Sieben Jahre kein öffentlicher Jahresabschluss - Blackbox KaDeWe

Di 30.01.24 | 18:55 Uhr | Von Ute Barthel und Wolf Siebert
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Symbolbild: Kadewe meldet Insolvenz an. (Quelle: dpa/Gateau)
Video: rbb24 Abendschau | 30.01.2024 | Nachrichten | Bild: dpa/Gateau

Bisher machte das KaDeWe den Eindruck, dass es wie ein Fels in der Brandung den Niedergang des Signa-Konzerns überstehen könnte. Mit guten Umsätzen schien das Luxuskaufhaus der Pleite zu trotzen. Dabei ist die tatsächliche Situation des Unternehmens schon seit längerem intransparent. Von Ute Barthel und Wolf Siebert

Noch Ende November 2023 erklärte der Geschäftsführer des KaDeWe Michael Peterseim in einem Zeitungsinterview, dem Traditionskaufhaus gehe es gut und die Sorgen seien unberechtigt. Man erwarte einen Umsatz vom 800 Millionen Euro für 2023. Daher ist die aktuelle Meldung von dem Insolvenzantrag für das KaDeWe durchaus überraschend. Das Unternehmen begründet den Schritt in einer Pressemitteilung mit den exorbitant hohen Mieten, die ein nachhaltiges Wirtschaften nahezu unmöglich machen würden.

Mit der Insolvenz andere Möglichkeiten zu verhandeln

Auch Johannes Berentzen von der BBE Handelsberatungsgesellschaft hält das Geschäftsmodell des Luxuskaufhauses für gesund. Er kann sich vorstellen, dass die Betreiber des KaDeWe den Insolvenzantrag auch als Chance sehen. "Man kann im Rahmen eines solches Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung sich auch von unliebsamen überhöhten Mieten trennen", erklärt der Handelsexperte "Das ist anders, als wenn Sie jetzt nicht in einer Insolvenz sind. Da können Sie nicht einfach sagen: Die Mieten sind mir zu hoch. Das geht im Insolvenzrecht in bestimmten Fällen schon." Außerdem vermutet er, dass der Mehrheitsgesellschafter, die thailändische Central Group, die Möglichkeit nutzen will, sich von SIGNA als Miteigentümer zu verabschieden.

Seit 2016 keine Jahresabschlüsse veröffentlicht

Wie es tatsächlich um das Edelkaufhauses steht, ist aber unklar. Denn der Betreiber, "The KaDeWe Group GmbH" veröffentlichte nach Informationen von rbb24-Recherche das letzte Mal im Jahre 2016 einen Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2015. Offenbar verstößt das Unternehmen seitdem gegen die Offenlegungspflichten. Anscheinend ist diese Intransparenz kein Einzelfall bei Unternehmen des SIGNA-Konzerns.

Zahlreiche Gesellschaften des SIGNA-Firmengeflechts sollen seit Jahren keine Jahresabschlüsse vorgelegt haben. Das österreichische Magazin "News" berichtete im November 2023, dass dabei die verhängten Zwangsstrafen in Kauf genommen worden sein sollen. In dem News-Bericht wird die Summe für die Zwangsstrafen auf eine Viertelmillion Euro geschätzt. Theoretisch sind solche Zahlungen sogar steuerlich absetzbar. Bestätigt sind diese Informationen bisher nicht [news.at].

Auch in Deutschland droht laut Handelsgesetzbuch bei pflichtwidrigem Unterlassen der rechtzeitigen Offenlegung der Jahresabschlüsse ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 bis 25.000 Euro. Zuständig ist das Bundesamt für Justiz. Dieses erklärte gegenüber rbb24-Recherche: "Soweit die "The KaDeWe Group GmbH" gegen die handelsrechtlichen Offenlegungspflichten verstoßen haben sollte, ist das Bundesamt für Justiz entsprechend verfahren und hat Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB eingeleitet." Konkreter wollte die Pressesprecherin trotz mehrfacher Nachfrage nicht werden. Die Presseabteilung der "The KaDeWe Group GmbH" war für eine Stellungnahme aktuell nicht zu erreichen.

550 Millionen Grundschulden

Das Grundstück, auf dem das "Kaufhaus des Westens" steht, gehört der Tauentzienstraße 21-24 Immobilien GmbH & Co. KG. Laut Grundbuchauszug lasten Grundschulden von insgesamt 550 Millionen für die Bayrische Landesbank, aber auch für verschiedene Bayrische Versorgungsanstalten (Versorgungsanstalt für Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte und Ingenieure usw.) auf dem Grundstück. Eingetragen wurden diese Grundschulden bereits 2016. Ob sie inzwischen ganz oder teilweise beglichen wurden, geht aus dem Grundbuch nicht hervor. Die Bayrische Versorgungskammer antwortete auf die Nachfrage von rbb24-Recherche, dass sie zu einzelnen Objekten und Kreditnehmern keine Auskunft geben könne.

Auf welcher Basis beurteilt das Land Berlin?

Obwohl die wirtschaftliche Situation der Betreibergesellschaft des KaDeWe schon seit 2016 nicht im Unternehmensregister transparent gemacht worden ist, hat das Land Berlin dem Unternehmen gemeinsam mit Hamburg und dem Bund im Coronajahr 2020 eine Ausfallbürgschaft erteilt. Laut Presseberichten soll es um einen Kredit in der Höhe von bis zu 90 Millionen Euro gehen. Aus der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus geht hervor, dass nach dem Lockdown die Berliner Arbeitsplätze der KaDeWe Group durch eine öffentliche Bürgschaftsabsicherung gesichert werden sollten.

Doch auf welcher Grundlage hat die Senatsverwaltung für Finanzen im Jahr 2020 beurteilen können, wie die wirtschaftliche Situation der KaDeWe Group ist, wenn das Unternehmen schon seit mehreren Jahren keine Geschäftsberichte veröffentlicht hat? Dazu teilte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen schriftlich mit, dass man zur Höhe und Ausgestaltung der Bürgschaft aus Gründen der Vertraulichkeit keine Auskunft geben könne. Die Federführung für die Bürgschaft liege beim Bundeministerium für Wirtschaft. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte, das Unternehmen habe bei einem Bürgschaftsantrag umfassende Unterlagen zur wirtschaftlichen Entwicklung vorzulegen.

Experte befürchtet Verlust von 90 Millionen Steuergeldern

Im Falle der Bürgschaft für die KaDeWe Group übernehme der Bund die eine Hälfte des Risikos, und die beteiligten Bundesländer teilen sich die andere Hälfte. Neben Berlin ist auch Hamburg an der Bürgschaft beteiligt, da die KaDeWe Group auch das Alsterhaus in Hamburg betreibt. Mit der Insolvenz der KaDeWe Group könnte diese Bürgschaft fällig werden, bestätigte die Sprecherin: "Grundsätzlich kann eine Insolvenz zu einem (Teil-) Ausfall der Bürgschaft und somit einem Schadensfall führen." Es sei aber auch möglich, dass das Unternehmen seine Tätigkeit fortsetze und die Kredite weiterhin bedient werden können.

Johannes Berentzen von der Handelsgesellschaft BBE befürchtet, dass durch die Insolvenz des KaDeWe weiteres Steuergeld verloren gehen könnte. "Diese 90 Millionen Euro stehen bei der Insolvenz jetzt schon im Feuer. Wenn dort tatsächlich die Bürgschaft greift und dort das Land und der Bund einspringen, dann ist das Geld aus Berliner Sicht und aus Sicht des Steuerzahlers erst mal weg - so ärgerlich es ist. Man muss sich überlegen, dass auch bei Galeria Kaufhof jetzt in den zwei letzten Insolvenzen mehr als eine eine Milliarde Euro Steuergelder geflossen sind. Also das ist schon bemerkenswert viel. Es läuft einem Schauer über den Rücken, wenn man sich das so immer wieder mal vor Augen führt."

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.01.2024,

Beitrag von Ute Barthel und Wolf Siebert

24 Kommentare

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  1. 24.

    Kleinere Unternehmen müssen für ein paar Fördergelder meist alles vorlegen. Und hier wurden in 2020 sage und schreibe 90 Millionen Bürgschaften gestellt, ohne dass man die drei letzten Jahresabschlüsse (seit 2016) gehabt hätte? Wer übernimmt die Amtshaftung?

  2. 23.

    90 Millionen Steuergelder sind nicht weg die sind nur woanders .
    Steuergeldverschwendung vom feinsten kein kleiner Handwerksbetrieb wird gerettet die gehen sofort in die Insolvens.

  3. 22.

    Na hören Sie mal: Bis zu 25.000 Euro Bußgeld! Da ist bei einem solchen Unternehmen womöglich für ganze ein, zwei Tage die Portokasse leer.

  4. 21.

    Wenn man nicht Millionen ins Firmenretten stecken würde, könnte davon viel Geld gespart werden?
    Denken (!) Sie doch einfach mal zu Ende. Woher kommt Ihrer Meinung nach das Bürgergeld? Fällt es vom Himmel oder stammt es aus erwirtschafteten Steuern etc.?

  5. 20.

    Ja, das waren noch Zeiten, wo es durchaus Vergnügen bereitet hatte in der Lebensmittel Abteilung zu Schauen u.zu staunen was dort alles angeboten wurde. Aber lang ist’s her. Daran erinnere ich mich jetzt wehmütig.

  6. 19.

    In der Tat. Der kleine Selbstständige wird von den Behörden drangsaliert ohne Ende, die großen Unternehmen pfeifen einfach drauf und bekommen noch Bürgschaften.

  7. 18.

    Man sollte diese Kaufhäuser einfach pleite gehen lassen. Wenn man sich um die Mitarbeiter sorgt kann man von den 90millionen sicherlich eine Weile Bürgergeld zahlen.

  8. 17.

    Ist wie immer,den Steuerzahler trifft es immer oder den Letzten beissen die Hunde,also die Allgemeinheit .Die schlechten Verträge kann man aber nicht dem jetzigen Senat anhängen,das waren seit mind.2016 die Vorgänger.Wir werden sehn!!!

  9. 16.

    Das sind doch mafiöse Verhältnisse. Die Drahtzieher stecken Milliarden von Steuersuventionen ein belasten die Liegenschaften mit Krediten bauen Insolvenz und sonnen sich auf dem Bahamas . Mit den staatlichen Hilfsmillionen hätte man den Mitarbeitern auch einen schönen Lebensabend ohne Arbeit finanzieren können und wäre noch günstiger dabei weggekommen. Wer braucht soche Luxusschuppen überhaupt noch!?

  10. 15.

    Die Grundschulden werden definitiv nicht gelöscht. Sie dienen den Kreditgebern als Sicherheit. Und diese können bei einem Kreditausfall die Immobilie verwerten -sprich verkaufen- um ihre Kreditforderungen zu befriedigen.

  11. 14.

    Alles intransparent und Geld wird von einer Tasche auf die andere verschoben, Stichwort absurde Mieten. Da soll sich die Politik bloß nicht nochmal über den Tisch ziehen lassen. Gerade für ein Bonzenkaufhaus! Alles Abzocke an Förderungen (Ausfall-Hilfen) und Steuersparmodell (legale Steuerhinterziehung). Sollen lieben sehen, die Hilfen zurück zu bekommen.

  12. 13.

    Bin mir sicher, daß zu der Gruppe auch noch das Oberpollinger in München gehört. Ich gehe davon aus, da die Insolvenz dazu genutzt wird, die Mieten zu senken (gehörten eher dazu der Signa Bonität zu verschaffen), die Signalbeteiligung loszuwerden und die Grundschulden zu löschen. Pleite ist die KaDeWe Group eher nicht.

  13. 12.

    Boah ey, acht Jahre lang keine Jahresabschlüsse, keine Bilanzen vorgelegt und trotzdem ne Ausfallbürgschaft über 90 Millionen?
    Auf welcher Basis hat die KaDeWe Group Körperschaft- und Umsatzsteuer bezahlt? Haben die überhaupt Steuern bezahlt oder hängen die am Tropf von Bund und Land Berlin? Wohin sind die Überschüsse geflossen? Gewinne privatisieren, Schulden sozialisieren?
    Jeder Selbständige muss vorm Finanzamt die Hosen runterlassen. Wenn ein Unternehmen Pleite ist, muss es dicht machen - geht dem Mittelstand nicht anders.

  14. 11.

    Boah ey, acht Jahre lang keine keine Jahresabschlüsse, keine Bilanzen vorgelegt und trotzdem ne Ausfallbürgschaft über 90 Millionen?
    Auf welcher Basis hat die KaDeWe Group Körperschaft- und Umsatzsteuer bezahlt? Haben die überhaupt Steuern bezahlt oder hängen die am Tropf von Bund und Land Berlin? Wohin sind die Überschüsse geflossen? Gewinne privatisieren, Schulden sozialisieren?
    Wenn ein Unternehmen Pleite ist, muss es dicht machen - geht dem Mittelstand nicht anders.

  15. 10.

    Zitat: "Dazu teilte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen schriftlich mit, dass man zur Höhe und Ausgestaltung der Bürgschaft aus Gründen der Vertraulichkeit keine Auskunft geben könne."

    Es geht um eine Bürgschaft aus Steuermitteln. Damit ist vollumfänglich gegenüber dem Bürger Auskunft zu erteilen! Diese Antworten sind schon mehr als dreist.

  16. 8.

    "Zahlreiche Gesellschaften des SIGNA-Firmengeflechts sollen seit Jahren keine Jahresabschlüsse vorgelegt haben. Das österreichische Magazin "News" berichtete im November 2023, dass dabei die verhängten Zwangsstrafen in Kauf genommen worden sein sollen."

    Man muss anscheinend nur groß genug sein und die Strafen anscheinend im Verhältnis zu klein, dass man es einfach so macht. Und wenn solche Zahlungen dann noch steuerlich absetzbar sind, ist es doch praktisch.

    "Auch in Deutschland droht laut Handelsgesetzbuch bei pflichtwidrigem Unterlassen der rechtzeitigen Offenlegung der Jahresabschlüsse ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 bis 25.000 Euro."

    Klingt nicht wirklich viel. Dass da die Presseabteilung vom KaDeWe keine Stellungnahme zu machen möchte, wundert mich nicht.

  17. 7.

    "Doch auf welcher Grundlage hat die Senatsverwaltung für Finanzen im Jahr 2020 beurteilen können, wie die wirtschaftliche Situation der KaDeWe Group ist, wenn das Unternehmen schon seit mehreren Jahren keine Geschäftsberichte veröffentlicht hat?"

    Das frage ich mich auch. Es handelt sich um 90 Millionen Euro beim KaDeWe und einer Milliarde Steuergelder bei Galeria Kaufhof. Das ist nicht nur bemerkenswert viel sondern viel zuviel. Und René Benko behält sein geschätztes Vermögen von ca. 5 Milliarden bei jeder Insovenz und macht irgendwie, irgendwo munter weiter.

  18. 6.

    Unglaublich! Signa scheint wirklich nur aus Lug und Trug bestanden zu haben. Selbst das KaDeWe nicht mehr sicher. Und die vielen Millionen Steuergeld sind wohl versenkt: „ Klaro bekommt ihr von uns die Millionen Bürgschaften. Geschäftsberichte sind überbewertet, brauchen wir nicht, wir vertrauen euch einfach blind“ Ich musste doch ziemlich lachen als heute der Senat gleich wieder betonte, dass man das KaDeWe auf jeden Fall stützen will. Ach, noch ein paar mehr Millionen versenken für ein Luxuskaufhaus? Sonst keine Probleme? Und dann kauft die Central Group aus Thailand das Haus am Ende für ein paar Euro auf, um es neu zu eröffnen und wieder Millionen zu scheffeln. That’s capitalism.

  19. 5.

    Das Gebäude vom KaDeWe könnte problemlos und mit wenig Aufwand in ein Parkhaus für Luxusautos umgebaut werden. Suche dort seit Monaten händeringend ein sicheren Stellplatz für meinen Fuhrpark.

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