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Audio: Radioeins, 05.04.2024, Gespräch mit Laurina Schräder | Quelle: picture alliance / Photoshot

Liam Gallagher und John Squire in der Columbiahalle

Eine Stunde professionelle Nostalgie

Zwei Freunde machen ein Album und gehen auf Tour. Von überbordender Euphorie oder gar "Bromance" ist auf der Bühne der Berliner Columbiahalle am Donnerstag allerdings nichts zu spüren. Die Fans gehen am Ende trotzdem glücklich nach Hause. Von Laurina Schräder

Ein Parka, eine Trainingsjacke, und noch eine. Ein, zwei Poloshirts. Fußballtrikot, wieder ein Parka, wieder eine Trainingsjacke. Schon allein am Style des Publikums in der Columbiahalle kann man erahnen, wer hier gleich auf die Bühne kommt. Es wirkt auch so, als wären die meisten schon einmal auf genau diesem Konzert gewesen – auch wenn das geradezu unmöglich ist. John Squire und Liam Gallagher haben erst Anfang März ihre neue und erste gemeinsame Platte veröffentlicht. Seit drei Wochen sind sie damit nun auf Tour, und die endet bereits nächsten Donnerstag wieder.

Der Oasis-Bruder Liam Gallagher ist bereits lange mit John Squire befreundet, der als Gitarrist der Band The Stone Roses bekannt wurde – und maßgeblich für das Album der beiden verantwortlich war. Squire hat Musik und Texte geschrieben, die von Gallagher schließlich eingesungen wurden. Und während Squire eher schüchtern im Hintergrund – wie auch am Abend auf der Bühne – bleibt, hat Gallagher offenbar bereits von einem Nachfolge-Projekt getönt, sollte Squire weitere Songs in petto haben.

Von Nähe ist wenig zu spüren

Die beiden scheinen einen äußerst professionellen Weg gefunden zu haben, der sich auch auf der Bühne spiegelt: um Punkt 21 Uhr geht's am Donnerstag los, und genau eine Stunde später ist der Spaß vorbei. Während des Auftritts rasselt Gallagher mit zwei Maracas zum Schlagzeug, singt und scheint während der wunderbaren Gitarrensoli Squires geradezu abzutauchen. Vielleicht, um nicht im Weg zu stehen, vielleicht verliert man ihn aber zwischen den Köpfen in der ausverkauften Halle auch einfach nur kurz aus den Augen.

Squire interagiert derweil mehr mit dem Rest der Band als mit Gallagher. Eine Nähe der beiden Ikonen, die sich da zusammengetan haben, muss es wohl irgendwo geben – im Publikum ist von ihr allerdings wenig zu spüren. Song für Song ziehen die beiden ihr Set durch – beginnend mit der ersten Single des Albums "Just Another Rainbow". Gallaghers vertraute Stimme hat dabei etwas beruhigend Klares. Deutlich und unverzerrt vertont sie die von Squire geschriebenen Texte, die das Berliner Publikum zum großen Teil bereits mitsingen kann.

Keine Hits von Oasis - die Fans sind vorbereitet

Hits von Oasis oder The Stone Roses werden komplett ausgespart; die Fans sind darauf allerdings vorbereitet und betonen am Ende des Abends lieber nochmal die aktuelle Brillanz des Gesangs und das virtuose Gitarrenspiel Squires. Wobei letzterer insgesamt weniger wahrgenommen wird als Gallagher, denn bloß etwa eine von fünf Personen ist nach einer nicht repräsentativen rbb-Blitzumfrage explizit wegen Squire gekommen. Es fallen Wertungen wie „Amazing“, „Hammer“ und „einfach nur Top“. Gallaghers Aussehen und Frische werden von ein paar jungen Männern um die 20 gelobt; wer weiß, welchen Rockstar sie erwartet hatten.

Es ist ein freundlicher und nüchterner Abend zugleich. Über die „druckfertigen“ Songs – perfektioniert für den Auftritt – lässt sich nicht wirklich meckern; ein bisschen Überraschung und Drama allerdings hätte durchaus sein dürfen, um einem zumindest das illusorische Gefühl zu geben: nicht jedes Konzert von Liam Gallagher und John Squire gleicht dem anderen.

Sendung: Radioeins, 05.04.2024, 5 Uhr

Beitrag von Laurina Schräder

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