Weniger Roller, mehr Personal - Helfen die neuen Regeln gegen störende E-Roller?

Di 27.02.24 | 07:22 Uhr
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Originalbild: Ein E-Roller auf dem Gehweg in Zehlendorf. (Quelle: rbb / Karolin Krämer)
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Bild: rbb / Karolin Krämer

Seit zwei Monaten gelten neue Regeln für die Anbieter von ausleihbaren E-Rollern in Berlin. Hat der Senat das Problem damit gelöst? Von Julian von Bülow

Die achtlos abgestellten Elektroroller in Berlin sind für viele ein Ärgernis. Für mobilitäts- oder sehbeeinträchtigte Menschen und Fahrradfahrer werden sie sogar zur Gefahr. Berliner CDU und SPD vereinbarten daher im Koalitionsvertrag: Die Zahl der festen Parkstationen soll ausgeweitet werden. Der Senat werde das verkehrswidrige und gefährliche Abstellen von E-Rollern, E-Scootern und E-Bikes mit entsprechenden Auflagen für die Anbieter beenden.

Hat das funktioniert?

Seit Januar gelten neue Regeln

Seit Januar 2024 dürfen nur noch 19.000 statt der bisherigen 25.000 E-Roller im S-Bahn-Ring unterwegs sein. Zudem müssen die Anbieter "mehr Personal für Fußpatrouillen einsetzen, die insbesondere an den Hotspots für Ordnung sorgen und die von ihren Mietfahrzeugen verursachten Gefahren für den Fußverkehr beseitigen", so hatte es die Senatsverwaltung für Mobilität im November verfügt.

Roland Stimpel vom Fachverband Fußverkehr, kurz Fuss e.V., ist von den Maßnahmen nicht überzeugt: "Die Regeln gehen am Problem vorbei", sagt er. Nach fünf Jahren Erfahrung in Berlin und vielen anderen Städten wisse man: Wo E-Scooter straflos hingestellt oder hingeworfen werden können, da stehen und liegen sie auch.

Zwei Drittel der Roller 2023 seien "störend"

Eine Untersuchung von Fuss e.V. vom August 2023 kam zu dem Schluss, dass rund zwei Drittel der Leih-Zweiräder "störend" in Berlin abgestellt würden. Dabei habe der Verband die Straßenverkehrsordnung sowie die Sondernutzungsbestimmungen für E-Roller des Senats berücksichtigt.

"Deutlich gebessert hat sich die Situation nur dort, wo rund um die Flächen das Abstellen technisch unmöglich gemacht worden ist, etwa rund um die Kreuzung Unter den Linden/Wilhelmstraße/Pariser Platz", sagt Stimpel. Außerhalb des S-Bahn-Rings habe sich nach den Beobachtungen des Vereins nichts gebessert - um Bahnhöfe herum seien Behinderungen alltäglich.

Jelbi-Stationen gegen Roller-Wildparken

Für mehr Ordnung sollen die Jelbi-Stationen und -punkte der BVG sorgen: An diesen festen Orten in der Stadt können Pendler:innen Fahrräder und Roller der verschiedenen Anbieter wie Bolt, Voi, Tier und Lime ausleihen und abstellen. Dafür, dass die Zweiräder am Ende auch vernünftig geparkt werden, sind aber die Nutzer:innen und Anbieter zuständig. Die BVG bietet auf ihrer Jelbi-Webseite an, blockierende Fahrzeuge zu melden. "Erfahrungsgemäß werden die Fahrzeuge innerhalb kurzer Zeit umgeparkt", so eine BVG-Sprecherin. Zahlen zu Meldungen erhebt die BVG allerdings nicht.

Der Anbieter Voi teilt rbb|24 mit: "Unsere Erfahrung zeigt, dass die überwiegende Mehrheit unserer Nutzer:innen ihre E-Scooter bereits ordnungsgemäß parkt."

Ende des E-Scooter-Chaos? Den rbb24 explainer anschauen:

Auf Anfrage nannten die Anbieter Tier, Voi und Bolt keine Zahlen zu Beschwerden über regelwidrig abgestellte Roller. Generell gebe es aber eine positive Entwicklung, so Natascha Spörle von Bolt. rbb|24 sagt sie: "Die Zahl der Beschwerden geht zurück, insbesondere seit es die Jelbi-Stationen gibt." Ein Sprecher von Voi bestätigt ebenfalls diese Entwicklung.

Es gebe zudem feste Regeln für das Abstellen von Fahrzeugen auf den Gehwegen, so Spörle, etwa, dass dies nur auf Wegen mit einer Breite von 2,30 Metern passieren dürfe. Daten zu den Gehwegbreiten gebe es vom Senat aber nicht, also können jene Straßen nicht per GPS fürs Abstellen durch die Anbieter geblockt werden.

Gemeldet werden können die regelwidrig abgestellten Zweiräder per App der Anbieter, per Mail, Hotline, Webseite sowie scooter-melder.de und die Jelbi-Falschparker-Webseite. "Es gibt aber auch Beschwerden über Roller, die nach den Auflagen des Senats regelkonform abgestellt sind", sagt Spörle. Solche Meldungen habe es sogar von Berliner Ordnungsämtern gegeben.

Roller müssen innerhalb von Stunden verschwinden

Die Nutzerinnen und Nutzer müssen am Ende der Fahrt ein Foto vom abgestellten Roller an den Anbieter schicken, diese werden dann auf korrektes Abstellen überprüft. Kommt es zum Regelverstoß, werden die Nutzenden darauf hingewiesen. "Im Wiederholungsfall oder bei schwerwiegenden Verstößen behalten wir uns das Recht vor, Nutzer:innen von unseren Diensten auszuschließen", so Voi. Kosten für Verstöße würden nach Möglichkeit an die Verursacher:innen weitergegeben. Zudem gebe es ausgewiesene Parkflächen für die Roller, alle Anbieter geben Hinweise und bieten Tutorials für das korrekte Abstellen an.

Damit dennoch regelwidrig abgestellte Zweiräder schnell verschwinden, müssen die Roller tagsüber innerhalb von vier Stunden nach Meldung bzw. nachts bis um 10 Uhr am Folgetag umgeparkt werden. Dafür sind bei den Anbietern seit diesem Jahr nun 4,5 Vollzeitstellen für Fußpatrouillen im Ring vom Senat vorgeschrieben, erklärt Spörle.

Umkämpfter Stadtraum

Bei einer kurzen rbb-Straßenumfrage wird deutlich: Es gibt immer noch viele Berliner:innen, die von den Rollern genervt sind. Sie begrüßen die Möglichkeit, regelwidrig abgestellte Zweiräder zu melden, zweifeln aber auch daran, dass sie selbst oder andere sich in der konkreten Situation die Mühe machen würden.

Da es immer wieder Nutzungskonflikte zwischen Fußgänger:innen, Außengastronomie, Stadtreinigung und eben auch E-Scootern gebe, brauche es eine Neuaufteilung des öffentlichen Raums, so Spörle von Bolt. Ein Sprecher von Voi sagt rbb|24: "Es ist nicht fair oder sinnvoll, dass in Berlin allein im Innenring fast 230.000 Straßenparkplätze für Autos zur Verfügung stehen, während alternative Mobilitätsformen um jeden Quadratmeter kämpfen müssen."

Reduktion der Rollerzahl wäre eine Option

Roland Stimpel von Fuss e.V. fordert, dass das Anbieten, Abstellen und Auschecken der Leihräder und -roller nur an fest umgrenzten Flächen möglich sein soll. "Es darf nur so viele Leihfahrzeuge geben, wie auf diesen Flächen Platz finden", alle anderen müssten aus dem Verkehr gezogen werden.

Das sei nicht praktikabel, sagt Natascha Spörle von Bolt. "Es gibt einfach Orte, an denen kein hohes Verkehrsaufkommen ist", daher sei in Berlin eine Mischung aus festen Stationen und dem "Free Floating"-Angebot, also dem nicht-zonierten Abstellen, das sinnvollste.

Zwischenfazit: Glaubt man den Rolleranbietern, bessert sich die Situation. Schaut man sich auf den Straßen um, findet man aber immer noch störende Roller - auch wenn manches Geschmackssache sein mag. Zudem sind jetzt im Winter vermutlich weniger Leute draußen unterwegs als im Sommer.

Genau dann plant die Berliner Senatsverwaltung für Mobilität die Lage zu prüfen: Die Zahl der ausleihbaren E-Roller könne noch sinken, "sollte sich bis zum Sommer 2024 keine spürbare Verbesserung der Ordnung auf Gehwegen einstellen", heißt es in einer Pressemitteilung.

90 Kommentare

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  1. 90.

    @ Lucy, ich nehme nie die letzte Bahn. Und das nun schon seit vielen, vielen Arbeitsjahren. Und somit habe ich noch nie einen E-Scooter gebraucht. Ach, und ob sie's glauben oder nicht: ich war schon mal 'auf dem letzten Drücker', aber noch nie zu spät.

  2. 89.

    Und doch haben die Roller mehrmals meinen Hintern gerettet und mich rechtzeitig zur Arbeit gebracht, als mal wieder kein Verlass auf die BVG war. Sicherer für Alle ja, aber bitte auch bezahlbar lassen.

  3. 88.

    Ich habe noch keinerlei Verbesserung bemerken können.

  4. 87.

    @ Andreas.., was für'n Stuss wieder. Aber die Zeit arbeitet. Auch Sie kommen in die Jahre. Sie werden Schwierigkeiten bekommen beim Laufen. Sie bekommen die alten, müden Beine nicht mehr hoch genug. Ihnen wird jeder Schritt zuviel. Und wenn alles nach Plan läuft, eventuell auch Sehbehindert. Und dann hüpfen Sie wie ein junger Hirsch über diese Dinger und freuen sich, das es diese Dinger gibt.

  5. 86.

    @ KaDe, jau, da haben Sie Recht. Und auch wieder nicht. Es stimmt, der Bundesrat hat für eine Zulassung der E-Scooter gestimmt. Aber er hat sie nicht(!) zur Pflicht gemacht. Somit steht es jeder Gemeinde/Stadt/Kommune frei zu entscheiden, wollen wir so etwas oder wollen wir es nicht.

  6. 85.

    In Paris sind die Mistdinger verboten, aber das will man dem RBGM Kai Wegner nicht antun, freut er sich doch deren "nutzung" aus seinem Dienstwagem zuzuschauen...

  7. 84.

    Geschäftsmodell? Berlin schafft es nicht mal Parkplätze kostendeckend zu berechnen und verschenkt öffentlichen Raum zu Lasten der übrigen Steuerzahler.

  8. 82.

    Ein neues Geschäftsmodell für die Einnahmen der Kommunen kann entstehen: Das Einsammeln und in Rechnung stellen...

  9. 80.

    Der Bund entscheidet überhaupt nichts. Das ist ausschließlich Länder oder Kommunen Entscheidung.

  10. 79.

    Auch an sie mal die Frage…
    Sind die so groß, dass man nicht drum herum gehen kann ? Oder der sportliche… drüber steigen ?
    Es klingt immer so als hätten die Scooter die Größe eines Panzers und es ist das Einzige was einen von dem deirekten Weg abhält.
    Sind sie früher nie Fahrrad gefahren und haben einen Freund/Freundin auf dem Gepäckträger sitzen gehabt ?
    Das war und ist verboten.
    Was stört sie denn wenn da 2 drauf stehen ? Ist es für Sie gefährlich oder geht es nur ums Prinzip ?
    Als würden sich alle anderen permanent an alle Regeln halten würden.

  11. 78.

    @EVE : Stimme deinem Kommentar zu.
    Ich habe nichts von Veränderungen gemerkt Die Dinger liegen nach wie vor in der Gegend herum und behindern Fußgänger:innen. Gefahren wird auch weiterhin verkehrswidrig. Abschaffen bitte.

  12. 77.

    Wirklich sie sehen die irgendwo rumstehen… sehe sie auch Falschparker… oder Fußgänger bei rot über die Ampel gehen ?
    Es sieht wohl danach aus, dass es immer welche gibt die allen Regeln zum trotz sich nicht dran halten… ich wage mal eine gewagte Prognose…. Das wird auch weiterhin so sein.

  13. 76.

    In London sind sie im ÖPNV verboten nachdem einer dort abgebrannt ist… das sind aber nicht die zu mietenden.
    In GB sind grundsätzlich alle E_Scooter verboten… also die privat gekauften.
    Für Mietroller gibt es eine 12monatige Testphase für bestimmte Bereiche.
    In den Niederlanden bedient man sich eines „Tricks“ … E-Scooter sind wie Mofas eingestuft… Mofas brauchen einen Sitz… also darf damit alles was keinen Sitz hat nicht umherfahren.
    Eigentlich gibt es nur eine Stadt in ganz Europa die zu mietenden E-Scooter verboten hat… Paris.

  14. 75.

    Nochmal, das hat nicht Berlin, sondern der Bund zu entscheiden, bedanken sie sich bei Andi Scheuer.

  15. 74.

    Aber nicht auf den Akku pinkeln... könnte bleibende Erinnerungen hervorrufen.

  16. 73.

    In London sind die Dinger verboten worden. Soviel mal dazu Berlin! Also einfach mal machen.

  17. 72.

    Ja klar, was denn sonst, wenn die Erziehung der Eltern nichts gebracht hat.

  18. 71.

    Ne, das hilft nicht. Sehe immer noch welche irgendwo rum stehen

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