Foto-Ausstellung in Berlin - Zwischen Krieg und Frieden in Süd- und Nordkorea
Stacheldraht, Minenfelder und Gewehre. Aber auch unberührte Natur. 2009 durfte der Fotograf Park Jongwoo die demilitarisierte Zone zwischen Süd- und Nordkorea besuchen. 72 Fotos sind nun im Berliner Alliierten-Museum zu sehen. Von Vera Block
Vor 70 Jahren wurde das Waffenstillstandsabkommen zwischen Süd- und Nordkorea unterschrieben. Als ein Puffer zwischen den beiden Ländern verläuft seitdem ein unbewohnter Landstrich quer durch die koreanische Halbinsel: die sogenannte DMZ, eine demilitarisierte Zone. 2009 durfte zum ersten Mal ein Fotograf die Gegend auf der südkoreanischen Seite besuchen. Seine Bilder sind nun erstmals komplett in Europa zu sehen, im Berliner Alliierten-Museum.
Demilitarisierte Zone – nicht ohne Waffen
Am Eingang in den Ausstellungsraum liegt ein runder heller Teppich. Darauf sind in schwarzen Linien Umrisse von zwei Ländern gezeichnet. Und in der Mitte, quer durchs Bild – eine rote: die Grenze. Dieser Teppich wirkt wie ein Spotlight, ein Lichtkegel, der ein noch nicht beendetes Kapitel des Kalten Krieges zum Vorschein bringt.
Zu koreanischen Musikklängen und Explosionsgeräuschen werden auf den Teppich alte Filmaufnahmen projiziert: Zeugnisse eines Krieges, der zwischen 1951 und 1953 circa vier Millionen Opfer forderte. Bis ein Waffenstillstand vereinbart und die DMZ eingerichtet wurde. 248 Kilometer lang und vier Kilometer breit.
Ein Puffer zwischen zwei Ländern, in dessen Mitte die eigentliche Grenze verläuft. Ein Sperrgebiet ohne Militär. "Allerdings ist durchaus das Gegenteil der Fall", bemerkt der Kurator der Ausstellung, Florian Pauls: "Es sind, jeweils auf ihrer Seite, nordkoreanische und südkoreanische Soldaten stationiert. Dadurch aber, dass in der DMZ bis auf zwei Dörfer keine Menschen dauerhaft wohnen, wird die Natur dort alleine gelassen."
Fotograf Park: "Eine sehr traurige Landschaft"
2009, im Vorfeld des 60. Jahrestags des Waffenstillstandsabkommens, beschließt das südkoreanische Verteidigungsministerium eine Fotodokumentation über die demilitarisierte Zone zu veröffentlichen. Sie beauftragt damit den Zeitungsfotografen Park Jongwoo.
"Bevor ich den Ort besucht habe, dachte ich, es müsste eine hochmilitarisierte Gegend sein, Soldaten, Artillerie, Maschinengewehre", erinnert sich der heute 65-Jährige. "Aber ich stellte fest, innerhalb der demilitarisierten Zone war nichts zu sehen. Nur Natur. Nur Berge, Gelände. Sonst nichts. Es gibt da zwar Armeepersonal. Aber es ist eher nachts unterwegs. Also habe ich niemanden gesehen. Es war sehr ruhig. Sehr schön und friedlich. Für mich war es eine sehr traurige Landschaft."
72 Fotografien
In 72 Fotografien zeigt Park Jongwoo dichte Wälder und Eiszapfen auf dem Stacheldraht der Wachposten, Rehe in Haustrümmern und Gewehre im Anschlag. Rostiges Eisen und sattes Grün der Blätter. Eingebrochene Brücken und Minenfelder im Nebel. Ein Biotop zwischen Krieg und Frieden.
Florian Pauls haben vor allem die Aufnahmen von den Beobachtungsposten beeindruckt: "Die sehen aus wie Burgen, die haben einen Wachturm wie ein Bergfried damals im Mittelalter und haben riesige Mauern um sich herum. Dass es so etwas in der Architektur des 20. Jahrhunderts noch, gibt ist einfach auch erschreckend."
Keine Soldaten, sondern offiziell Polizisten
Park Jongwoo durfte einige Male in das Sperrgebiet. Er fotografierte die berühmten blauen Baracken, das koreanische Pendant zum Kontrollpunkt Checkpoint Charlie. Die drei Gebäude sind allerdings der einzige Verbindungspunkt zwischen Nord- und Südkorea.
Die Kamera fängt die ausdruckslosen Gesichter der Soldaten ein. Dann noch mehr Soldaten – im mannshohen Getreidefeld, am Waldrand, im Schnee. Allerdings sind das offiziell nicht einmal Soldaten – in der demilitarisierten Zone darf es ja keine geben. Also werden sie Polizisten genannt. Fast alle Menschen auf den Bildern sind Südkoreaner. Die nordkoreanischen Grenzschützer konnte Park Jongwoo nur mit einem extra starken Objektiv aus der Ferne aufnehmen.
Korea und Deutschland – eine geteilte Vergangenheit
Andere Motive sind dafür erschreckend nah. Florian Pauls zeigt auf ein Bild, das ihn einst auf die Idee dieser Ausstellung gebracht hat. "Es ist das Bild von den menschlichen Überresten eines gefallenen Soldaten aus dem Koreakrieg, der liegt seit den 1950er Jahren dort. Noch mit Munition, mit Magazin. Auf dem Foto wird er gerade exhumiert. Dann wird versucht, ihn zu identifizieren, und dann wird er beigesetzt auf einem richtigen Friedhof."
Zwischen den Farbfotos aus Korea hängen in der Ausstellung grauschimmernde Alu-Tafeln mit bekannten Motiven: eine hohe graue Mauer, ein eckiger Beobachtungsturm. "Das ist eine ehemalige innerdeutschen Grenze, um daran zu erinnern, dass natürlich auch Deutschland einmal geteilt war. Und dass Korea und Deutschland da ein ähnliches Schicksal widerfahren ist in der Zeit des Kalten Krieges."
Hoffnung auf Wiedervereinigung
Und so heißt es zum Abschluss der Ausstellung "Hoffnung auf Wiedervereinigung". Eine kurze Filmsequenz zeigt Aufnahmen von der jüngsten Familienzusammenführung – für drei Tage durften 2018 einige wenige Menschen aus Südkorea ihre nordkoreanischen Verwandten sehen.
Gleich daneben – Fotos von Trabikolonnen und verrottenden Grenzzäunen irgendwo im vereinten Deutschland. Die Koreaner beneiden die Deutschen, sagt der Fotograf Park Jongwoo: "In den 1960ern, 1970ern oder 1980ern konnten die Deutschen nicht auf Wiedervereinigung hoffen. Aber sie kam, recht plötzlich und überraschend. Und in Korea haben Menschen eine ähnliche Hoffnung."
Einen Friedensvertrag zwischen Süd- und Nordkorea gibt es bis heute nicht.