Bebauungsplan geändert - Gemeindevertreter in Grünheide stimmen für Erweiterung des Tesla-Werks

Fr 17.05.24 | 07:12 Uhr
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Archivbild: Die Baustelle der Tesla Gigafactory am frühen Morgen kurz nach Sonnenaufgang. (Quelle: dpa/Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 16.05.2024 | H. Kerinnis/ M. Krauss | Interview mit Andreas Oppermann | Bild: dpa/Pleul

Tesla kann sein Werksgelände in Grünheide erweitern. Dafür hat am Donnerstag eine Mehrheit der Gemeindevertreter gestimmt. Sie entschieden über einen angepassten Bebauungsplan. Tesla-Gegner protestierten vor Ort.

  • Gemeindevertreter in Grünheide stimmen für angepassten Bebauungsplan des Tesla-Werks
  • Plan beinhaltet Güterbahnhof und weitere Logistikflächen
  • Grünheider hatten in einer Befragung den ersten Plan mehrheitlich abgelehnt
  • Tesla-Gegner protestieren vor Ort gegen die Erweiterungspläne

Die Gemeindevertretung von Grünheide (Oder-Spree) hat für den Bebauungsplan zur Erweiterung des Fabrikgeländes von US-Elektroautobauer Tesla gestimmt. Die Mehrheit der Mitglieder nahm am Donnerstag einen entsprechenden Plan an. Dabei stimmten elf Gemeindevertreter mit Ja, sechs mit Nein, zwei Vertreter enthielten sich.

Damit kann Tesla einen Güterbahnhof östlich seines Werks bauen, über den die Fahrzeuge abtransportiert werden sollen. Zudem sollen die Logistikflächen erweitert werden. Die Gemeinde erwartet eine Verkehrsentlastung für Grünheide. "Der geplante Güterbahnhof entlastet die Bürger dann von 1.900 Lkw-Fahrten am Tag", sagte die Vorsitzende der ehrenamtlich arbeitenden Gemeindevertretung, Pamela Eichmann (SPD), am Donnerstag im Deutschlandfunk. Umweltbündnisse sehen dagegen Umweltrisiken.

Tesla will eigenen Güterbahnhof bauen

Nach Kritik aus der Bevölkerung hatte Tesla seine Pläne überarbeitet. Die ursprünglichen Pläne für Lager- und Logistikflächen wurden daraufhin reduziert und die Errichtung von Schulungsräumen oder einer Kita für Mitarbeiter aufgegeben. An den ebenfalls umstrittenen Plänen für einen eigenen Güterbahnhof will das Unternehmen aber festhalten.

Ein werkseigener Güterbahnhof sei auch im Interesse der Gemeinde, hieß es aus dem Rathaus. Dadurch würde sich der Lkw-Verkehr in und um Grünheide reduzieren. Hinzu komme, dass mit dem B-Plan weitere für die Gemeinde wichtige Projekte verbunden sind - wie beispielsweise der geplante neue Personen-Bahnhof Fangschleuse oder die Schaffung einer zusätzlichen Landesstraße. Für die Sitzung am Donnerstag hatte der Grünheider Hauptausschuss den Gemeindevertretern bereits einstimmig die Zustimmung empfohlen.

Bürgerinitiative kündigt juristisches Vorgehen gegen B-Plan an

Bei dem zur Abstimmung vorgelegten Beschluss handelt es sich um den zweiten Anlauf zur Aufstellung eines B-Plans. Den ersten Plan lehnten fast zwei Drittel der Grünheider Bürgerinnen und Bürger bei einer Einwohnerbefragung im Februar wegen großflächiger Baumrodungen ab. Der ursprüngliche Plan sah damals vor, rund 100 Hektar für die Gelände-Erweiterung von Tesla zu roden. Nun soll weniger Wald abgeholzt werden.

Dennoch hat die Bürgerinitiative Grünheide am Donnerstag angekündigt, den angepassten Plan rechtlich prüfen zu lassen. In ihren Augen seien gravierende Verfahrensfehler vorgekommen, sagte die Vorsitzende der Initiative, Manu Hoyer, dem rbb. Änderungen seien nicht markiert und der Plan zu kurz ausgelegt worden. Hoyer zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung der Gemeindevertretung. Mit Blick auf das Abstimmungsergebnis der Bürgerbefragung vom Februar sagte sie: "Ich weiß nicht, was die Gemeindevertreter nicht verstehen - bei 62,1 Prozent Nein-Stimmen."

Auch das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" verwies auf die Abstimmung. Die Gemeindevertretung habe das demokratische Votum ignoriert, erklärte das Bündnis am Donnerstagabend. "Die heutige Entscheidung ist eine Katastrophe: Eine Autofabrik, die bereits heute das Trinkwasser von Menschen in Brandenburg und Berlin gefährdet, soll noch erweitert werden", sagte Sprecherin Karolina Drzewo laut einer Mitteilung. Die Politik stelle Teslas Profite über den Trinkwasserschutz.

Wirtschaftsminister: Starkes Signal für die Entwicklung von Grünheide und Tesla

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte zur Entscheidung der Gemeindevertretung: "Für mich ist das ein starkes Signal für die künftige Entwicklung Grünheides und Teslas." Die Gemeindevertreter hätten angesichts der Demonstrationen und teils gewalttätigen Proteste unter hohem Druck gestanden und sich ihr Votum gewiss nicht einfach gemacht. "Ich bin überzeugt, dass ihre Entscheidung im Sinne ihrer Kommune ist", so Steinbach.

Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) zeigte sich zufrieden und sagte, der Entschluss sei wichtig, weil "sämtliche Infrastrukturmaßnahmen, sprich: Bahnhofsvorplatz, Landstraße, Eisenbahnüberquerung und Anschluss an die Autobahn" damit gewährleistet seien. Einige dieser begleitenden Infrastrukturprojekte der Gemeinde müssen laut Christiani bis spätestens Ende 2026 umgesetzt sein. Der Bebauungsplan für die Fabrik gehe nun in die Genehmigungsphase des Landkreises und dann "ist das Baurecht da", führte er aus.

Einer möglichen Klage der Erweiterungsgegner blickt der Bürgermeister gelassen entgegen: "Bis jetzt haben in sämtlichen Verfahren in dem Zusammenhang die Gerichte ziemlich schnell gehandelt."

Neuer Bebauungsplan von Tesla in Grünheide (Quelle: rbb)

Tesla sieht sich bestätigt

Tesla hingegen sieht in dem Gemeinderats-Beschluss die erforderliche Grundlage, um die Verkehrsprojekte im Detail zu planen und umzusetzen. In einer Stellungnahme des Unternehmens am Abend hieß es: "Der nun beschlossene Bebauungsplan geht in zentralen Punkten auf die Bedenken aus der Gemeinde ein."

Offenbar tiefe Gräben in der Anwohnerschaft

Die Polizei sicherte am Donnerstag die volle Versammlungshalle, in der die Abstimmung stattfand. Rund 200 Zuhörer hatten darin Platz.

Während der Gemeinderats-Sitzung ließen sich tiefe Gräben in der Anwohnerschaft erkennen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Es kam demnach zu aggressiven Zwischenrufen und Wortgefechten. Der Sicherheitsdienst musste eingreifen, Ordnungsrufe wurden erteilt. Mehrere Bürger forderten eine erneute Bürgerbefragung zur geänderten Version des Bebauungsplans.

Vor der Halle demonstrierten etwa 50 Aktivisten. Sie wollten die Gemeindevertreter auffordern, gegen den Bebauungsplan zu stimmen. Auf Plakaten waren Slogans wie "Bürgerentschied umsetzen!" zu lesen. Sollte mit Ja gestimmt werden, seien "viele Monate des Protests" zu erwarten, ließ das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" vor der Abstimmung verlauten.

Tesla Protest in Grünheide am 16.05.24. (Quelle: rbb)
Demonstranten in Grünheide. Bild: Felicitas Montag/rbb | Bild: rbb

Baumhäuser dürfen bleiben

Hunderte Umweltaktivistinnen und -aktivisten hatten in den vergangenen Wochen in Grünheide vor Umweltgefahren gewarnt und gegen eine Erweiterung protestiert. Das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" und die Initiative "Tesla stoppen" kündigten, sie wollten ihre Aktionen fortsetzen. Ein Ende Februar aufgebautes Protestcamp mit Baumhäusern am Rande der Fabrik müssen die Umweltaktivisten nach einer Gerichtsentscheidung vorerst nicht räumen.

Tesla stellt in der 9.200-Einwohner-Gemeinde südöstlich von Berlin seit rund zwei Jahren Elektroautos her. Etwa 12.000 Beschäftigte arbeiten in dem Werk. Der weltweit geplante Stellenabbau bei Tesla betrifft aber auch Hunderte Arbeitsplätze in der Fabrik in Grünheide.

Umweltverbände, Naturschützer und Anwohner sehen die Ansiedlung kritisch, unter anderem weil das Gelände in einem Wasserschutzgebiet liegt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 16.05.2024, 12:30 Uhr

 

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87 Kommentare

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  1. 87.

    @yes.
    Bei solch empathischen Aussagen geht es mir, 73 Jahre, doch gleich viel besser. Zu solchen "Zukunftsaussichten" ,die Sie für mich planen, vergessen Sie nur eine Tatsache. Auch Sie werden älter. Und wenn Sie es schaffen auch 73 Jahre zu werden, wenn Sie die Naturkatastrophen der nächsten Jahre überstehen, dann werden Sie sich sicher auch freuen, wenn ein besonderes schlauer Kommentar Ihnen empfiehlt am besten zum sofortigen Ableben zu beschäftigen. Ihnen ein ereignisreiches Leben. MfG

  2. 86.

    Alt bekannte Weisheit:

    Schlechtes Essen wird doch nicht besser, wenn man 50% vom Teller nimmt oder nicht?

    So sehe ich die Farce um den jetzigen Bebauungsplan.
    Güterbahnhof und Kindergarten ist doch nur vorgeschoben, wie Batteriefertigung statt Lagerhalle.

    Tesla soll erst mal die 300ha bebauen, da sehe ich noch viel Luft nach oben.

  3. 84.

    Danke für die weitblickende Entscheidung, dies wird der wirtschaftlichen Entwicklung in Brandenburg/Berlin einen Schub geben!

    Pro Arbeitsplätze

  4. 82.

    Man versteht es nicht.

    Ein Unternehmen plant eine gewinnbringende Produktion von 1 Mio. Einheiten. Man schaut sich um, wo gibt es die besten Voraussetzungen.
    300 ha kann eine Gemeinde oder sagt man besser das Land zur Verfügung stellen. Man schaut sich nach geeigneten Fachkräften aus der Region um und ob die Infrastruktur passt. Natürlich auch die Zulieferung und der Abtransport ist ein wesentlicher Punkt für die Standortentscheidung. Welche Umweltbedingungen und andere besonderen Bedingungen sind zu beachten.
    Die Unternehmensplanung beginnt dann, wenn alles passt für 300 ha. Das Unternehmen hat ja nur 300 ha zur Verfügung.

    Nach dieser Methode plante z. B. mein Großvater im kleineren Maßstab. Denn Wunsch als Vater seiner Gedanken mußte er leider den Realitäten anpassen.
    Außer, ihm hätte man zuvor mehr versprochen.
    Da kann ich nur sagen, es ähnelt nach einen Streich aus Schildau / Sachsen.

  5. 81.

    Unglaublich, sollte sich wirklich die Vernunft durchsetzen?

  6. 80.

    Sie haben zwei Dinge nicht verstanden: Wir haben eine repräsentative Demokratie mit Parlamenten wie diesem Gemeinderat. Über diese Version des Bebauungsplans ist nciht abgestimmt geworden. Die LKW-Lobby wird toben. Carola Rackete ist auch sauer dass Tesla wie von der Linken immer gefordert, auch auf die Eisenbahn setzt.

  7. 79.

    In einem anderen Bundesland wäre Tesla weit besser aufgehoben. Und so gefährlich ist der Kiefernwald auch nicht.

  8. 78.

    Touristen sind lediglich Gäste, nicht Herren des besuchten Landes, auch wenn sie sich manchmal merkwürdig aufführen.

  9. 77.

    Die halbe Welt macht es so.. es nennt sich Tourismus.

    Dann doch lieber e Autos auch wenns ne blöde Marke ist.
    Hauptsache ein Zugpferd.

    Wäre doch auch ein guter Anlass einen die größten Verbraucher mal zu überarbeiten oder abzuschaffen statt nur über einen neuen zu meckern.

  10. 76.

    Weil Sie das geschrieben haben:
    „ Ein Großteil der älteren Generation ist so negativ, dass man sie am besten gar nicht mehr fragt und wartet, bis sie nicht mehr da ist.“

  11. 75.

    Gemeinde stimmt dagegen. Der von ihr gewählte Gemeinderat dafür.

    Also abwählen und aus der Gemeinde jagen.

  12. 74.

    In einer Demokratie muss man auch damit leben, dass man als Opposition einer gewählten Mehrheit unterlegen ist. Diese Entscheidung bedeutet, dass Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden kann. Die Visionen, dass man Tesla mit einem Nein zum B-Plan 60 den Hahn abdrehen könnte, war eh surreal. Die geplante Produktionsausweitung ist von diesem Verfahren nämlich so gut gar nicht betroffen. Die erfolgt in bereits überplantem Industriegebiet Freienbrink-Nord.

    Erschreckend sind aber Ihre Verleumdungen und die Drohungen, die aus dem Publikum gegenüber den Gemeinderäten ausgesprochen wurden. Dies hat mit Demokratie nichts zu tun.

  13. 73.

    Ist es klug, Land und Leute an einflußreiche Investoren auszuliefern?

  14. 72.

    Neben der Landesregierung haben nun auch die kommunalen Volksvertreter für das Projekt bzw. die Ausweitung gestimmt. So ist nun einmal in der parlamentarischen Demokratie. Die Menschen, jedenfalls eine erhebliche Anzahl, möchten Automobile haben und fahren. Wenn sie in Deutschland nicht gebaut werden, dann woanders. Daran wird man auch mit verschiedensten Maßnahmen nichts ändern. Wasser, Luft und Erde müssen, so weit es menschlich und technisch möglich ist, so gut wie möglich geschützt und geschont werden. Auf Komfort und individuelle Mobilität wollen wir nicht verzichten.

  15. 70.

    Gut so!
    Vernünftig. Mehr gibt es nicht zu sagen.
    Liebe an den Wald "Kleber": geht nach Hause.
    Den Anwohnern wünsche ich, dass nunmehr Ruhe einkehrt und man irgendwann sich mit dem Werk identifizieren kann...

  16. 69.

    Die überalterten Kiefernbestände sind keine CO2-Senken, sondern brandgefährlich und ein Magnet für Schädlinge.
    Die Tesla Ansiedlung ist alles andere als ein Fliegenschiss: „Das Unternehmen bildet den Kern einer neuen Wertschöpfungskette Elektromobilität in der Hauptstadtregion“, erläutert Sven Weickert, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg im März 2024. Bei Tesla und bei den Zulieferern seien Tausende neue Arbeitsplätze entstanden, dort finde Ausbildung statt. Um sechs Prozent ist die Wirtschaft hierzulande im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen. Damit hat Brandenburg alle anderen Bundesländer weit hinter sich gelassen.
    Ihr Kommentar grenzt an Realitätsverweigerung.

  17. 68.

    Hat jetzt bestimmt der/die eine/r Gemeinderatsvertreter/inn bestimmt etwas mehr Geld auf Konto. Ein neuer Tesla in der Garage würde ja zu sehr auffallen...

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