Antetokounmpo und der deutsche Kapitän Dennis Schröder ins All-Star-Team der EM gewählt. Schröder ist der erste Deutsche seit Dirk Nowitzki, der es in die Mannschaft des Turniers schaffte.

Die Leistung der Berliner

Mit Maodo Lo und Johannes Thiemann waren zwei Spieler von Alba Berlin im deutschen Team vertreten. Lo spielte insbesondere in der Vorrunde stark, wurde im Auftaktspiel gegen Mitfavorit Frankreich nach einem Gala-Auftritt als Spieler des Spiels ausgezeichnet. Dennis Schröder sagte dem 29-Jährigen gar noch eine Zukunft in der NBA voraus. "Er hat alles, was man braucht, um dort mitzuspielen. Er wird der nächste Deutsche in der NBA." Tatsächlich ist ein Wechsel des Point Guards in die USA nicht ausgeschlossen. In der Vergangenheit spielte der Berliner für die Columbia Lions in der amerikanischen College-Liga und nicht erst seine guten Auftritte für Alba in der Euroleague weckten bereits das Interesse von NBA-Klubs.

Neben Lo brachte auch Thiemann insbesondere in den Vorrundenspielen gute Leistungen. Bundestrainer Gordon Herbert bescheinigte dem Power Forward – genau wie Ex-Albatros Niels Giffey – "überragende Minuten" gegen Frankreich. Mit 14 Punkten war der 28-jährige Thiemann im ersten Spiel sogar Deutschlands Topscorer.

Auch Franz Wagner, ebenfalls in Berlin geboren, blickt auf eine erfolgreiche Alba-Vergangenheit zurück, schaffte nach zwei Jahren am College bereits im letzten Jahr den Sprung in die NBA. Dem 21-Jährigen gehört die Zukunft – das zeigte er auch bei seiner Rückkehr nach Deutschland und Berlin. Nach seinen teils überragenden Leistungen bei der EM wurde Wagner mit Lob überschüttet. "Als Spieler ist er besser, als ich dachte. Er kann den Status von Dirk Nowitzki erreichen. Er hat sogar schon einen Killer-Instinkt, den Dirk in diesem Alter wohl noch nicht hatte", sagte beispielsweise Bundestrainer Herbert der "Bild am Sonntag". Auch NBA-Profi Dennis Schröder sieht Wagner als seinen Nachfolger im DBB-Team. "Franz wird dieses Nationalteam übernehmen, er hat einen unglaublichen Charakter", so Schröder.

Ich glaube, dass die Zukunft für den deutschen Basketball rosig ist

Dirk Nowitzki

Blick in die Zukunft

Insgesamt besteht rund um die Nationalmannschaft und den Deutschen Basketball-Bund die Hoffnung, dass man den Schwung der EM im eigenen Land sowohl sportlich als auch atmosphärisch mit in die Zukunft nehmen kann. Basketball-Legende Dirk Nowitzki, der das Turnier in Köln und Berlin aus nächster Nähe verfolgte, traut dem Nationalteam nach dem Gewinn der Bronzemedaille auch in den kommenden Jahren einiges zu. "Die Leistungsträger sind noch jung. Ich glaube, dass die Zukunft für den deutschen Basketball rosig ist", sagte Nowitzki bei MagentaSport.

Dennis Schröder ist der Meinung, dass die EM die gesamte Sportart in Deutschland gestärkt hat. "Ich glaube, wir haben deutschen Basketball wieder ein bisschen sexier gemacht. Der Trend geht in die richtige Richtung", sagte Schröder nach dem erfolgreichen Spiel um Platz drei gegen Polen. Und auch Bundestrainer Herbert sieht die jetzt schon erfolgreiche deutsche Mannschaft erst am Anfang ihrer Entwicklung: "Als ich mit den Jungs im August gesprochen habe, haben sie sich für drei Jahre verpflichtet, um etwas aufzubauen", sagte Herbert. Jedes erfolgreiche Nationalteam habe sich über eine gewisse Zeit eine eigene Identität erarbeitet. "Wir fangen damit gerade erst an", so der Kanadier.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.09.2022, 07:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Schade nur, dass sich der ÖR vor der Übertragung gedrückt hat. Wenn RTL nicht eingesprungen wäre hätt es trübe ausgesehen. In einigen Wochen werden wir dafür wieder tagelang mit Wintersport eingedeckt, das von Früh bis Abend.

  2. 2.

    Bei Ticketpreisen von über 200 € pro Stück für die hinteren Plätze braucht man sich nicht wundern, wenn Plätze leer bleiben.... bei den hohen Energie- und Gaskosten ist die Priorität doch eine andere

  3. 1.

    Ich weiß nicht, warum es immer heißt, Spiele seien nicht ausverkauft gewesen. Gegen Montenegro war kaum noch etwas zu haben, und gegen Spanien ging erst spät etwas, als offenbar nochmal eine Handvoll Tickets wieder in den Verkauf kamen.
    Aber zumindest im Achtelfinale, wo ich es weiß, musste man ja ein "Session Ticket" für zwei Spiele nehmen. Natürlich waren an dem Tag erstmal Plätze frei, weil etliche Fans der zweiten Partie noch nicht da waren.
    Für den Finaltag hatte ich am Sonnabend aus Interesse mal geguckt, da gab es aber auch nur noch wenige Karten in den Blöcken hinter den Körben, sonst nichts.

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