IBB-Chef Allerkamp - Berliner Wirtschaft besonders stark von Corona-Krise betroffen

So 19.04.20 | 14:43 Uhr
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Mit hochgereckten Armen steht am 14.04.2020 ein Berliner Bär hinter der verschlossenen Tür zum Luxushotel Grand Hyatt am Potsdamer Platz, der sonst vor dem Eingang platziert ist. Die meisten Hotels sind wegen der Corona-Epidemie geschlossen. (Bild: dpa/Jens Kalaene)
Audio: Inforadio | 19.04.2020 | IBB-Vorstandschef Jürgen Allerkamp | Bild: dpa/Jens Kalaene

Berlin könnte wegen seiner Wirtschaftsstruktur in der Corona-Krise wirtschaftlich schlechter abschneiden als der Bundesdurchschnitt. Denn Hotels, Gastronomie oder Kultureinrichtungen können verpasste Einnahmen nicht nachholen.

In der Corona-Krise machen sich viele Menschen Sorgen um ihr wirtschaftliches Überleben. Start-Ups fürchten wegen der Eindämmungsmaßnahmen um ihre Existenz, der Mittelstand fühlt sich allein gelassen, Freiberufler sind auf staatliche Zuschüsse angewiesen.

Die Berliner Investitionsbank (IBB) geht davon aus, dass die Corona-Krise die dienstleistungsbasierte Wirtschaft Berlins besonders stark treffen wird. IBB-Vorstandschef Jürgen Allerkamp sagte am Sonntag im rbb-Inforadio, das liege an der besonderen ökonomischen Struktur der Hauptstadt.

Berlin habe vergleichsweise wenig Industrie und wenig industrienahe Dienstleistungen - dafür aber viel Gastronomie, Hotels und Kultureinrichtungen, so Allerkamp: "Die werden in ganz besonderer Weise betroffen sein, weil deren Umsätze - anders als bei der kleinen Maschinenfabrik, wo wir vielleicht den einen oder anderen Umsatz durch eine zweite oder gar dritte Schicht nachholen können - sind unwiederbringlich verloren. Das Hotelbett bleibt leer." Auch er jetzt keinen Schaschlik verkauft, könne die Umsätze nicht später nachholen.

Eine riesige wirtschaftliche Katastrophe

Der IBB-Chef spricht von einer "riesigen wirtschaftlichen Katastrophe, dessen Ausmaß wir im Moment noch gar nicht richtig abschätzen können". Er erwartet, dass dieser Zustand noch "sehr, sehr lange" dauern wird. Trotzdem sei er der Überzeugung, dass Deutschland und die Region Berlin diese wirtschaftliche Krise überwinden könnten.

Unternehmerinnen und Unternehmer in Berlin hätten Überlebenswillen und Kampfgeist. Allerkamp lobte auch die Mitarbeiter der IBB, die an den Soforthilfen gearbeitet hätten. "Wir produzieren jetzt stabil. So ist es uns gelungen, innerhalb von weniger als 14 Tagen an rund 200.000 Zuschussempfänger einen Betrag von 1,6 Milliarden Euro Zuschuss auszuschütten", sagte er dem rbb. Das sei eine sonst eine Jahresproduktion, die die IBB als Kredit und Zuschüsse vergebe.

DIW befürchtet Welle von Insolvenzen

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratschzer, geht davon aus, dass die Corona-Krise die tiefste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg sein könne. Deutschland könnte zwischen vier und 20 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verlieren, so Fratzscher im Inforadio. "Viele mittelständische Unternehmen werden das nicht ein oder zwei Jahre lang aushalten können", warnte Fratzscher. Deutschland könnte eine Welle von Insolvenzen und einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit sehen.

Fratzscher stört sich aber daran, dass man in Deutschland das Problem national angehe. "Die europäische Wirtschaft ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied." Das seien im Moment Italien und Spanien. Deutschland sei in der Pflicht, den finanziell angeschlagenen Nachbarn zu helfen - auch um das wirtschaftkliche Eigeninteresse zu wahren: "Wenn Italien und Spanien in eine Schieflage geraten und da nicht rauskommen, werden auch wir in Deutschland ein riesiges wirtschaftliches Problem haben."

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22 Kommentare

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  1. 22.

    Vor 10 Jahren war man ja der Meinung Berlin solle umgebaut werden, zur größten Dienstleistungsgesellschaft in Europa. Obwohl Berlin einer der Traditionsreichsten Industriestandorte war wie es Sie selten gibt in einer Stadt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich Berlin zum größten Industriezentrum Deutschlands entwickelt. Träger dieser Entwicklung waren vor allem der Maschinenbau Borsig und die Elektroindustrie Siemens & Halske und AEG. Von dem Industrialisierungsboom der Stadt begünstigt, wuchsen auch die Bereiche Bauwirtschaft, Nahrungsmittel und Bekleidung zu bedeutenden Industriesektoren heran. Hätte man dran festhalten sollen, dann wäre der BER vor 10 Jahren fertig gewesen!! Die feinen Herren, der Dienstleistung.

  2. 21.

    "Dienstleistung funktioniert eben nur wenn es jemanden gibt, der auch dafür bezahlen kann."
    Beeindruckend so viel Weisheit..
    Welche Wirtschaft funktioniert denn ohne zahlende Kundschaft?

    Generell kann ich nur erahnen,was du mit deinem Kommentar ausdrücken willst. Immerhin fällt er unter den ganzen Bonmots hier nicht auf..

  3. 20.

    Sie wissen doch gar nicht wer für was sein Geld ausgibt. Die einen geben es für schwere Autos aus, kaufen jedes Jahr die neuesten Elektrogeräte oder fliegen für drei Tage nach Mallorca usw. Das ist sicher umweltbelastend. Andere Personen und Familien geben ihr Geld für gesundes ökologisches Essen, Wellness und Fitness sowie ökologische Urlaube in der Natur aus. Daher sind pauschale Annahmen und Behauptungen fehl am Platz. Aber ich gebe ihnen gerne recht, unsere Wirtschaft bzw. die Steuereinnahmen sind sehr abhängig von Verbrauch und Konsum. Die vielen zukünftigen Arbeitslosen in der Reise-, Hotel- und Gastronomiebranche sowie die fehlenden Steuereinnahmen werden noch lange nachwirken.

  4. 19.

    Stimmt! Die sind jetzt schon kaum noch überschaubar. Aber ich sage mir immer, nach dem 2. Weltkrieg standen die Menschen, ganz besonders in Berlin, vor viel größeren Herausforderungen.
    Das kann ich jetzt mit dem "Pandeminchen" nicht vergleichen, dafür ist es noch zu gering. Die physische Seite. Die finanzielle Lage war bei weiten desolater, trotzdem ist daraus dass entstanden was man 10 Jahre später Wirtschaftswunder nannte. Für Bequemlichkeiten war da wenig Zeit, das ist für viele auch ein Problem, die nur die Hände aufhalten und sich vielleicht wieder selbst bücken müssen!? Es geht immer weiter, was anderes hat es nie gegeben, sonst wären wir nicht da.

  5. 18.

    Nö...! Isses nich! Weder das Eine noch das Andere. Die heilige Kuh Wirtschaft soll nur das Geld für den ganzen persönlichen unökologischen Unsinn liefern. Ist ja alles so schön weit weg...

  6. 17.

    Na hoffentlich wird Ihre Freude (oder sollte ich besser sagen: Häme?) noch genauso groß sein, wenn sich die Folgen der von Ihnen so gelobten "gesunden Auslese" in Berlin wie im ganzen Land zeigen, wenn der Staat versuchen muss, seine Einnahmen zu erhöhen und gleichzeitig sparen wird, wo er nur kann. Das könnte dann auch dem einen oder anderen Sozialdarwinisten Unannehmlichkeiten bereiten.

  7. 16.

    Deshalb musste West Import her.
    Ich wurde 2008 nach Berlin abgeordnet.
    Die Stadt hatte keine Beamten um ALG Anträge zu bearbeiten.
    Der Bund übernahm pro Tag 100€ fürs Hotel und 36€ Trennungsgeld, um bei den Kunden 2,80€ zu sparen. Nur so kann man solide Haushalten.
    Die Auslagen fürs Hotel etc. mußte ich natürlich einklagen.
    Wurde im JC überfallen und musste wieder klagen.
    Wir beschweren und nicht..

  8. 15.

    Genauso ist es.
    Immerhin machen Mittwoch die Ein Euro Läden auf.
    Kein Bürgeramt, Finanzamt, Café, Mittagstisch adé.
    Geld kommt ja vom Finanzausgleich.
    Da hat es selbst Niedersachsen und BRB schneller geschafft.
    Derweil warte ich immer noch auf die Berarbeitung meines Est Ausgleiches von 2018. Die Landesbehörden haben nur 10% Personal in Arbeit.
    Zuhause geht nicht, kein Proxi VPN und Windows 3.1 und nen Einwahlknoten der immer zusammenbricht.
    Immerhin hat der BER schon Windows 98, aber eine Eröffnungsparty geht nun Mal nicht. Die Komparsen sind abbestellt und der TÜV gegangen.
    Tegel marode, wie die Siemens Bahn egal Berlin es muß weitergehen.

  9. 12.

    Da hat Dein Opa recht. Ist ihm das nicht gelungen, dann macht er in Versicherungen! Oder packt sich die Kneipe voll mit Automaten. Nee, dürfen ja nur noch 2 aufstellen. Da fing das schon an mit der Krise.

  10. 11.

    Was sagte schon mein Opa: "Wer nichts wird, wird Wirt. Und diese "Gastronomen" ohne jegliche Ausbildung schreien heute am lautesten nach Unterstützung.

  11. 10.

    ... und der Vor-vorgänger hat es mit einem gewissen Herrn Landowsky geschafft, dass der ÖD so zurechtgespart werden musste. Die Folgen von Diepgens miserabler Herrschaft spürt die Stadt heute noch. Den BER hat übrigens auch er auf den "Weg" gebracht.
    Aber Schuld ist ja immer die SPD...

  12. 9.

    ...... nochmal... eine Stadt ohne Wirtschaft macht keinen Sinn. Die Auswirkungen wird Berlin mit seinen linken Wirtschaftshassern noch bitter spüren. Mit Frischluftschneisen und Halligalli existiert am Ende nichts. Auch diejenigen
    die sich über die herrliche Ruhe und Entschleunigung freuen, werden noch böse erwachen und darum betteln, das der Senat um wirtschaftliche Ansiedlung wirbt. Dienstleistung funktioniert eben nur wenn es jemanden gibt, der auch dafür bezahlen kann. Aber Berlin wird ja ein Biotop, so schön ... und grün .... so leer ..... keiner muss irgendwo hin .... schööööön

  13. 8.

    Da hat sich der ehemalige Bürgermeister sein eigenes Party Paradies gebaut, immerhin war er jahrelang selbst Kultursenator und hat Industrie und Handwerk sträflichst vernachlässigt. Die Nachfolge Regierung hat es wenigstens wieder halbwegs geschafft, dass der Ö.D. wieder in die Gänge kam.
    Eine Stadt kann nicht bloß von Kultur, Theatern leben. Mir sind noch immer die ganzen Bilder von den Kultur Events vertraut, wo man ihn damals traf. Leider keine, wo er das Handwerk, Industrie vertreten hat.

  14. 6.

    So is dat, wenn eine Stadt nur von Party und Gastronomie / Touris lebt.
    Erinnert mich an Sodom und Gomorrha.

  15. 5.

    Fridays for Future hat wohl nicht gereicht, aus dem Grund Corona! Vielleicht ist das noch ein harmloser Warnschuss? In China hatte man ja vorher schon Masken nötig, damit man nicht mehr Russpartikel einatmet wie Sauerstoff. Viele die keinen Fluglärm mehr ertragen müssen werden das Leben jetzt wohl auch mal in Ruhe genießen. Niemand steigt mehr aus dem Auto und schlägt dem der vor im steht ins Gesicht, weil er bei Gelb nicht gefahren ist. Kein lügen und betrügen mehr, weil die Abgaswerte in den Innenstädten nicht stimmen. Toilettenpapier gibt es auch wieder. Niemand wird am Alex erschlagen. Hat auch schon paar Vorteile, so eine kleine Lungenpest.

  16. 4.

    Der Senat überdenkt nichts sondern schläft. Anders ist es nicht zu erklären das Brandenburg ab morgen das ein oder andere öffnet und Berlin sich eine Woche nicht mal rührt. Schlechter kann man nicht arbeiten.

  17. 3.

    Hallo Ketzer, Sie sprechen mir aus der Seele, wie man so sagt. Für mich ist das jetzt, insbesondere in der Gastronomie, "gesunde Auslese". Und das ist auch gut so.

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