Bebauungsplan geändert - Gemeindevertreter in Grünheide stimmen für Erweiterung des Tesla-Werks
Tesla kann sein Werksgelände in Grünheide erweitern. Dafür hat am Donnerstag eine Mehrheit der Gemeindevertreter gestimmt. Sie entschieden über einen angepassten Bebauungsplan. Tesla-Gegner protestierten vor Ort.
- Gemeindevertreter in Grünheide stimmen für angepassten Bebauungsplan des Tesla-Werks
- Plan beinhaltet Güterbahnhof und weitere Logistikflächen
- Grünheider hatten in einer Befragung den ersten Plan mehrheitlich abgelehnt
- Tesla-Gegner protestieren vor Ort gegen die Erweiterungspläne
Die Gemeindevertretung von Grünheide (Oder-Spree) hat für den Bebauungsplan zur Erweiterung des Fabrikgeländes von US-Elektroautobauer Tesla gestimmt. Die Mehrheit der Mitglieder nahm am Donnerstag einen entsprechenden Plan an. Dabei stimmten elf Gemeindevertreter mit Ja, sechs mit Nein, zwei Vertreter enthielten sich.
Damit kann Tesla einen Güterbahnhof östlich seines Werks bauen, über den die Fahrzeuge abtransportiert werden sollen. Zudem sollen die Logistikflächen erweitert werden. Die Gemeinde erwartet eine Verkehrsentlastung für Grünheide. "Der geplante Güterbahnhof entlastet die Bürger dann von 1.900 Lkw-Fahrten am Tag", sagte die Vorsitzende der ehrenamtlich arbeitenden Gemeindevertretung, Pamela Eichmann (SPD), am Donnerstag im Deutschlandfunk. Umweltbündnisse sehen dagegen Umweltrisiken.
Tesla will eigenen Güterbahnhof bauen
Nach Kritik aus der Bevölkerung hatte Tesla seine Pläne überarbeitet. Die ursprünglichen Pläne für Lager- und Logistikflächen wurden daraufhin reduziert und die Errichtung von Schulungsräumen oder einer Kita für Mitarbeiter aufgegeben. An den ebenfalls umstrittenen Plänen für einen eigenen Güterbahnhof will das Unternehmen aber festhalten.
Ein werkseigener Güterbahnhof sei auch im Interesse der Gemeinde, hieß es aus dem Rathaus. Dadurch würde sich der Lkw-Verkehr in und um Grünheide reduzieren. Hinzu komme, dass mit dem B-Plan weitere für die Gemeinde wichtige Projekte verbunden sind - wie beispielsweise der geplante neue Personen-Bahnhof Fangschleuse oder die Schaffung einer zusätzlichen Landesstraße. Für die Sitzung am Donnerstag hatte der Grünheider Hauptausschuss den Gemeindevertretern bereits einstimmig die Zustimmung empfohlen.
Bürgerinitiative kündigt juristisches Vorgehen gegen B-Plan an
Bei dem zur Abstimmung vorgelegten Beschluss handelt es sich um den zweiten Anlauf zur Aufstellung eines B-Plans. Den ersten Plan lehnten fast zwei Drittel der Grünheider Bürgerinnen und Bürger bei einer Einwohnerbefragung im Februar wegen großflächiger Baumrodungen ab. Der ursprüngliche Plan sah damals vor, rund 100 Hektar für die Gelände-Erweiterung von Tesla zu roden. Nun soll weniger Wald abgeholzt werden.
Dennoch hat die Bürgerinitiative Grünheide am Donnerstag angekündigt, den angepassten Plan rechtlich prüfen zu lassen. In ihren Augen seien gravierende Verfahrensfehler vorgekommen, sagte die Vorsitzende der Initiative, Manu Hoyer, dem rbb. Änderungen seien nicht markiert und der Plan zu kurz ausgelegt worden. Hoyer zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung der Gemeindevertretung. Mit Blick auf das Abstimmungsergebnis der Bürgerbefragung vom Februar sagte sie: "Ich weiß nicht, was die Gemeindevertreter nicht verstehen - bei 62,1 Prozent Nein-Stimmen."
Auch das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" verwies auf die Abstimmung. Die Gemeindevertretung habe das demokratische Votum ignoriert, erklärte das Bündnis am Donnerstagabend. "Die heutige Entscheidung ist eine Katastrophe: Eine Autofabrik, die bereits heute das Trinkwasser von Menschen in Brandenburg und Berlin gefährdet, soll noch erweitert werden", sagte Sprecherin Karolina Drzewo laut einer Mitteilung. Die Politik stelle Teslas Profite über den Trinkwasserschutz.
Wirtschaftsminister: Starkes Signal für die Entwicklung von Grünheide und Tesla
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte zur Entscheidung der Gemeindevertretung: "Für mich ist das ein starkes Signal für die künftige Entwicklung Grünheides und Teslas." Die Gemeindevertreter hätten angesichts der Demonstrationen und teils gewalttätigen Proteste unter hohem Druck gestanden und sich ihr Votum gewiss nicht einfach gemacht. "Ich bin überzeugt, dass ihre Entscheidung im Sinne ihrer Kommune ist", so Steinbach.
Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) zeigte sich zufrieden und sagte, der Entschluss sei wichtig, weil "sämtliche Infrastrukturmaßnahmen, sprich: Bahnhofsvorplatz, Landstraße, Eisenbahnüberquerung und Anschluss an die Autobahn" damit gewährleistet seien. Einige dieser begleitenden Infrastrukturprojekte der Gemeinde müssen laut Christiani bis spätestens Ende 2026 umgesetzt sein. Der Bebauungsplan für die Fabrik gehe nun in die Genehmigungsphase des Landkreises und dann "ist das Baurecht da", führte er aus.
Einer möglichen Klage der Erweiterungsgegner blickt der Bürgermeister gelassen entgegen: "Bis jetzt haben in sämtlichen Verfahren in dem Zusammenhang die Gerichte ziemlich schnell gehandelt."
Tesla sieht sich bestätigt
Tesla hingegen sieht in dem Gemeinderats-Beschluss die erforderliche Grundlage, um die Verkehrsprojekte im Detail zu planen und umzusetzen. In einer Stellungnahme des Unternehmens am Abend hieß es: "Der nun beschlossene Bebauungsplan geht in zentralen Punkten auf die Bedenken aus der Gemeinde ein."
Offenbar tiefe Gräben in der Anwohnerschaft
Die Polizei sicherte am Donnerstag die volle Versammlungshalle, in der die Abstimmung stattfand. Rund 200 Zuhörer hatten darin Platz.
Während der Gemeinderats-Sitzung ließen sich tiefe Gräben in der Anwohnerschaft erkennen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Es kam demnach zu aggressiven Zwischenrufen und Wortgefechten. Der Sicherheitsdienst musste eingreifen, Ordnungsrufe wurden erteilt. Mehrere Bürger forderten eine erneute Bürgerbefragung zur geänderten Version des Bebauungsplans.
Vor der Halle demonstrierten etwa 50 Aktivisten. Sie wollten die Gemeindevertreter auffordern, gegen den Bebauungsplan zu stimmen. Auf Plakaten waren Slogans wie "Bürgerentschied umsetzen!" zu lesen. Sollte mit Ja gestimmt werden, seien "viele Monate des Protests" zu erwarten, ließ das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" vor der Abstimmung verlauten.
Baumhäuser dürfen bleiben
Hunderte Umweltaktivistinnen und -aktivisten hatten in den vergangenen Wochen in Grünheide vor Umweltgefahren gewarnt und gegen eine Erweiterung protestiert. Das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" und die Initiative "Tesla stoppen" kündigten, sie wollten ihre Aktionen fortsetzen. Ein Ende Februar aufgebautes Protestcamp mit Baumhäusern am Rande der Fabrik müssen die Umweltaktivisten nach einer Gerichtsentscheidung vorerst nicht räumen.
Tesla stellt in der 9.200-Einwohner-Gemeinde südöstlich von Berlin seit rund zwei Jahren Elektroautos her. Etwa 12.000 Beschäftigte arbeiten in dem Werk. Der weltweit geplante Stellenabbau bei Tesla betrifft aber auch Hunderte Arbeitsplätze in der Fabrik in Grünheide.
Umweltverbände, Naturschützer und Anwohner sehen die Ansiedlung kritisch, unter anderem weil das Gelände in einem Wasserschutzgebiet liegt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.05.2024, 12:30 Uhr
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