Interview | Waldbrand Lieberoser Heide - "Es kann nicht sein, dass wir nach dem Prinzip Hoffnung handeln"

Mo 11.07.22 | 17:06 Uhr
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Ausbruch eines Waldbrandes in der Lieberoser Heide am 06.07.2022(Quelle: pa/Brandenburg News 24/Christian Guttmann)
Bild: pa/Brandenburg News 24/Christian Guttmann

Der Brand in der Lieberoser Heide gilt als gelöscht - die Feuerwehr sucht noch immer nach Glutnestern im Boden. Im Interview spricht der zuständige Amtsdirektor Bernd Boschan über die Lehren aus dem Brand - und stellt deutliche Forderungen.

rbb|24: Herr Boschan, der Waldbrand in der Lieberoser Heide hat die Einsatzkräfte eine Woche lang gefordert. Am Wochenende konnte die Großschadenslage aufgehoben werden. Wie sieht es aktuell aus?

Bernd Boschan: Ich war gerade draußen. Wir haben nach wie vor das Moor, aus dem noch immer große Rauchschwaden kommen. Wir haben am Rand des Moores immer wieder kleine Glutnester, die sofort von den Einsatzkräften abgelöscht werden. Wir haben also - ganz vorsichtig gesprochen - eine Entspannung. Wir hoffen, dass sich das Moor weiter in den Randbereichen abkühlt und wir so ein neues Aufflammen verhindern können.

Für die kommenden Tage sind erneut hohe Temperaturen angekündigt. Regen hat es kaum gegeben. Wie wird sich die Situation in den nächsten Tagen entwickeln?

Mit der zu erwartenden Wetterlage sind Sorgen verbunden, dass das Moor noch mehr Hitze abstrahlt, dass die Entzündungsfähigkeit des umliegenden Bewuchses durch die Trockenheit wieder zunimmt. Damit ist die Gefahr eines sich neu entwickelnden Brandes gegeben. Wir begegnen dem, indem wir alle Vorbereitungen treffen, hinsichtlich der Wasserbereitstellung, der Instandsetzung der Wege, um schnell vor Ort zu sein, aber wir werden auch die Frequenz unserer Kontrollfahrten Richtung Wochenmitte erhöhen.

Wir arbeiten intensiv mit der Stiftung Naturlandschaften als Eigentümerin dieser Fläche zusammen. Auch dort gibt es die Auflage, die Kontrollen zu intensivieren, also alles zu unternehmen, um schon beim kleinsten Ansatz eine Ausbreitung des Feuers zu vermeiden. Wir nutzen die kleine Pause.

Wir dürfen nicht vergessen, die Kameraden der freiwilligen Feuerwehr waren hier sechs Tage intensiv im Einsatz. Das hat Kräfte gekostet. Wir sind froh, dass wir diese Unterstützung hatten. Wir versuchen nun vor Ort, die Vorhaltebecken zu haben. Wir kontrollieren die Tiefbrunnen. Diese Dinge werden jetzt gemacht, um dann hoffentlich nicht gebraucht zu werden.

Welche Lehren haben Sie denn aus dem Brand gezogen?

Wir haben auf jeden Fall die Pflicht, aus diesem Brand - auch im Vergleich zu den Bränden, die wir 2017, 18 und 19 hatten - hier eine Schlussfolgerung zu ziehen. Wir haben aus den damaligen Bränden über eine Brandschutzkonzeption versucht, Lehren zu ziehen. Wir müssen jetzt mit diesem Brand feststellen, dass sie nicht in allen Punkten ausreichend war. Man muss sich also nochmal zusammensetzen und das präzisieren.

Was auch besser werden muss, bei allen Beteiligten, dass diese Konzeption wirklich in allen Punkten durchgesetzt wird. Es sind einige auf der Strecke geblieben, die uns bei diesem neuen Brand wieder Sorgen bereitet haben. Es kann nicht sein, dass man dann nach dem Prinzip Hoffnung, nach dem Motto: Es wird schon wieder gut gehen, handelt. Das darf nicht unser Maßstab sein. Ich werde mich wirklich dafür einsetzen, dass es hier Maßnahmen gibt. Wir brauchen hier wirklich Aktivitäten, die uns noch besser in die Lage versetzen, solche Brände schon im Keim zu ersticken, sie am besten gar nicht entstehen zu lassen. Und sollten sie größer werden, sie dann mit Voraussetzungen zu bekämpfen, die geeignet sind, Leib und Eigentum der Bürger zu schützen.

An welchen Stellen hatten Sie denn besonders große Sorgen?

Wir brauchen sicherlich noch zusätzliche Tiefbrunnen, um die Wasserversorgung zu stabilisieren. Wir haben die Notwendigkeit erkannt, das Wegesystem weiter auszubauen, um die Befahrbarkeit der neuralgischen Punkte sicherzustellen. Was mir ganz wichtig ist, ist die Herrichtung weiterer Waldbrandschutzstreifen (bis zu 30 Meter breite Streifen, denen Brandlasten wie zB. Totholz laufend entnommen werden, Anm.d.Red.). Wir haben leider bisher in den nahegelegenen Ortsteilen noch keine solchen Schutzstreifen. Wir haben im nördlichen Teil einen Waldbrandschutzstreifen, der diesen Namen nicht mal verdient.

Wir haben da noch Aufgaben zu erledigen, die ganz dicht an der Gefährdung der Bürger dran sind. Hier fordere ich alle Partner auf, Behörden und Eigentümer, gemeinsam mit uns nach Lösungen zu suchen. Die wurden damals schon formuliert, aber bis heute leider nicht umgesetzt. Noch sind wir in der Nachbearbeitung des Brandes, sind ja sogar noch mit Kräften vor Ort. Nichtsdestotrotz werde ich mich um einen konkreten Termin bemühen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.07.2022, 15:40 Uhr

4 Kommentare

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  1. 4.

    Kann sich Deutschland ein paar Canadair leisten? (Ohne die Problematik der Hitze zu diskreditieren…)
    Viel Glück, p

  2. 3.

    " warum wir nicht für Waldbrände und auch die Bewässerung der Stadtparks, Stadtbepflanzung Regenwasser benutzen."
    Welches Regenwasser?
    Das, welches wir dann noch letztlich der Fläche entziehen, die heute schon ausgedörrt ist?

  3. 2.

    Was ich ehrlich gesagt wirklich nicht verstehe, ist, warum wir nicht für Waldbrände und auch die Bewässerung der Stadtparks, Stadtbepflanzung Regenwasser benutzen. Wir Menschen sollen Wasser sparen, was mir logisch und auch richtig erscheint. Wieso lassen die Entscheider*innen wieder viel Zeit verstrichen? Das Regenwasser in Berlin & Brandenburg könnte sinnvoll genutzt werden und ich bin sicher die Voraussetzungen sind auch gegeben. Man musste es eben nur noch umsetzen. Bei annähernd 40 Grad Außentemperatur und der Gefahr von neuen Bränden und möglichem Trinkwassermangel muss doch klar sein, dass wir ein besseres Wassermanagement benötigen.

  4. 1.

    Eigentlich vermisse ich das Wort "weiterhin" in den leeren Worten.
    Der Herr Amtsdirektor weiß um die "leider noch nicht umgesetzten Lösungen" und Mißstände und ... sucht, ist bemüht, erkennt Notwendigkeiten. Ok, nach fünf Jahren kann man damit auch tatsächlich langsam anfangen. Um das mal zu "präzisieren" ... schön weggepennt die Jahre über.

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