Interview | Rundfunkrat-Vorsitzende von Kirchbach - "Das ist eine Krise und Krisen durchläuft man nicht unbeschadet"

Mo 08.08.22 | 20:37 Uhr
Friederike von Kirchbach | rbb/Oliver Ziebe
Audio: rbb24 Inforadio | 08.08.2022 | Interview mit Friederike v. Kirchbach | Bild: rbb/Oliver Ziebe

Nach dem Rücktritt von Patricia Schlesinger als Intendantin des rbb, tagte der Rundfunkrat am Montag in einer Sondersitzung. Die Vorsitzende Friederike von Kirchbach sagte danach, Sender und Rat würden nicht mehr so sein wie vorher.

Der Rundfunkrat des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) wird in der kommenden Woche über die Vertragsauflösung der zurückgetretenen Intendantin Patricia Schlesinger beraten. Das verkündete das Kontrollgremium nach seiner Sondersitzung am Montag. Man werde sich am Dienstag (den 16.08.) erneut zu einer Sondersitzung treffen und dort neben der offenen Fragen um die Vertragsauflösung von Schlesinger auch die weitere Rolle von rbb-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf diskutieren.

Inzwischen ermittelt auch die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Schlesinger, ihren Ehemann und Wolf-Dieter Wolf.

Nach der Sondersitzung des Rundfunkrats am Montag, äußerte sich dessen Vorsitzende Friederike von Kirchbach über die Inhalte der Sitzung und das weitere Vorgehen.

rbb|24: Frau von Kirchbach, knapp zwei Stunden lang hat der Rundfunkrat getagt - hat er sich auch selbst kritisch mit der eigenen Rolle beschäftigt?

Friederike von Kirchbach: Das hat er durchaus. Es war eine gründliche, selbstkritische Diskussion, die auch die Frage hatte, wie wir in Zukunft besser unsere Aufsichtsfunktion wahrnehmen können. Was wir dafür brauchen. Diese Diskussion wird weiter geführt werden, wir werden nach diesem Prozess ein anderer Rundfunkrat sein, da bin ich mir sicher.

Wird der rbb auch ein anderer Rundfunk werden?

Ich glaube schon. Das ist eine Krise und Krisen durchläuft man nicht unbeschadet. Der rbb wird Zeichen davon tragen und sei es der Wechsel an der Spitze. Es kann auch sein, dass die ganze Debatte noch mal gründlicher geführt wird, wie wir zusammen arbeiten müssen, damit wir zufrieden gute Arbeit machen für die Menschen in diesem Land.

Wie kann der rbb dazu beitragen, das Vertrauen der Menschen zurück zu gewinnen?

Das wird eine mühselige, lange Arbeit. Vertrauen ist nicht einfach einzufordern, sondern es heißt, dass wir jetzt alle hart daran arbeiten müssen, dass die Menschen in diesem Land, aber auch die Mitarbeiter sich wieder gerne mit dem rbb identifizieren und, dass er seine Aufgabe wahrnimmt: Nach Außen zu berichten, was in diesem Land und in der Welt passiert und nicht über sich selbst und eigene Problemfälle zu berichten. Das wird die Aufgabe der Zukunft sein und da stehen wir als Rundfunkrat mit zur Verfügung. Wir haben uns auch gefragt, was wir tun können, um besser, wirkungsvoller und sichtbarer für die Gesellschaft zu sein, indem wir sie vertreten.

rbb Spezial: Rücktritt der Intendantin Schlesinger

Die Ex-Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger (Bild: dpa/Britta Pedersen)
dpa/Britta Pedersen


Ein erster Schritt dafür wäre ja die Frage: Mit welcher Abfindung geht Patricia Schlesinger in diesen Rücktritt?

Das ist jetzt innerhalb eines Tages noch nicht zu wissen. Wir werden in der nächsten Woche eine erneute Sitzung machen und uns dann mit der Frage beschäftigen: Wie sieht die Beendigung des Dienstvertrages von Patricia Schlesinger aus? Da sind heute noch einige offene juristische Fragen, die ich an dieser Stelle nicht weiter erörtern kann. Das zweite ist dann die Frage, wie es mit dem bisherigen Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Wolf-Dieter Wolf, weiter geht und seiner weiteren Arbeit. Diese beiden Punkte sind Grund für die Sitzung in der nächsten Woche.

Wolf-Dieter Wolf ist noch Mitglied im Verwaltungsrat, es gibt aber jetzt auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn und Patricia Schlesinger, sowie deren Ehemann. Ändert das die Lage?

Keiner freut sich über Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das ist wieder eine Negativ-Schlagzeile mehr, aber gleichzeitig gilt auch hier noch die Unschuldsvermutung. Die Ermittlungen werden aufgenommen, ihre Ergebnisse werden zeigen, was daran begründet ist und was nicht.

Nun gibt es ja vielleicht die Befürchtung: Wenn Patricia Schlesinger weg ist, dann könnte der Aufklärungswille zurück gehen, weil die Person, um die es die ganze Zeit ging, nicht mehr da ist. Kann das passieren?

Ich glaube, dass wir alle sehr aufgewühlt sind und der Aufklärungsdruck eher größer geworden ist. Patricia Schlesinger hat auch den Raum frei gemacht dafür, dass jetzt auch von einer anderen Seite aus gründlich angeschaut werden kann, wo Fehler gewesen sind und wo wir etwas ändern können, wo wir neu ansetzen müssen und wie wir in manchen Fragen noch mal von vorne beginnen können? Das Medienhaus oder was auch immer - es muss alles geprüft werden.

Ist denn tatsächlich nur Frau Schlesinger ein Fall für die Diskussion, die wir jetzt führen müssen oder auch die Geschäftsleitung?

Ich glaube, dass sich alle Beteiligten, also auch wir als Rundfunkrat, der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung natürlich auch, fragen müssen, an welchen Stellen wir anders hätten agieren müssen. Rückwirkend ist das oft leicht zu sagen, aber ich glaube, es sind sich alle in diesem Haus von den genannten bewusst, dass jetzt neu angefangen und selbstkritisch geschaut werden muss: Wo geht es wie weiter.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Thomas Bittner für die rbb24 Abendschau.

Der Text ist eine redigierte Fassung. Das Gespräch können Sie oben auch im Audio-Player nachhören.

Sendung: rbb24 Abendschau, 08.08.2022, 19:30 Uhr

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