Interview | BFC-Sportdirektor Angelo Vier - "Das mittelfristige Ziel ist es, irgendwann den Aufstieg zu schaffen"

Mi 23.11.22 | 18:32 Uhr
BFC-Sportdirektor Angelo Vier (Quelle: BFC Dynamo)
Bild: BFC Dynamo

Regionalliga-Meister BFC Dynamo ist nach einem holprigen Saisonstart im Aufwind. Sportdirektor Angelo Vier spricht im Interview über das Ziel Aufstieg, die Regionalliga-Reform und die Hürden, das Sportforum drittligatauglich zu bekommen.

rbb|24: Sie sind im September als Sportdirektor zum BFC Dynamo zurückgekehrt. Da war der Saisonstart schon durch - und lief überraschend schlecht: Aus den ersten fünf Spielen gab es nur vier Punkte. Warum?

Angelo Vier: Naja, was heißt überraschend. Gerade nach so einer erfolgreichen Saison weiß man, dass die Folgesaison immer relativ schwierig ist. Etwas erreicht zu haben, ist sehr gut, aber das zu bestätigen ist immer viel schwieriger. Die alten Spieler mussten das Scheitern in den Aufstiegsspielen erstmal mental verkraften. Der Anspruch von außen und für sich selbst ist natürlich auch gewachsen. Damit muss man erstmal umgehen und das ist ein Prozess, der nicht so einfach ist. Dann hat man auch Spitzenspieler verloren und auf der anderen Seite kam mit einem neuen Trainer ein neues System, dazu junge Spieler. Am Anfang hatten wir auch einige Verletzte. Die Spiele waren auch alle relativ eng und es passte noch nicht alles zusammen. In der letzten Zeit hat man gesehen, dass es in die richtige Richtung geht und da etwas zusammenwächst.

Zur Person

Angelo Vier wurde in Ost-Berlin geboren und spielte in seiner Jugend für den BFC Dynamo.

1995 lief er elf Mal für Werder Bremen in der Bundesliga auf und erzielte dabei ein Tor. Die meiste Zeit seiner Karriere spielte er in der 2. Liga und hält dort gemeinsam mit Simon Terodde einen Rekord. Er wurde in zwei aufeinanderfolgenden Saison mit unterschiedlichen Vereinen Torschützenkönig (Rot-Weiß Essen 1997, FC Gütersloh 1998).

Nach dem Karriereende 2006 arbeitete er als Spielerberater. Von 2015 an war er für zwei Jahre Sportdirektor beim BFC Dynamo. Danach übernahm er dieses Amt für ein Jahr bei Zweitligist Ingolstadt. Seit September 2022 ist er wieder beim BFC.

Sie sprechen es schon an: Zuletzt war der Trend positiv, der BFC hat mit Babelsberg und Energie Cottbus zwei Spitzenteams besiegt. Welche Entwicklung beobachten Sie seit September in der Mannschaft?

Als ich angefangen habe, habe ich viele Gespräche geführt, um zu sehen, wo man ansetzt und um Strukturen und Prozesse einzufordern. Und um sich auch bewusst zu sein, dass man wieder hart dafür arbeiten muss. Der BFC war der Meister, dementsprechend sind natürlich auch die Gegner aufgetreten oder wollten sich beweisen. Aber auch das ist ein Prozess, den die Mannschaft gehen muss – und den ist sie in der letzten Zeit gegangen. Ein Spiel haben wir seitdem nur verloren. Diesen Prozess müssen wir weiter einfordern.

Trotz allem steht der BFC aktuell auf Platz zehn, hat schon neun Punkte Rückstand auf die Spitze. Was ist denn in dieser Saison noch möglich?

In der Liga ist fast jeder in der Lage, jeden zu schlagen. Die ersten zehn Mannschaften sind ganz eng zusammen, da entscheidet auch die Tagesform und wer am wenigsten Fehler macht. Aber es geht nicht darum, wie weit wir von Platz eins weg sind. Das primäre Ziel ist die Entwicklung der Mannschaft. Dann stellt sich der Erfolg von allein ein. Eines ist klar: Der BFC war letztes Jahr Erster. Wir sind knapp in den Aufstiegsspielen gescheitert, aber das mittelfristige Ziel ist es, irgendwann den Aufstieg zu schaffen.

Wie beurteilen Sie denn die Lage in der Liga allgemein? Wer hat Sie bisher überrascht - und wer schafft es in die Relegation um den Aufstieg?

Es ist ganz schwierig. Der BAK hatte zum Beispiel eine sehr gute Phase, in den letzten Spielen war es aber schon nicht mehr so. Dann gab es super Spiele von Cottbus und von Jena, aber auch weniger gute. Deswegen sage ich: Es ist eine ganz enge Geschichte. Viele Mannschaften sind auf gleichem Niveau, da werden Kleinigkeiten entscheiden. Deshalb wird es bis zum letzten Spieltag eng sein. Ich glaube, die Staffel Nordost ist momentan eine der stärksten Ligen in der Regionalliga.

Wie sind denn die finanziellen Kräfteverhältnisse in der Liga verteilt und wo ordnen Sie den BFC da ein?

Sicherlich sind Vereine wie Jena, Erfurt oder Cottbus in ihrer Stadt alleine, da ist Fußball die Nummer eins. Auch Chemnitz, da ist eine ganz andere Infrastruktur mit einem neuen Stadion. Wir sind in Berlin, da gibt es viele sportliche Möglichkeiten. Daher müssen wir uns immer ein bisschen durchkämpfen, das ist sicherlich woanders leichter. Da sind auch die finanziellen Mittel andere. Mit dem Sportforum haben wir trotzdem ganz gute Bedingungen für einen Regionalligisten. Wir sind ein Traditionsverein, der sich da etabliert hat. Wir müssen bei den Verpflichtungen etwas besser und schlauer sein, dann können wir auch konkurrenzfähig sein. Das ist unser Ziel.

Als Meister der letzten Saison ist dem BFC die aktuelle Aufstiegsregelung zum Verhängnis geworden. Sie mussten in die Aufstiegsspiele und unterlagen dort Oldenburg. Es wird viel über die Reform diskutiert und vor allem auch kritisiert. Jetzt gibt es einen neuen Lösungsvorschlag: Die 3. Liga soll aufgestockt werden, dann könnten alle Meister aufsteigen. Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben?

Da gibt es keine zwei Meinungen: Ein Meister muss aufsteigen. Die Möglichkeit muss geschaffen werden. Alles andere sind Kompromisse und es ist eigentlich eine Farce und nicht gerecht.

Sollte dem BFC in den nächsten Jahren der Aufstieg gelingen, gäbe es auch noch die Problematik mit dem Stadion. Das Sportforum ist nicht drittligatauglich und die Umbaupläne sehen das auch nicht vor. Sie müssten also in den Jahn-Sportpark umziehen. Wie blicken Sie auf diese Situation?

Bei mir persönlich ist es ein bisschen zwiegespalten, weil ich den Jahn-Sportpark als Stadion des BFC Dynamo kenne und auch eine Verbindung habe, auch aus meiner Jugend heraus. Andersrum ist die Möglichkeit hier im Sportforum da. Wir könnten im Sportforum ein drittligataugliches Stadion haben. Selbst der BFC hat schon angeboten, eine Rasenheizung mitzufinanzieren, als zum Beispiel der neue Rasen verlegt wurde. Aber das wurde immer ausgeschlagen. Der Fußball wird hier nicht so gesehen, wie in anderen Städten. Da müssen wir kämpfen. Wir können mit unserem sportlichen Erfolg nur den Druck erhöhen, um bestimmte Dinge umsetzen zu können und das Sportforum dafür tauglich zu machen. Das ist schon unser Anspruch.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lisa Surkamp-Erler.

 

Sendung: rbb24, 29.11.2022, 21:45 Uhr

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