Fußgängerin in Schöneberg erfasst - Verfahren gegen Lkw-Fahrer nach tödlichem Unfall eingestellt

Mi 24.06.20 | 14:27 Uhr
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Archivbild: Amtsgericht Tiergarten. (Quelle: imago images/GORA)
Audio: Inforadio | 24.06.2020 | 14:00 Uhr | Ulf Morling | Bild: imago images/GORA

Ein Lkw-Fahrer, der eine 23 Jahre alte Fußgängerin in Berlin-Schöneberg beim Rechtsabbiegen erfasst und überrollt hatte, bleibt straffrei. Das Amtsgericht Tiergarten hat das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung am Mittwoch gegen eine Geldauflage von 500 Euro eingestellt.

Das Gericht nahm an, dass die getötete Fußgängerin bei Rot über die Straße gegangen war. Ein Rotlicht-Verstoß wiege schwerer als eine geringfügige Geschwindigkeitsübertretung, urteilte der Richter. Es sei ein "absoluter Grenzfall", begründete der Richter die Entscheidung. Für den 61-jährigen Angeklagten wäre eine Kollision laut einem Gutachten auch bei Schrittgeschwindigkeit höchstwahrscheinlich nicht vermeidbar gewesen.

Der Lkw-Fahrer hatte die junge Passantin im August 2018 mit seinem Lkw beim Rechtsabbiegen mit mindestens elf Stundenkilometern von der Dominicusstraße in die Hauptstraße erfasst. Die 23-Jährige war noch am Unfallort ihren schweren Verletzungen erlegen. Die Staatsanwaltschaft war zunächst davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Fußgängerin bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte rechtzeitig wahrnehmen können und müssen.

Gutachter: Unfall auch bei 5 km/h nicht vermeidbar

Ein Augenzeuge hatte im Prozess erklärt, die Frau habe die Fahrbahn bei Rot betreten. "Ist sie denn lebensmüde", sei ihm durch den Kopf geschossen. Sie sei "schnellen Schrittes" gegangen. Andere Fußgänger seien stehen geblieben. Der Lastwagen sei langsam abgebogen. Laut einem Unfallgutachten hatte der Angeklagte kurz vor dem Abbiegen seine Geschwindigkeit auf etwa sechs Kilometer pro Stunde verringert. Danach habe er "nicht übermäßig" beschleunigt und sich dann mit etwa zwölf Kilometer pro Stunde bewegt.

Im Urteil hieß es weiter, vorwerfbar sei dem Angeklagten, dass er keine Schrittgeschwindigkeit eingehalten habe. Der Unfall wäre allerdings laut Gutachter für den Angeklagten auch bei einem Tempo von fünf Stundenkilometern praktisch nicht vermeidbar gewesen. "Er hätte innerhalb von 0,5 Sekunden in alle sieben Spiegel sehen und reagieren müssen."

2 Kommentare

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  1. 2.

    Wer sich in Gefahr begibt...

  2. 1.

    Ich bin verwirrt. Im Artikel steht einerseits, dass der Unfall im August 2018 stattfand, andererseits, "Im Urteil hieß es weiter, vorwerfbar sei dem Angeklagten, dass er keine Schrittgeschwindigkeit eingehalten habe." Die Regelung zur Schrittgeschwindigkeit für LKW beim Rechtsabbiegen gilt doch rechtskräftig erst seit April 2020. Wieso bezieht sich das Gericht auf eine Rechtslage, die zum Unfallzeitpunkt noch gar nicht galt?

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