Interview | Matthias Steinborn vor Spiel gegen Ex-Klub Dynamo - "Über die Art und Weise der Trennung war ich sehr enttäuscht"

Mi 19.10.22 | 17:52 Uhr
Matthias Steinborn vom SV Babelsberg 03 (Quelle: IMAGO/Jan Huebner)
Bild: IMAGO/Jan Huebner

Mit dem SV Babelsberg kehrt Matthias Steinborn am Donnerstag an seine alte Wirkungsstätte zurück. Im Interview spricht der 33-Jährige über den knapp verpassten Aufstieg mit dem BFC, die Trennung vom Verein und das kommende Duell.

rbb|24: Herr Steinborn, am Donnerstag treffen Sie mit dem SV Babelsberg 03 auf Ihren Ex-Verein BFC Dynamo. Bevor wir auf das Spiel schauen, lassen Sie uns etwas zurückblicken. Ihre letzte Saison mit dem BFC nahm ein dramatisches Ende: In der Relegation gegen Oldenburg verpassten Sie nur knapp den Aufstieg in die 3. Liga. Was hat dieses Erlebnis damals mit Ihnen und der Mannschaft gemacht?

Matthias Steinborn: Dass wir es nicht geschafft haben, war natürlich erstmal sehr enttäuschend, weil wir in den zwei Jahren wirklich zu einem eingeschworenen Haufen geworden sind. Von daher war das Teilziel Meisterschaft zwar geschafft, aber man hatte nicht so wirklich etwas in der Hand. Ich kannte das Drama leider schon aus meiner Zeit bei Lok Leipzig und den Aufstiegsspielen gegen Verl. Ich kann also nur sagen, dass Niederlagen einen stärker machen. Es ist immer blöd, auf die Fresse zu fallen, aber das schweißt auch zusammen. Ich habe immer noch richtig guten Kontakt zu den Jungs, die aus dem letzten Jahr noch da sind. Auch mit dem Meister-Trainer Christian Benbennek telefoniere ich noch oft. Dass wir den Aufstieg in die 3. Liga nicht geschafft haben, wurmt einen dennoch, und ab und zu schaue ich mir noch die Highlights aus der letzten Saison an.

Wie oft denken Sie daran, dass Sie in dieser Saison auch Drittliga-Profi hätten sein können?

Nicht mehr so oft. Ich weiß ja nicht mal, ob mein Vertrag verlängert worden wäre, wenn wir aufgestiegen wären. Wir haben es nicht geschafft und der Verein hat dann signalisiert, dass er nicht mehr mit mir weiter plant. Also weiß ich nicht, ob ich in der 3. Liga überhaupt noch das weinrote Trikot getragen hätte.

Haben diese Erfahrungen auch ihren Anteil daran, dass Sie den Verein gewechselt haben?

Das war eher eine Entscheidung von Vereinsseite. Es wurde mir früh signalisiert, dass ich irgendwann im BFC-Trikot meine Karriere beenden soll und mein Vertrag definitiv verlängert werden würde. Das war dann leider nicht der Fall. Es kam der Trainer-Wechsel und jeder Trainer hat eine andere Spielphilosophie und Wunschspieler. Da habe ich eventuell nicht reingepasst. Dementsprechend musste ich mir einen neuen Verein suchen.

Ich habe mich dann für den Wohlfühlfaktor entschieden, anstatt den ein oder anderen Euro mehr zu verdienen, und bin nach Babelsberg gegangen. Dort habe ich schonmal zwei Jahre gespielt und mich pudelwohl gefühlt. Auch in meiner Zeit beim BFC habe ich in Babelsberg gewohnt und immer die Weltreise nach Hohenschönhausen auf mich genommen. Aber das habe ich gerne gemacht, weil ich mich in Babelsberg eben so wohl gefühlt habe. Trotzdem ist der BFC mein Jugendverein und ich habe dort insgesamt 20 Jahre gespielt. Es ist also traurig, dass es da zu Ende ging, aber ich habe mit dem SV Babelsberg die beste Lösung gefunden.

Ihr Abschied vom BFC kam überraschend. Sie posteten daraufhin bei Instagram, dass man manchmal am eigenen Leib spüren würde, dass der Fußball eine Prostituierte sei. Was verbirgt sich dahinter?

Das war ein emotionaler Post. Vor den Aufstiegsspielen gegen Oldenburg habe ich mich persönlich darum gekümmert, dass die Jungs nochmal ein Gespräch mit den Offiziellen des Vereins bekommen, weil bei vielen die Verträge ausgelaufen sind und sie nicht wussten, ob sie sich in der kommenden Saison neu orientieren müssen. In meinem eigenen Gespräch wurde mir gesagt, dass ich einen neuen Vertrag bekommen würde, unabhängig davon, in welcher Liga wir spielen. Dann haben wir den Aufstieg nicht geschafft und ich saß zuhause und plötzlich hat mein Telefon nicht mehr geklingelt und ich habe kein Gespräch mehr mit dem Verein bekommen.

14 Tage später kam dann der Anruf und ich habe den neuen Trainer Heiner Backhaus kennengelernt. Der hat mir signalisiert, dass es für mich beim BFC nicht weitergeht. Über diese Art und Weise war ich sehr enttäuscht und musste am eigenen Leib erfahren, dass das Fußballgeschäft nicht so rosig ist. Ich habe 20 Jahre lang meine Knochen für den Verein hingehalten und mein letztes Hemd für ihn gegeben. Im Nachhinein ist für mich jetzt aber Gras über die Sache gewachsen und ich will auch nicht nachtreten.

Bei Ihrem Ex-Klub läuft es sportlich aktuell eher bescheiden, das Team steht auf Rang zwölf. Sind das noch die Nachwirkungen des verpassten Aufstiegs?

Ich bin zu weit weg, um das zu sagen. Ich glaube aber, dass die Tabelle da ein wenig trügt, weil der BFC eine brutale Mannschaft hat. Aktuell fehlt einfach das Spielglück. Wir stehen mit Babelsberg natürlich gerade 1.000 Mal besser da, aber man wird in dem Spiel am Donnerstag sehen, was für ein gutes Team der BFC ist.

Für Sie und den SV Babelsberg sieht es sehr gut aus. Auf dem zweiten Rang ist das Thema Aufstieg sicherlich da. Am Ende der Saison könnte Sie das Schicksal, als Meister dennoch in die Relegation zu müssen, erneut ereilen. Wie blicken Sie darauf?

Daran will ich noch gar nicht denken. Mit dem zweiten Platz hat man sowieso nichts gewonnen und es ist auch viel zu früh, um über irgendwas nachzudenken. Wir haben die Kracherspiele in der Liga alle noch vor uns. Von daher ist das eine Momentaufnahme. Wir fühlen uns da oben ganz wohl und wollen uns festsetzen und ein paar Mannschaften mit unserem Spielstil ärgern.

In der laufenden Saison ist Ihr Team noch ungeschlagen. Was macht denn Babelsberg aktuell so erfolgreich?

Wir spielen einen jungen und wilden Fußball. Unter unserem Trainer Markus Zschiesche musste auch ich noch einmal Fußball studieren. Da wird jeder Laufweg trainiert, man ist super auf den nächsten Gegner eingestellt und es gibt jede Woche eine neue Idee, wie man diesen knacken kann. Das macht echt Spaß, ist aber auch sehr anstrengend. Wir probieren unseren Trainer jedes Wochenende glücklich zu machen und ich glaube, aktuell schläft er ganz gut.

Wie intensiv ist denn der Austausch mit ihren ehemaligen Mitspielern in dieser Woche gewesen?

Der ist in dieser Woche ein bisschen ruhiger geworden. Wir haben eine alte WhatsApp-Gruppe. In der haben wir letzte Woche noch ein bisschen Blödsinn gequatscht und Witze ausgetauscht, aber jetzt ist es still. Ich freue mich, die am Donnerstag wiederzusehen und dann gibt es ein oder zwei Kuscheleinheiten vor dem Spiel. Aber in den 90 Minuten ist dann Schluss damit.

Mit welchem Gefühl fahren Sie am Donnerstag nach Hohenschönhausen?

Mit einem guten Gefühl. Für mich ist wie gesagt Gras über die Sache gewachsen und ich freue mich auf die Leute. Nicht nur auf die Spieler, sondern auch alle drumherum. Auch mit ein paar Fans bin ich noch befreundet und man kennt sich. Das Schöne bei Dynamo ist, dass man mit den Fans auf Augenhöhe ist und mit ihnen nach einem Sieg im Vereinsheim sitzen und die ein oder andere Apfelschorle trinken kann. Morgen bin ich aber mit dem SV Babelsberg da und will die drei Punkte aus dem Sportforum mitnehmen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lisa Surkamp-Erler.

Sendung: rbb24, 19.10.2022, 18 Uhr

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