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Video: rbb24 Abendschau | 09.01.2024 | Quelle: picture alliance/Schoening

Standortsuche in Berlin

Studie hält Windräder im Grunewald oder am Müggelsee für möglich

Berlin ist Schlusslicht bei der Windenergie, der Bund hat den Ländern aber konkrete Ziele vorgegeben. Der Senat hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Sie zeigt, dass Wälder kein Tabu sind und Berlin wohl die Hilfe anderer Bundesländer braucht. Von Jan Menzel

Während sich in Hamburg und Bremen schon Dutzende von Windrädern drehen, kommt die Hauptstadt gerade mal auf sechs solcher Anlagen. An mangelndem Wind liegt es jedenfalls nicht. Der weht auch in Berlin überall ausreichend, stellen die Autoren der Potenzialanalyse fest. Der Senat hatte sie vor über einem Jahr in Auftrag gegeben. Nun liegt sie vor, und damit könnte Bewegung in die Debatte kommen. Hatten verschiedene Senate doch die Windenergie jahrzehntelang stiefmütterlich behandelt und stets auf den Nachbarn Brandenburg gezeigt.

Die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts und der Beratungsfirma Bosch & Partner haben dazu eine mehrere hundert Seiten starke Analyse abgeliefert. "Wir haben das auf zehn Quadratmeter genau gemacht und haben insgesamt 4.300 Quadratmeter in Berlin untersucht. Welche Nutzungskonflikte, welche Gegensätze, welche Herausforderungen stellen sich da für die Windenergienutzung", beschreibt Wirtschaftsstaatssekretär Severin Fischer (SPD) die Aufgabe.

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Studie listet 32 mögliche Standorte auf

Jede theoretisch mögliche Fläche hat dabei einen Steckbrief bekommen. Interessenskonflikte sind detailliert aufgeführt. Mal sind es Vogelarten, die dort leben und brüten. In anderen Arealen ist es die Nähe zu Landschaftsschutzgebieten, Wohnhäusern oder Flächen, die eigentlich für Industrie und Gewerbe reserviert sind. Kommt nun die Windkraft dazu, sind Kompromisse nötig, macht Fischer deutlich. "Windkraft und Wald schließt sich nicht komplett aus. Genauso gibt es auch andere Nutzungen, die wir mit der Windkraft kombinieren können."

So finden sich in der Studie 32 theoretisch denkbare Standorte für einzelne Windräder. Sowohl ganz große mit einer Gesamthöhe von 230 Metern fallen darunter, als auch etwas kleinere bis 150 Meter Höhe. Die meisten liegen in Industrie- und Gewerbegebieten, an Kraftwerksstandorten wie Reuter und Klingenberg, an der Gradestraße oder in Johannisthal. Auch hier sind Windräder, wenn sie denn tatsächlich gebaut werden, nicht zwingend Selbstläufer. Doch noch auf deutlich mehr Vorbehalte dürfte stoßen, dass die Studienautoren auch kleine Areale im Grunewald und unweit des Müggelsees für theoretisch geeignet halten, um dort mehrere Windkraftanlagen zu errichten.

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Größte Potentiale in Gatow und Buch

Wirtschaftsstaatssekretär Fischer betont aber: "Der ganz überwiegende Teil des Grunewalds und des Berliner Waldes insgesamt ist durch das Berliner Waldgesetz geschützt." Doch zumindest einige kleine Bereiche des Grunewalds und auch einen kleinen Zipfel an der Landesgrenze zu Brandenburg unweit des Müggelsees stufen die Studienautoren als Potenzial mit der Priorität 1 ein.

"Dort wo beispielsweise nur dünne Bepflanzung ist, da ist es durchaus denkbar, diese Flächen zu nutzen", so Fischer. Auch die Ränder des Grunewalds etwa an der Avus sind Bereiche, in denen eine "gute Kooperation von Wald und Windkraft" gelingen könnte, wie Fischer formuliert.

Die Untersuchung zeigt auch, dass die größten Flächenpotenziale für Windenergie in Gatow ganz im Westen und vor allem im Norden Pankows in Buch und Blankenfelde verortet werden können. Wobei längst noch nicht klar ist, ob Berlin damit die Wind-Energie-Vorgaben erreicht. 0,5 Prozent der Landesfläche muss die Stadt für Windnutzung ausweisen. Das sind rund 450 Hektar, was und entspricht in etwa der Größe des ehemaligen Flughafens Tegel entspricht.

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Bis Ende Mai muss entschieden werden

Ob das angesichts der diversen Interessenskollisionen gelingt, ist fraglich. Die Autoren der Potenzialanalyse sehen lediglich 330 Hektar, auf denen der Konfliktrisikowert mit anderen Nutzungsinteressen im moderaten Bereich liegt. "Wir wissen es noch nicht so genau", räumt Wirtschaftsstaatssekretär Fischer auf die Frage ein, ob Berlin es schaffen wird, 0,5 Prozent seiner Landesfläche für Windenergie zu öffnen.

Dem Senat bleibt aber eine Hintertür. Berlin kann sich Kompensationsflächen in anderen Bundesländern sichern. Das sehen die Vorgaben des Bundes ausdrücklich vor. Spätestens bis Ende Mai muss die Windplanung der Hauptstadt aber fertig und damit auch das 0,5-Prozent-Ziel mit konkreten Flächen unterlegt sein. Entscheidungen über den Bau von Anlagen an bestimmten Standorten sind damit noch nicht getroffen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.01.2024, 13:20 Uhr

 

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Beitrag von Jan Menzel

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