Nach Kohle-Aus
2028 geht das Kraftwerk Jänschwalde vom Netz. Als Ersatz soll ein Gaskraftwerk gebaut werden. Doch die Pipeline fehlt noch. In der Belegschaft wächst Unsicherheit, weil die Zeit drängt. Nun hat die Politik vor Ort versucht, zu beruhigen.
Jänschwalde (Spree-Neiße) soll auch nach dem dortigen Ende der Kohleverstromung 2028 Kraftwerksstandort bleiben. Das haben Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) am Montag bei einer erweiterten Betriebsratssitzung des Energiekonzerns Leag versichert.
"Wir haben heute nochmal die klare Zusage gemacht, dass dieser Standort weiter ein Industriestandort in Brandenburg bleiben muss und wir weiter die Energieversorgung von diesem Standort aus organisieren wollen," sagte Woidke nach dem Treffen dem rbb.
Der Betriebsrat sorgt sich um die rund 1.000 Jobs in Jänschwalde. In vier Jahren wird das Braunkohlekraftwerk vom Netz genommen, das erste in ganz Deutschland nach dem Kohleausstiegsgesetz. "Deshalb brauchen wir hier einen dezidierten, ordentlichen Aufschlag für ein Innovationskraftwerk und ein Fortbestehen eines Energiestandortes, um die Fachkräfte zu halten," so Reni Richter von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).
Das habe nicht nur Auswirkungen auf die Energieversorgung und Grundlastfähigkeit, sondern auch gesellschaftspolitische, so Richter.
Der Energiekonzern Leag will in Jänschwalde ein Gaskraftwerk bauen, dass perspektivisch auch mit Wasserstoff betrieben werden kann. Aktuell läuft dazu das Genehmigungsverfahren. Allerdings fehlt für das Vorhaben noch die nötige Pipeline zum Kraftwerk. Die bisherigen Pläne sehen eine Leitung aus Richtung Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) vor.
Der Betriebsrat sorgt sich darum, dass der Bau der Leitung länger als bis 2028 dauern wird - und, was zwischen dem Kohleende und der Fertigstellung der Leitung an dem Standort gearbeitet werden soll. Der Vorsitzende Mike Rolle sagte dem rbb, dass er nun sehen wolle, dass es vorangeht.
Zumindest indirekt hat die Politik am Montag Stellung zu der Pipeline bezogen. Man stehe zum Zukunftskraftwerk, wie das auf Wasserstoff umrüstbare Gaskraftwerk auch genannt wird, sagte Woidke. Betriebsratsvorsitzender Mike Rolle verstand das als Zusage zur Pipeline, weil man ohne sie dieses Zukunftskraftwerk definitiv nicht betreiben könne.
Wasserstofffähige Gaskraftwerke sind ein Teil der künftigen Geschäftsmodelle der Leag. Der Energiekonzern will sich neu ausrichten und nach eigenen Angaben zu einem führenden Produzenten von grünem Strom und grünem Wasserstoff werden.
Seit Februar schafft die Leag im Industriepark Schwarze Pumpe (Spree-Neiße) Baufreiheit für ein "H2-Ready-Kraftwerk". Es soll künftig Strom liefern, wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht - nach aktuellen Plänen ab 2028 mit Gas, später mit Wasserstoff.
Eine Investitionsentscheidung wurde laut Leag aber noch nicht getroffen. Dies hänge von der Ausgestaltung der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung ab. Konkrete Ausschreibungskriterien und eine Verständigung mit der EU fehlten noch, heißt es. Dies werde dringend erwartet, damit der Bau 2025 beginnen könne.
Im Februar 2024 hatte sich die Bundesregierung auf eine Kraftwerksstrategie [tagesschau.de] geeinigt. Kurzfristig sollen demnach neue Kraftwerkskapazitäten im Umfang von zehn Gigawatt wasserstofffähigen Gaskraftwerken ausgeschrieben werden. Bis 2032 soll auch ein Wasserstoff-Kernnetz fertig sein - zum Transport des energiereichen Gases, das zum größten Teil importiert werden muss.
Der Ausstieg aus der Braunkohle ist in Deutschland für das Jahr 2038 vereinbart. SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag aber auch vereinbart, den Ausstieg "idealerweise" auf 2030 vorzuziehen. In der Region stößt das auch auf Ablehnung.
Im Tagebau Jänschwalde wurde fast 50 Jahre lang Braunkohle gefördert. Ende 2023 endete mit einem "Schichtwechsel" eine Ära in der Lausitz. Dabei hatten die Kohlekumpel die Grube offiziell an die Sanierer abgegeben. Ende April 2024 haben sie das letzte Kohleflöz abgebaggert. Nun werden in der Kohlegrube nur noch Sicherungsarbeiten durchgeführt, so die Leag.
1974 ist der Tagebau "aufgeschlossen" worden. Zwei Jahre lang musste zunächst vor allem Erde bewegt werden. Erst 1976 konnte das Kraftwerk Jänschwalde erstmals mit Lausitzer Braunkohle aus dem angrenzenden Tagebau gefüttert werden - mit mehr als zehn Millionen Tonnen pro Jahr.
Mit Informationen von Phillipp Manske und Nico van Capelle.
Sendung: Antenne Brandenburg, 29.04.2024, 14:10 Uhr
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