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Quelle: rbb / Karolin Krämer

Weniger Roller, mehr Personal

Helfen die neuen Regeln gegen störende E-Roller?

Seit zwei Monaten gelten neue Regeln für die Anbieter von ausleihbaren E-Rollern in Berlin. Hat der Senat das Problem damit gelöst? Von Julian von Bülow

Die achtlos abgestellten Elektroroller in Berlin sind für viele ein Ärgernis. Für mobilitäts- oder sehbeeinträchtigte Menschen und Fahrradfahrer werden sie sogar zur Gefahr. Berliner CDU und SPD vereinbarten daher im Koalitionsvertrag: Die Zahl der festen Parkstationen soll ausgeweitet werden. Der Senat werde das verkehrswidrige und gefährliche Abstellen von E-Rollern, E-Scootern und E-Bikes mit entsprechenden Auflagen für die Anbieter beenden.

Hat das funktioniert?

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Seit Januar gelten neue Regeln

Seit Januar 2024 dürfen nur noch 19.000 statt der bisherigen 25.000 E-Roller im S-Bahn-Ring unterwegs sein. Zudem müssen die Anbieter "mehr Personal für Fußpatrouillen einsetzen, die insbesondere an den Hotspots für Ordnung sorgen und die von ihren Mietfahrzeugen verursachten Gefahren für den Fußverkehr beseitigen", so hatte es die Senatsverwaltung für Mobilität im November verfügt.

Roland Stimpel vom Fachverband Fußverkehr, kurz Fuss e.V., ist von den Maßnahmen nicht überzeugt: "Die Regeln gehen am Problem vorbei", sagt er. Nach fünf Jahren Erfahrung in Berlin und vielen anderen Städten wisse man: Wo E-Scooter straflos hingestellt oder hingeworfen werden können, da stehen und liegen sie auch.

Zwei Drittel der Roller 2023 seien "störend"

Eine Untersuchung von Fuss e.V. vom August 2023 kam zu dem Schluss, dass rund zwei Drittel der Leih-Zweiräder "störend" in Berlin abgestellt würden. Dabei habe der Verband die Straßenverkehrsordnung sowie die Sondernutzungsbestimmungen für E-Roller des Senats berücksichtigt.

"Deutlich gebessert hat sich die Situation nur dort, wo rund um die Flächen das Abstellen technisch unmöglich gemacht worden ist, etwa rund um die Kreuzung Unter den Linden/Wilhelmstraße/Pariser Platz", sagt Stimpel. Außerhalb des S-Bahn-Rings habe sich nach den Beobachtungen des Vereins nichts gebessert - um Bahnhöfe herum seien Behinderungen alltäglich.

Jelbi-Stationen gegen Roller-Wildparken

Für mehr Ordnung sollen die Jelbi-Stationen und -punkte der BVG sorgen: An diesen festen Orten in der Stadt können Pendler:innen Fahrräder und Roller der verschiedenen Anbieter wie Bolt, Voi, Tier und Lime ausleihen und abstellen. Dafür, dass die Zweiräder am Ende auch vernünftig geparkt werden, sind aber die Nutzer:innen und Anbieter zuständig. Die BVG bietet auf ihrer Jelbi-Webseite an, blockierende Fahrzeuge zu melden. "Erfahrungsgemäß werden die Fahrzeuge innerhalb kurzer Zeit umgeparkt", so eine BVG-Sprecherin. Zahlen zu Meldungen erhebt die BVG allerdings nicht.

Der Anbieter Voi teilt rbb|24 mit: "Unsere Erfahrung zeigt, dass die überwiegende Mehrheit unserer Nutzer:innen ihre E-Scooter bereits ordnungsgemäß parkt."

Ende des E-Scooter-Chaos? Den rbb24 explainer anschauen:

Auf Anfrage nannten die Anbieter Tier, Voi und Bolt keine Zahlen zu Beschwerden über regelwidrig abgestellte Roller. Generell gebe es aber eine positive Entwicklung, so Natascha Spörle von Bolt. rbb|24 sagt sie: "Die Zahl der Beschwerden geht zurück, insbesondere seit es die Jelbi-Stationen gibt." Ein Sprecher von Voi bestätigt ebenfalls diese Entwicklung.

Es gebe zudem feste Regeln für das Abstellen von Fahrzeugen auf den Gehwegen, so Spörle, etwa, dass dies nur auf Wegen mit einer Breite von 2,30 Metern passieren dürfe. Daten zu den Gehwegbreiten gebe es vom Senat aber nicht, also können jene Straßen nicht per GPS fürs Abstellen durch die Anbieter geblockt werden.

Gemeldet werden können die regelwidrig abgestellten Zweiräder per App der Anbieter, per Mail, Hotline, Webseite sowie scooter-melder.de und die Jelbi-Falschparker-Webseite. "Es gibt aber auch Beschwerden über Roller, die nach den Auflagen des Senats regelkonform abgestellt sind", sagt Spörle. Solche Meldungen habe es sogar von Berliner Ordnungsämtern gegeben.

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Roller müssen innerhalb von Stunden verschwinden

Die Nutzerinnen und Nutzer müssen am Ende der Fahrt ein Foto vom abgestellten Roller an den Anbieter schicken, diese werden dann auf korrektes Abstellen überprüft. Kommt es zum Regelverstoß, werden die Nutzenden darauf hingewiesen. "Im Wiederholungsfall oder bei schwerwiegenden Verstößen behalten wir uns das Recht vor, Nutzer:innen von unseren Diensten auszuschließen", so Voi. Kosten für Verstöße würden nach Möglichkeit an die Verursacher:innen weitergegeben. Zudem gebe es ausgewiesene Parkflächen für die Roller, alle Anbieter geben Hinweise und bieten Tutorials für das korrekte Abstellen an.

Damit dennoch regelwidrig abgestellte Zweiräder schnell verschwinden, müssen die Roller tagsüber innerhalb von vier Stunden nach Meldung bzw. nachts bis um 10 Uhr am Folgetag umgeparkt werden. Dafür sind bei den Anbietern seit diesem Jahr nun 4,5 Vollzeitstellen für Fußpatrouillen im Ring vom Senat vorgeschrieben, erklärt Spörle.

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Umkämpfter Stadtraum

Bei einer kurzen rbb-Straßenumfrage wird deutlich: Es gibt immer noch viele Berliner:innen, die von den Rollern genervt sind. Sie begrüßen die Möglichkeit, regelwidrig abgestellte Zweiräder zu melden, zweifeln aber auch daran, dass sie selbst oder andere sich in der konkreten Situation die Mühe machen würden.

Da es immer wieder Nutzungskonflikte zwischen Fußgänger:innen, Außengastronomie, Stadtreinigung und eben auch E-Scootern gebe, brauche es eine Neuaufteilung des öffentlichen Raums, so Spörle von Bolt. Ein Sprecher von Voi sagt rbb|24: "Es ist nicht fair oder sinnvoll, dass in Berlin allein im Innenring fast 230.000 Straßenparkplätze für Autos zur Verfügung stehen, während alternative Mobilitätsformen um jeden Quadratmeter kämpfen müssen."

Reduktion der Rollerzahl wäre eine Option

Roland Stimpel von Fuss e.V. fordert, dass das Anbieten, Abstellen und Auschecken der Leihräder und -roller nur an fest umgrenzten Flächen möglich sein soll. "Es darf nur so viele Leihfahrzeuge geben, wie auf diesen Flächen Platz finden", alle anderen müssten aus dem Verkehr gezogen werden.

Das sei nicht praktikabel, sagt Natascha Spörle von Bolt. "Es gibt einfach Orte, an denen kein hohes Verkehrsaufkommen ist", daher sei in Berlin eine Mischung aus festen Stationen und dem "Free Floating"-Angebot, also dem nicht-zonierten Abstellen, das sinnvollste.

Zwischenfazit: Glaubt man den Rolleranbietern, bessert sich die Situation. Schaut man sich auf den Straßen um, findet man aber immer noch störende Roller - auch wenn manches Geschmackssache sein mag. Zudem sind jetzt im Winter vermutlich weniger Leute draußen unterwegs als im Sommer.

Genau dann plant die Berliner Senatsverwaltung für Mobilität die Lage zu prüfen: Die Zahl der ausleihbaren E-Roller könne noch sinken, "sollte sich bis zum Sommer 2024 keine spürbare Verbesserung der Ordnung auf Gehwegen einstellen", heißt es in einer Pressemitteilung.

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