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Video: rbb|24 Brandenburg aktuell | 22.04.2023 | Karsten Zummack | Quelle: rbb

Tag des Bieres

Kleine Brauerei in Liebenwalde sucht im knallharten Wettbewerb ihre Nische

Die Zahl der Brauereien schrumpft, die hohen Kosten für Energie und Rohstoffe verschärfen die Lage. Trotzdem versuchen auch kleinere Unternehmen, wie die Artos-Brauerei in Liebenwalde, sich am Markt zu etablieren. Von Karsten Zummack

Das Wasser dampft im riesigen Kessel. 62 Grad warm! Wer denkt dabei schon an ein kühles Pils und Biergarten-Atmosphäre? Doch vor dem Genuss stehen die Mühen der Ebene. Und so klettert Jacob Germersheim von der Liebenwalder Artos Brauerei-die Metalltreppen hoch, schüttet von oben sieben schwere Säcke Gerstenmalz in das heiße Wasser.

Drei bis vier Wochen bis zu einem guten Bier

"Das Brauen selbst dauert ungefähr acht Stunden", erklärt Brauer Germersheim. Anschließend müsse das Bier gären und lagern. "Bis man wirklich das Bier abfüllbereit hat, kann das drei bis vier Wochen dauern". Schon das sei ein Unterschied zu den großen Konzernen. Die verkauften lediglich "Industriebier".

Vier Mitarbeiter brauen hier, 40 Kilometer nördlich von Berlin, was Eigenes zusammen. Die Sorten heißen "Dünkel", "Gülden", "Lässig" oder "Süffig". Sie entstehen fast ausschließlich in Handarbeit. "In so einer kleinen Brauerei ist dies das A und O", sagt Braumeister und Betriebsleiter Ivan Baita. "Hier kauft man eine Flasche Bier und eine Geschichte".

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Regionales für durstige Kehlen

"Das ist die Neuerfindung einer alten Tradition", betont Brauerei-Inhaber Matthias Kuhn. Er will das, was in den vergangenen hundert Jahren allmählich verschwunden ist, wiederaufbauen. Bier habe seit jeher auch eine Bindung zur Region. Für den eigenen Aufstieg setzt das Vier-Mitarbeiter-Unternehmen auf regionale Rohstoffe und kurze Transportwege. Dass Biere und später die leeren Flaschen tausend Kilometer durch Deutschland gefahren werden, sei ein "Irrsinn", so Kuhn.

Regelmäßig ist in Liebenwalde Werksverkauf. Daneben schenkt die Artos-Brauerei auf Festen in der Region aus. Und auch die ersten Gastronomen haben das Bio-Bier entdeckt. Zu den Kunden zählt auch die Green Door Bar am Berliner Winterfeldtplatz. "Viele Kunden sind überrascht, dass es ein Craft Beer aus Brandenburg gibt", erzählt Bar-Inhaberin Andrea Kuhn. Als Schwester des Brauereichefs hat sie einen kurzen Draht, wenn sie Nachschub benötigt.

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Von Berlin aufs Land

Begonnen hatte die Geschichte der Brauerei ebenfalls in Berlin. Jahrelang wurde in Moabit die Maische angesetzt. Doch vor zwei Jahren ist Artos nach Liebenwalde umgezogen. Die Hauptstadt sei "ohnehin zu dicht besiedelt mit Craft-Brauereien", sagt Matthias Kuhn. Während man dort einer von vielen Anbietern war, genießt das Unternehmen eine Autostunde weiter nördlich fast ein Alleinstellungsmerkmal.

"Wir sind auch aufs Land gezogen wegen der besseren Luft- und Wasserqualität", ergänzt Braumeister Ivan Baita. Der gebürtige Italiener kümmert sich in Liebenwalde um das Tagesgeschäft. Das bedeutet auch, die großen Kostensteigerungen der vergangenen Monate zu managen.

Brauerei-Inhaber Matthias Kuhn | Quelle: rbb

Extreme Kostensteigerungen

Etwa 89 Liter Bier jährlich trinkt jeder Deutsche in Durchschnitt. Doch der Bierdurst sinkt kontinuierlich. Und auch die Zahl der Brauereien schrumpft seit drei Jahren. Die hohen Kosten für Energie und Rohstoffe haben die Lage zusätzlich verschärft, beklagt der Deutsche Brauerbund zum "Tag des deutschen Bieres" am 23. April.

"Immer mehr Brauereien stehen massiv unter Druck. Die Corona-Krise ging nahtlos in eine Energiepreiskrise über", beklagt der Deutsche Brauer-Bund. Schließlich sei die Branche sehr energieintensiv, bestätigt auch der Liebenwalder Braumeister Ivan Baita. Hinzu kommen die kräftig gestiegenen Preise für Rohstoffe wie Glasflaschen oder Malz. Die Steigerungen beziffert Baita auf 40 bis 75 Prozent. Er weiß von einigen kleineren Brauereien, die bereits aufgeben mussten.

"Heulkämpfe helfen nicht"

Daran denken sie bei Artos keineswegs. "Heulkämpfe helfen nicht", gibt sich Brauereichef Matthias Kuhn kämpferisch. In der Praxis bedeutet das auch, die eigenen Preise leicht anzuheben und vor allem die Kosten im Griff zu behalten.

Kein leichtes Unterfangen, denn als Landbrauerei haben sie bei Lieferanten natürlich eine deutlich schlechtere Verhandlungsposition als die großen internationalen Brauereikonzerne. Doch in einigen Jahren sollen die Liebenwalder Biermarken wie "Gülden" oder "Dünkel" bei vielen Gastronomen in der näheren Umgebung auf den Getränkekarten stehen. Es müssen ja nicht immer die Supermarktregale der ganzen Republik sein.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 22.4.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

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