Verpackungsgesetz ab 2023 - Restaurants müssen für Take-Away-Essen bald auch Mehrweg-Behälter anbieten

Sa 26.11.22 | 20:20 Uhr | Von Anna Bordel
  78
Eine Person legt Essen in eine Mehrwegschale des Start-ups Vytal. (Quelle: dpa)
dpa
Video: rbb|24 | 27.11.2022 | Bild: dpa

Ab dem nächsten Jahr müssen Caterer, Lieferdienste oder Restaurants für To-Go-Essen auch Mehrweg-Geschirr bereitstellen. Allerdings gibt es Ausnahmen - und auch noch offene Fragen, wie die neuen Auflagen umgesetzt und kontrolliert werden. Von Anna Bordel

Teller, Schalen, Tassen - Gastronomie-Betriebe auch in Berlin und Brandenburg müssen sich damit neu auseinandersetzen: Ab Januar 2023 schreibt das Verpackungsgesetz vor, dass Essen oder Getränke zum Mitnehmen auch im Mehrweg-Geschirr angeboten werden muss. Das Ziel: Müll vermeiden und Rohstoffe sparen.

Kleinere Betriebe ausgenommen

Auf die Mehrweg-Alternative müssen Kundinnen und Kunden zudem deutlich hingewiesen werden. Und: Die Mehrweg-Verpackung darf nicht extra kosten.

Ausgenommen von der neuen Mehrweg-Pflicht sind Betriebe, deren Fläche kleiner als 80 Quadratmeter ist und die weniger als fünf Mitarbeiter haben. Diese müssen es aber wenigstens möglich machen, dass sie Kund:innen Essen und Getränke in selbst mitgebrachte Behälter abfüllen.

Anstoß für die neue Regelung dürfte auch die Entwicklung der Pandemie-Jahre gewesen sein, in denen die Take-Away-Essenskultur stark zulegte. Das zeigte sich in Berlin beispielweise an der zunehmenden Vermüllung von Parks und Plätzen. 2020 holte die Berliner Stadtreinigung eigenen Angaben zufolge 7.600 Tonnen Müll aus den öffentlichen Abfalleimern, 2021 waren es bereits 8.500 Tonnen - vieles davon Wegwerfverpackungen.

Bis zu 10.000 Euro Bußgeld

Wie damit in Berlin umgegangen wird, wurde am Donnerstag im Umweltausschuss beraten. Wie und ab wann gastronomische Betriebe kontrolliert werden, ist offenbar noch nicht ganz geklärt.

Aus einem Merkblatt hervor, dass der Senat an Gastronomieverbände herausgab, geht hervor, dass der Senat bis zu 10.000 Euro Bußgeld für Betriebe vorsieht, die sich nicht an die Regelung halten. Einige Bezirke, unter ihnen Friedrichhain-Kreuzberg, hätten im Ausschuss mitgeteilt, noch nicht darauf vorbereitet zu sein, die Gastronomen im Bezirk ab Januar zu kontrollieren, sagte Felix Reifschneider von der Berliner FDP. Personal fehle und auch die Fragen, wer kontrolliert, sei noch nicht überall endgültig geklärt. Er sehe es auch kritisch, rasch Strafen auszusprechen, sagte Reifschneider. "Gastronomen haben derzeit mit der Inflation, Personalnot und Kaufzurückhaltung genug andere Sorgen", betonte er.

Pizzakartons und Pappbecher ausgenommen

Im Café Eiskult in Berlin-Wedding sind die Betreiberinnen beim Thema Mehrweg derweil schon einen Schritt weiter. Seit etwa einem Jahr bieten sie ihren Kund:innen an, Eis, Kuchen und Getränke in Mehrweg-Behältern des Kölner Unternehmens "Vytal" mitzunehmen - und überlegen nun, das System wieder abzuschaffen. "Genutzt wird das eher selten", sagt Amira Marksteiner, Mitbetreiberin des Cafés Eiskult. Wenn Kunden Mehrweg wollten, würden sie eher eigenes Geschirr mitbringen. Zudem könne man auch essbare Eisbecher und Löffel bekommen.

Auch andere Gastronomie-Betriebe bieten bereits eigene Mehrweg-Behälter an oder nutzen Systeme wie das von "Vytal" oder "Recup" aus München. Für die Unternehmen, die Gastronomen Mehrweg-Geschirr anbieten, könnte das neue Gesetz viele neue Kunden bedeuten. Schon jetzt stellt "Vytal" nach eigenen Angaben in etwa 600 Gastronomiebetrieben in Berlin Mehrweggeschirr zur Verfügung - Tendenz steigend, sagt Finanzleiter Peter Simon. Allerdings sieht Simon weiterhin viel Spielraum, der Mehrweg-Verpflichtung auszuweichen. So seien zum Beispiel Pizzakartons und Pappbecher davon ausgenommen, sagt er.

Wer "Vytal"-Geschirr in einem Restaurant oder Café nutzen möchte, das diesen Service anbietet, muss sich dort per App anmelden oder eine nichtpersonalisierte Kundenkarte nutzen. Dann kann man das Geschirr kostenlos mitnehmen und hat dann zwei Wochen Zeit es wieder zurückzubringen – sonst wird eine Strafe fällig. Etwa 99,3 Prozent der Kundschaft würden die Becher und Teller auch wieder zurückbringen, sagt Simon.

Essensverpackungen vermüllen Parks

Der Kunde zahlt also im besten Falle nichts, hat aber mehr Arbeit mit dem Zurückbringen. "Vielen Kunden ist das Anmelden in der App auch zu aufwändig", sagt Amira Marksteiner, Mitbetreiberin des Cafés Eiskult. Kritisch sieht sie auch, dass die Kosten an den Unternehmen hängen bleiben. Problematisch sei auch, dass nicht nur die eigenen Kund:innen das Geschirr zurückbringen könnten, sondern sie auch "Vytal"-Geschirr annehmen müsste, dass Menschen anderswo ausgeliehen hätten. "Dadurch müssen wir viel mehr reinigen als wir rausgeben", so die Café-Betreiberin.

Die Frage ist auch: Wie nachhaltig sind Mehrwegbehälter eigentlich? Laut Peter Simon von "Vytal" muss ein Mehrwegbehälter, der ja auch aufwändiger in der Herstellung ist, zehn Mal genutzt werden, bis er ökologisch wertvoller ist als ein Einweg-Behälter. Damit das gelingt, müssten sowohl Restaurantbetreiber:innen wie Kund:innen gewissenhaft Behälter ausgeben und zurückbringen.

Sendung: rbb|24, 27.11.2022

Die Kommentarfunktion wurde am 27.11.2022 um 20:08 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Anna Bordel

78 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 78.

    Ich gehe eher davon aus, dass ein Großteil dieses Mehrweg-Geschirrs in Küchenschränken verschwinden wird.
    Bzw. am Wochenende im Mauerpark zertrümmert wird (falls Porzellan, Keramik)
    Dazu ständige Neuproduktion.
    Schritt 2: Gastronomen machen dicht, weil nervlich am Ende bzw. Missachtung der Vorschriften wie bei Corona.
    Dazu Tricksereien: Spaghetti in Pizzakartons usw.
    Jedenfalls ist an diesem Irrsinn nichts ökologisch, wenn man mal genauer durchrechnet.
    Hier würden eher essbare Schalen bzw. sich im Kompost auflösende Tassen was bringen.

  2. 77.

    Warum wird dann mit dem Finger auf Restaurants gezeigt?
    Wohingegen bei Konzerngiganten immer größere Mengen an Rohstoffen verschlungen werden?

  3. 76.

    "Da Lebensmittelrecht Bundesrecht ist, darf Berlin keine eigenmächtige Änderung vornehmen. Oder kennen diese Grünen Ökoterroristen den Unterschied zwischen Bundesrecht und Landesrecht nicht?" (Borussia, 27.11.2022, 12:10)
    Inwiefern kann Pfandgeschirr geeignet sein, kriminelle Gewaltaktionen gegen Menschen oder Dinge (Morde, Entführungen, Attentate, Sprengstoffanschläge) durchzuführen, mit denen Unsicherheit und Schrecken verbreitet werden sollen? Sie sollten Ihre Terrorismusdefinition dringlich mit der Realität abgleichen - bevor Sie sich weiter radikalisieren und u.U. selbst zum Terroristen weiterentwickeln. ;-)

  4. 74.

    "Und wie stellt man sich bei . Mehrweg die Lieferung vor? Der Pizzabote packt die Pizza an der Tür aus?
    Der Chinamann schüttet den bratreis vor die Tür" ja, wenn die Kunde kein Geschirr hat, wird es wohl so aussehen!

  5. 73.

    "Wird eigentlich der Neukauf sinnloser Neu-, Zweit-, Dritt- oder Viert-Telefone verboten?" Das steht hier grad nicht zur Debatte! IRGENDWO muss mal angefangen werden, immer nur mit dem Finger auf andere zeigen, bringt uns keinen Schritt weiter. Ich hoffe, dass die Lieferdienste sich schnell mit den Vorschriften arrangieren und nicht die Hintertüren nutzen.

  6. 72.

    Wichtiger als "Mehrwegbehälter" wäre mir die Bezeichnung "Essen zum Mitnehmen" statt "Take-Away-Essen".

  7. 71.

    an @SSW und ähnliche Kommentatoren, die sich als bessere Menschen sehend (ob beim Klima, auch beim Essen) Beleidigungen von Menschen sind nicht hilfreich, wären Sie betroffen sähen sie es auch so. Und die von mir, nicht mal stark überzeichneten Probleme, gibts beim Inder o. Chin. auch, bei Lief. o. Selbstabholung (Pass fotografieren?) auch und auch bei veganem Essen und wie hilfreich - natürlich kann meine Generation kochen, nur die Klimaaktivistengeneration müllt bei uns im Mietshaus alles mit Lieferkartons (nicht zusammengelegt, gesäubert) voll.

  8. 70.

    Ich gehöre inzwischen zu denjenigen Menschen die sich beides nicht leisten können (u. auch nicht wollten, inkl. Mac o. so), auch nicht einen Döner fraglicher Herkunft, wie auch bei Pseudo-Fair-gehandelt unfair verkauftem Fantasie-Namen-'Kaffee' für jeweils 10 EUR.

  9. 69.

    @Borussia
    Woher haben Sie denn diese Behauptung?
    121 463 Tote nach amtlichen Angaben 2021 in Deutschland.

  10. 68.

    Die Kunden waschen die Verpackung ab und weil eine Bestellung desöfteren passiert, holen die Lieferanten sie das nächste Mal ab, wenn die neue Ware gebracht wird. Das kann dann auch mit Pfand sein, aber ich denke, in der "Szene" geht das auch ohne Pfand. Da muss auch nichts weiter kontrolliert oder Buch geführt werden, der Rücklauf dürfte einigermaßen hoch sein, weil zwischen den Lieferungen i. d. R. nur wenige Tage liegen.

  11. 67.

    @Angelika
    Unsere Lieferfirma bietet Plastik oder Porzellan und nimmt es selbstverständlich am nächsten Tag gereinigt wieder mit. Meine Frau würde auch lieber selbst kochen, aber leider geht es nicht mehr. Ich kann nicht mehr aufstehen, da bleibt nur diese Art der Verpflegung. Alles kann der Pflegedienst nicht machen. Dem Usern, die alles besser wissen ein Rat:Falls Sie 90 werden, seien Sie froh, wenn Sie sich noch selbst helfen können.

  12. 66.

    Wer was für die Umwelt tuen möchte sollte einfach weniger konsumieren.

    Ich brauche keine Einwegverpaxkung. Ich nehme mir die Zeit und gehe essen oder ich koche mir etwas zuhause.

    Fertig :-)

  13. 65.

    Wann wird der Verkauf dieses E Autos verboten? Akkus enthalten große Mengen seltene Erden. Diese werden in Afrika mit Kinderarbeit abgebaut

  14. 64.

    Das funktioniert nicht. Und schon gar nicht für diesen Preis .

    Material beim Kunden abhen -rejnigen und auf Betriebe verteilen

    Noch mehr Start Up die nichts taugen? Von diesen Firmen gibt's schon genug

    Außerdem ist Lebensmittelrecht Bundesrecht!

  15. 62.

    Schonmal von diabetisch bedingten Herzinfarkt oder Schlaganfall gehört?
    Aber manche Leute würden auch einen Kopfschuss überleben.

  16. 61.

    Mal ein konstruktiver Vorschlag:
    Man nimmt 1€ pro Verpackung und schafft davon Verpackungs-Rücknahmestellen.
    Dort könnten dann viele neue StartUps entstehen.

  17. 60.

    Es ist davon auszugehen, dass diese Regelungen im Vielflieger-Milieu besonders gut ankommen.
    Und falls es hier zu lästig wird mit den Restaurant-Regeln kann man dann in die Lieblingseisdiele nach Spanien fliegen.

  18. 59.

    Wird eigentlich der Neukauf sinnloser Neu-, Zweit-, Dritt- oder Viert-Telefone verboten?
    Oder dürfen Minderjährige weiterhin Kobalt und andere seltene Erden für das Wohlbefinden der Menschen in den mehrfach in Moral getränkten Städten herausbuddeln?
    Wie viel Schein-Ökologie hält unsere Gesellschaft eigentlich noch aus?

Nächster Artikel