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Video: rbb24 | 07.08.2022 | Gespräch mit Jörg Wagner | Quelle: DPA/Britta Pedersen

Mit sofortiger Wirkung

Patricia Schlesinger legt Amt als rbb-Intendantin nieder

Die Intendantin des Rundfunks Berlin Brandenburg, Patricia Schlesinger, ist von ihrem Amt zurückgetreten. Dieser Schritt sei die "logische Konsequenz" aus ihrem Versprechen, sich immer für die Belange des Senders einsetzen zu wollen, teilte sie mit.

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Patricia Schlesinger legt ihr Amt als Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) mit sofortiger Wirkung nieder und tritt als Chefin des Senders zurück. Ihre Entscheidung teilte Schlesinger den Vorsitzenden des rbb-Rundfunkrates und des rbb-Verwaltungsrates, Friederike von Kirchbach und Dorette König, am Sonntag mit, diese akzeptierten den Rücktritt. Die Leitung des rbb übernimmt ab sofort Hagen Brandstäter, der stellvertretende Intendant und Verwaltungsdirektor.

Friederike von Kirchbach, rbb-Rundfunkratsvorsitzende, erklärte, Schlesingers Entscheidung sei der richtige Schritt, "weil die umfangreichen Vorwürfe nun unabhängig vom Alltagsgeschäft im rbb geklärt werden können. Ich danke ihr deshalb für diese weitreichende Entscheidung. Der Rundfunkrat wird sich am Montag in seiner Sondersitzung mit der neuen Situation auseinandersetzen können und beraten, wie nun die nächsten Schritte aussehen müssen."

"Entschuldige mich bei den Beschäftigen des rbb"

Patricia Schlesinger teilte mit: "Meine Verantwortung gilt dem rbb und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Aktuell steht nicht mehr die journalistische und publizistische Leistung des Senders im Vordergrund, sondern es geht nur um mögliche und angebliche Verfehlungen der Intendantin. Das bedauere ich sehr und ich entschuldige mich bei den Beschäftigten des rbb für diese Entwicklung. Der Rückzug ist für mich eine logische Konsequenz aus meinem Versprechen, immer und zuerst für die Belange des rbb einzutreten. Gleichzeitig haben persönliche Anwürfe und Diffamierungen ein Ausmaß angenommen, das es mir auch persönlich unmöglich macht, das Amt weiter auszuüben. Ich hoffe, dass ich mit diesem Schritt die anstehende Aufklärung der Vorwürfe erleichtere. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht unter hohem Rechtfertigungsdruck, der rbb beweist linear und non-linear jeden Tag, warum er für die Gesellschaft unverzichtbar ist. Dieser Aufgabe muss sich der rbb mit aller Kraft widmen können. Dem dürfen Vorwürfe gegen mich nicht im Wege stehen."

Pienkny kritisiert Schlesingers Begründung für Amtsaufgabe

Nach dem Rücktritt von rbb-Intendantin Patricia Schlesinger hat der stellvertretende Rundfunkratsvorsitzende Dieter Pienkny Schlesingers Begründung für ihre Amtsaufgabe kritisiert.

"Ein Teil der Geschichten, die aufgegriffen wurden, sind hausgemacht", erklärte Pienkny am Sonntagabend gegenüber dem Medienjournalisten Jörg Wagner (Medienmagazin radioeins und rbb24 Inforadio. "Also, man sollte jetzt nicht den Schwarzen Peter rüberschieben zu Springer & Co., sondern auch sich an die eigene Nase fassen, was im rbb selbst schiefgelaufen ist. Und das scheint ja einiges gewesen zu sein – formuliere ich mal im Konjunktiv."

Pienkny sagte weiter, es sei kein guter Stil, dass einen Tag vor der Sitzung des Rundfunkrats der Rücktritt Schlesingers bekannt werde. Eigentlich habe man in der Sondersitzung am Montagnachmittag sondieren und herausbekommen wollen, wie es weiter gehen könne.

Am Sonntag hat das Online Portal "Business Insider" von weiteren möglichen Verfehlungen in Bezug auf die private Dienstwagennutzung und Bonuszahlungen berichtet. Der Medienexperte Wagner sprach von extremen Detailkenntnissen, so dass Schlesinger offenbar die Flucht nach vorn wichtig erschien.

Kanzlei untersucht Vorwürfe

Schlesinger und der Vorsitzende des rbb-Verwaltungsrats, Wolf-Dieter Wolf, waren nach einem Bericht des "Business Insider" in die Kritik geraten. Es geht um die Frage, ob sie zu nachlässig mit möglichen Interessenskollisionen umgegangen sein könnten - etwa bei der Vergabe von Berater-Aufträgen für den Bau des digitalen Medienhauses am rbb-Standort in Berlin-Charlottenburg.

Außerdem geht es um angeblich fehlerhafte Abrechnungen von dienstlichen Abendessen in der Privatwohnung der Intendantin. Schlesinger und Wolf haben die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Wolf lässt sein Amt als Vorsitzender des rbb-Verwaltungsrats bereits seit einigen Tagen ruhen. Am Donnerstag hatte der rbb als Konsequenz den Vorsitz innerhalb der ARD abgegeben. In der Folge haben verschiedene Medien weitere Vorwürfe gegen Schlesinger erhoben.

Im Auftrag der Compliance-Beauftragten, der Revision und des Verwaltungsrats des rbb untersucht eine Anwaltskanzlei derzeit die Vorwürfe.

Seit 2016 Intendantin

Patricia Schlesinger ist seit 2016 die Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg. Zuvor war sie Leiterin des Programmbereichs Kultur und Dokumentation beim Norddeutschen Rundfunk (NDR). Patricia Schlesinger berichtete aus Singapur und war Moderatorin bei "Panorama". Von 2001 bis 2004 war Schlesinger USA-Korrespondentin in Washington.

In ihre Zeit beim rbb fielen unter anderem der Umzug des ARD-Mittagsmagazins unter der Federführung des Senders nach Berlin, der Ausbau der fiktionalen Angebote des rbb innerhalb der ARD und jüngst der Start des Crossmedialen Newscenters im rbb, in dem die Redaktionen über alle Ausspielwege hinweg aktuelle regionale Angebote journalistisch planen und umsetzen.

Als ARD-Vorsitzende brachte Schlesinger den Ausbau von tagesschau24 zum vollwertigen Nachrichtenkanal auf den Weg.

Sendung: rbb24, 07.08.2022, 21:45 Uhr


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