Museumspläne - Erkner will Gerhart-Hauptmann-Forum wegen Geldmangel nicht mehr bauen

Do 21.12.23 | 15:56 Uhr
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Das Gebäude des Gerhart-Hauptmann-Museums in Erkner- Bild: rbb
Audio: Antenne Brandenburg | 21.12.2023 | Robert Schwaß | Bild: rbb

Das Gerhart-Hauptmann-Forum sollte ein kulturelles Prestige-Projekt für Erkner werden. Doch weil der Stadt das Geld fehlt, wird aus dem geplanten Museumskomplex auf unbestimmte Zeit nichts.

Die Stadt Erkner (Oder-Spree) will das geplante Gerhart-Hauptmann-Forum nicht mehr bauen. Das hat die Stadtverordnetenversammlung am 8. Dezember beschlossen, hieß es im Amtsblatt der Gemeinde, das am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Das bisher existierende Museum ist seit Anfang des Jahres geschlossen, weil die Villa, in der der Schriftsteller lebte, marode ist. Geplant war eine dreijährige Restaurierung der Villa und ein neuer Anbau. Nun hat die Stadtverordnetenversammlung entschieden, die Pläne zunächst zu den Akten zu legen. Grund dafür seien die gestiegenen Baukosten, heißt es im Amtsblatt.

Kosten um etwa fünf Millionen Euro gestiegen

Die Gesamtkosten für das Projekt mit Ausstellungsräumen, Bibliothek, Café und Freianlage betragen demnach rund 13 Millionen Euro – ursprünglich seien acht Millionen Euro für das Projekt eingeplant gewesen. Wegen der gestiegenen Baukosten sei der Eigenanteil der Stadt um fast drei Millionen Euro gestiegen - und könne nicht mehr gedeckt werden. Die Stadt habe auch Institutionen und Akteure aus Wirtschaft und Politik wie Elon Musk und Landrat Frank Steffen (SPD) angeschrieben und um Unterstützung gebeten - ohne Erfolg, hieß es.

Die Stadt Erkner will deswegen fast sechs Millionen Euro Fördermittel ablehnen. Der Großteil davon wäre vom Bund gekommen. Die Projekteinstellung bedeute "einen enormen Imageverlust für die Gerhart-Hauptmann-Stadt", fasst das Amtsblatt zusammen.

Literaturnobelpreisträger Hauptmann lebte vier Jahre in der Villa

Ende des 19. Jahrhunderts wohnte Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann für vier Jahre in der Villa Lassen in Erkner. Die Restaurierung der spätklassizistischen Villa sowie der Neubau eines angrenzenden Museumkomplexes galten als Prestigeobjekt.

Stefan Rohlfs, Leiter des geschlossenen Gerhart-Hauptmann-Museum, zeigte sich fassungslos über die Entscheidung: "Was das für Erkner bedeutet, das würde ich schon als Katastrophe bezeichnen", so der Museumsleiter. "Das Schlimme an der Situation ist es, dass kein Ende abzusehen ist."

Modernisierung von Grundschule hat Priorität

Laut Lothar Eysser, Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung (SPD), hat die Stadt derzeit nicht genug Geld für die Mehrkosten: "Die Baukosten sind viel teurer geworden. Dafür bekommen wir aber nicht entsprechend mehr Geld. Der Bund hat viel Geld gegeben, es reicht aber nicht." Für den kommenden Jahreshaushalt müssten die Stadtverordneten Prioritäten setzen, so der SPD-Politiker. Mehrheitlich hätten sie entschieden, dass andere Projekte Vorrang haben.

Eins davon ist die Modernisierung der Löcknitz-Grundschule. "Insgesamt dauert das Trauerspiel um die Erweiterung einer Grundschule inzwischen Jahre. Da muss endlich das Versprechen eingelöst werden", so der SPD-Politiker.

Innenräume des Gerhart-Hauptmann-Museums in Erkner. Bild: rbbProvisorisches Lager des Hauptmann-Museums in Erkner. Bild: rbb

Renovierung der Villa ohne Museumskomplex vorgesehen

In der Prioritätenliste der Stadt Erkner sind weiterhin dreieinhalb Millionen Euro für die Renovierung der Villa Lassen vorgesehen - ohne Museumkomplex, Stadtbibliothek, Archiv oder Touristen-Information. Museumsleiter Rohlfs kritisierte aber: "Die Villa allein nutzt nichts. Da ist geplant, dass man die historischen Wohnräume Gerhart Hauptmanns wieder einrichtet. Insofern haben wir keine Ausstellungsfläche."

Für Veranstaltungen des Museums gebe es künftig auch keinen passenden Raum. Aktuell fänden solche Veranstaltungen im Rathaus statt – mit deutlich weniger Besuchern, so der Museumsleiter. Ausstellungs-Materialien und Museums-Möbel lagern in einem provisorischem Büro gegenüber. Wie lange noch, sei nun unklar.

"Peinlich, dass die Stadt noch diesen Namen trägt"

Für Rohlfs ist es undenkbar, dass die selbsternannte Gerhart-Hauptmann-Stadt künftig über keine Ausstellungsfläche zu Hauptmann verfügen soll: "Ich finde es mittlerweile peinlich, dass die Stadt noch diesen Namen trägt. Man sollte diesen Namen eigentlich wieder streichen", kommentierte er.

Anfang kommenden Jahres soll mit Land und Landesmuseumsverband beraten werden, wie es mit dem Museum weitergeht. Ob es Finanzierungsmöglichkeiten nach dem Jahresabschluss des diesjährigen Haushalts gibt, muss sich noch zeigen. Doch die Chancen dafür seien gering, wie die Beteiligten in Erkner bekräftigen.

Antenne Brandenburg, 20.12.2023, 16:20 Uhr

Mit Material von Robert Schwaß

8 Kommentare

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  1. 8.

    Hm, man sollte, bevor man neu baut, erst einmal ein Konzept vorlegen, dass sich die vorhandene Anlage selber tragen kann. Für die Userin Sheela mag ja der Museums-Standort recht belanglos, um nicht zu sagen uninteressant sein, aber in der vorsichtigen (!) 'Vermarktung' seiner Errungenschaften und Perlen hat das BL Brandenburg erhebliche Defizite, wie ich feststellen muss. Zumal die Stadt vor den Toren Berlins sogar noch mit der S-Bahn erreichbar ist (wenn die dann zuverlässig fährt) und zudem noch an "Natur drumherum" etwas zu bieten hat.

  2. 7.

    Ich lebte 18 Jahre in Erkner und habe keinen Tag mitbekommen, dass der Erkneraner diesem Museum die Bude einrennt. Solche Provinzmuseen gibt es in jedem zweiten Dorf. Weil der olle Goethe mal an der alten Gabelung eine kurze Rast einlegte...

  3. 6.

    Der neue und moderne Deutsche kennt Gerhart Hauptmann überhaupt nicht und braucht ihn auch nicht. Die Sozialdemokraten sind schon soweit, dass die Existenz einer spezifischen deutschen Kultur bestritten wird. Da braucht es diesen ganzen überholten Andenken-und Erinnerungskult auch nicht mehr. Die Mär vom Land der Dichter und Denker ist vom der gesellschaflichen Entwicklung überholt und weggespült worden. Dafür kommen Bürgergeld und unterirdische PISA- Ergebnisse als adäquater Ersatz !

  4. 5.

    Wenn es nicht reicht, muss man sich nach de Decke strecken. Hauptmann wohnte nur wenige Jahre in der Villa Lassen. Das provisorische Lager im RBB Beitrag scheint die Räumlichkeiten im ersten Stock der Villa zu nutzen. Ausreichend Platz für eine kleine Gedenkausstellung in den anderen Räumen und auch noch Platz für gelegentliche kleine Veranstaltungen. Also erstmal kein Geld für weitere nice-to-have-Wünsche wie Museumkomplex, Stadtbibliothek, Archiv oder Touristen-Information. Wichtig ist, dass die Bausubstanz der Villa nicht verfällt, da müßten die 3.5 Millionen reichen.

  5. 4.

    Man kann sich drüber streiten, ob ein neues Museum her muss oder das alte saniert und modernisiert werden kann.

    Kein Geld, nix zu machen. Bildung geht aber vor. Seit Jahren Unterricht in Containern - unzumutbar! PISA läßt grüßen!

    Erkner ist halt nicht Grünheide. Aber vielleicht kann man teilen? Wir sind ja auch vom Gigading betroffen, haben aber halt keinen "Lottogewinn".

    Schaun ma mal.

  6. 3.

    Wir haben weiss Gott andere Sorgen, als für Millionen ein Museum zu bauen.

  7. 2.

    Es ist bedauerlich, welchen Stellenwert die Kultur mittlerweile hat. Und dabei gab es gerade hier praktikable Kompromissvorschläge, um das eine Notwendige zu ermöglichen (Schule) ohne das andere andere zu lassen (das Museum). Mit Museum und Bibliothek hätten Synergien auch mit der Schule (Bildung) geschaffen werden können. Nicht unerhebliche Vorleistungen wurden getätigt, alles umsonst. Gerade SPD / LINKE halten auf dem Papier die Kultur hoch, praktisch sieht das aber anders aus, jedenfalls in Erkner. Aber auch die Diskussion um das Tucholsky-Museum in Rheinsberg zeigt, dass Brandenburg kulturell auf wackligen Füßen steht. Der Museumsleiter hat vollkommen recht, wenn das Label Gerhart-Hauptmann im Namen der Stadt gestrichen wird. Aber wahrscheinlich ist das Kostengründen nicht umsetzbar.

  8. 1.

    Richtige Entscheidung. Wenn Rohlfs die Bevorzugung zur wichtigen Modernisierung einer Schule als "peinlich" empfindet, dann solls Museum aus eigener Tasche bezahlt werden, wenn es denn so wichtig sei.

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