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Audio: rbb24 Inforadio | Mi 24.08.22 | Quelle: dpa/Monika Skolimowska

Suche nach Interims-Intendant

Belegschaft des rbb fordert Mitsprache bei Neuanfang

Wer soll den rbb aus der Krise führen? Rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders fordern in einer Resolution mehr Mitsprache bei der Suche nach neuem Spitzenpersonal. Zugleich müsse die Aufarbeitung der Missstände vorangetrieben werden.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb fordern, bei der Aufklärung aller im Raum stehenden Vorwürfe sowie bei der Neuaufstellung der Geschäftsleitung die Beschäftigten jetzt konsequent einzubinden. Das ist der Inhalt einer Resolution, die auf einer "Belegschaftsversammlung von unten" mit rund 500 Teilnehmern am Dienstagabend verfasst wurde.

Die Versammlung war von der Vertretung der freien Mitarbeiter im rbb, dem Personalrat, dem Redaktionsausschuss, der Frauenvertretung und der Schwerbehindertenvertretung organisiert worden. Der rbb hat rund 3.500 Mitarbeiter, darunter rund 1.500 freie Mitarbeiter.

"Hinterzimmer-Kungeleien können wir uns nicht erlauben"

Der Rundfunkrat müsse unverzüglich eine vertrauenswürdige Interims-Geschäftsleitung einsetzen, heißt es weiter. In diesen transparenten Findungsprozess müsse die Belegschaft, also feste und freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einbezogen werden. "Hinterzimmer-Kungeleien und alte Seilschaften können wir uns nicht erlauben", heißt es in der Resolution wörtlich. Dies gelte auch für die Ausschreibung bei der regulären Besetzung der nächsten Geschäftsleitung.

Die Bewerberinnen und Bewerber müssten vor ihrer Wahl ihre Qualifikation nicht nur vor der Belegschaft präsentieren, sondern auch vor den Augen der rbb-Nutzerinnen und -Nutzer in Berlin und Brandenburg bestehen, so die Forderung.

Entscheidung des Verwaltungsrats

Abberufene rbb-Intendantin Schlesinger wird fristlos entlassen

Die abberufene rbb-Intendantin Patricia Schlesinger wird vorsorglich außerordentlich und fristlos entlassen. Das hat der Verwaltungsrat des rbb am Montag bekanntgegeben. Das Gremium sprach sich zudem für einen Interims-Intendanten aus.

Forderung nach mehr Transparenz

Darüberhinaus ist die Belegschaftsversammlung zu dem Schluss gekommen, dass sich die unverhältnismäßig starke Stellung der Intendantin oder des Intendanten bei zugleich schwacher ehrenamtlicher Kontrolle überlebt habe. Allein der Austausch des Spitzenpersonals werde nicht reichen. Es brauche jetzt wirksame Compliance-Regeln und einen zeitgemäßen rbb-Staatsvertrag. Die Mitspracherechte der Beschäftigten bei der Besetzung von Führungspositionen bis hin zur Intendanz müssten gesetzlich verankert werden. Nur so könnten die Führungskräfte auch das Vertrauen der Belegschaft gewinnen. "Statt durch Boni versüßte Gefolgschaft müssen transparentes Handeln, Kritikfähigkeit und Zivilcourage die entscheidenden Karrierefaktoren sein", heißt es in der Resolution.

Auch die Aufsichtsgremien müssten gestärkt und auch hier Beschäftigte und ihre internen Kenntnisse systematisch eingebunden werden. Insbesondere die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (inzwischen knapp die Hälfte der Belegschaft und der allergrößte Teil der Journalistinnen und Journalisten) müssten zukünftig durch den Personalrat vertreten und auch in die Aufsichtsgremien eingebunden werden, geregelt durch den Staatsvertrag.

Missstände sollen intern aufgearbeitet werden

In der Resolution kündigen die rbb-Beschäftigten ferner an, eine Aufklärungs- und Zukunftskommission zu bilden. Dafür würden in den nächsten Tagen Personen aus der Belegschaft und von außen benannt. Sie sollen unabhängig und im Auftrag aller rbb-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter die Missstände aufklären und an die Belegschaft berichten. Außerdem soll sie Empfehlungen geben, wie das Vertrauen zwischen Belegschaft und Führungskräften gestärkt werden kann und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um vergleichbare Vorgänge in Zukunft zu verhindern.

Der rbb müsse sich intern neu aufstellen, mit flachen Hierarchien und einem offenen Ohr für die Wünsche des rbb-Publikums. Ein gutes und vertrauenswürdiges Programm sei eine Daueraufgabe, die nicht an eine Geschäftsleitung delegiert werden könne.

Die Resolution schließt mit den Worten: "Die Glaubwürdigkeit des rbb werden wir nur wieder herstellen können, wenn unsere Arbeit überzeugend ist und wenn wir von unserer Arbeit überzeugt sind."

Wer prüft den rbb?

Rundfunkrat

Wer?

30 Mitglieder

entsandte Vertreter:innen diverser gesellschaftlicher Gruppen und Verbände

Acht Posten werden durch Politik besetzt (Wahl durch Fraktionen in Landtag und Abgeordnetenhaus, Kandidat:innen müssen keine Parlamentarier:innen sein)

Sitzungen sind öffentlich, mit Ausnahmen (Entscheidungen zu einzelnen Personen)

Amtsdauer: 4 Jahre

monatliche Aufwandsentschädigung: 400 Euro (Vorsitzende: 700, Stellvertreter 500 Euro)

Sitzungsgeld: 75 Euro

Dreistufentest nach dem Medienstaatsvertrag

Aufgaben

Überwacht Einhaltung des Staatsvertrages, darf aber einzelne Angebote vor der Ausstrahung weder kontrollieren noch beeinflussen

Prüft Angebote auf Einhaltung des Drei-Stufen-Tests nach dem Medienstaatsvertrag

Erlässt Richtlinien für neue Angebote des rbb

Wählt die Mitglieder des Verwaltungsrates und kann sie auch abberufen

Entscheidet in der Regel mit einfacher Mehrheit, bei Personalentscheidungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit

Segnet Finanzordnung ab und muss bei Geschäften des rbb ab 250.000 Euro zustimmen

Wählt Intendant:in und Direktor:innen (auf Vorschlag Intendanz) - und kann sie auch abberufen

Intendant:in kann Sondersitzung beantragen und muss zu Sitzungen eingeladen werden

Personalrat des rbb darf zwei Vertreter:innen zu Sitzungen schicken

Verwaltungsrat

Wer?

Acht Mitglieder, darunter Vertreter:in des Personalrates

Wird vom Rundfunkrat gewählt

Sitzungen sind nichtöffentlich

Amtszeit: 4 Jahre

Aufgaben

Kontrolliert Geschäfte der Intendanz und der rbb-Tochterunternehmen

Schließt Dienstvertrag mit Intendant oder Intendantin ab

Vertritt den rbb juristisch gegenüber Intendanz bei Rechtsstreit

Prüft Wirtschaftsplan, Jahresabschluss und Geschäftsbericht

Erlässt Finanzordnung

Wickelt Grundstücksgeschäfte ab

Schließt Tarifverträge ab

Externe Prüfung

Rechnungshöfe von Berlin und Brandenburg

prüfen die Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie die Rechnungslegung des rbb

leiten Erkenntnisse an Landesregierungen beider Länder weiter

können ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit der Prüfung zu Lasten des Rundfunks Berlin-Brandenburg beauftragen

Parlamente in Berlin und Brandenburg

Müssen vom rbb über wirtschaftliche und finanzielle Lage informiert werden, inkluisve Geschäften der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften

Müssen alle vier Jahre über Veränderungen und Entwicklungsperspektiven des rbb informiert werden

Die Beitragszahler:innen

Wer Kritik am Programm des rbb üben will, kann das in Form einer Programmbeschwerde tun. Damit rügt man die Verletzung von Programmgrundsätzen des rbb [mehr hier].

Über Programmbeschwerden entscheidet der Intendant oder die Intendantin innerhalb eines Monats schriftlich. Ist der Beschwerdeführer oder die Beschwerdeführerin mit der Antwort nicht einverstanden, kann er oder sie sich an den Rundfunkrat wenden. Der entscheidet schließlich endgültig, ob die Beschwerde begründet ist.

Sendung: Inforadio, 24.08.2022, 7:00 Uhr

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