Interview | Mieterrechte und Hitzeschutz - "Da hilft nur feuchte Wäsche aufhängen"

Mo 02.08.21 | 06:54 Uhr
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Eine Frau hängt am 31.07.2021 in einer Wohnung in Berlin frisch gewaschene Wäsche auf. (Quelle: dpa/Silvia Marks)
Audio: Inforadio | 02.08.2021 | Sylvia Tiegs | Bild: dpa/Silvia Marks

Mit der Sommerhitze wird es vor allem in der Stadt in vielen Wohnungen unerträglich. Was können Mieter tun, um sich wirkungsvoll zu schützen? Ohne Zustimmung des Vermieters leider nicht sehr viel, sagt Rainer Radloff vom Mieterbund Brandenburg.

rbb|24: Herr Radloff, sind Vermieter rechtlich verpflichtet, für ihre Mieter Sonnenschutz anzubringen?

Rainer Radloff: Nein. Eine solche Pflicht gibt es nicht. Der Mieter braucht immer die Zustimmung des Vermieters, wenn er an den Außenwänden etwas anbringen und damit die Fassade verändern will. Insofern ist er immer auf den Goodwill des Vermieters angewiesen. Den kann er auch nicht einklagen, weil die Rechtssituation es nicht hergibt.

Zur Person

Rainer Radloff (Quelle: rbb/Sylvia Tiegs)
rbb/Sylvia Tiegs

Rainer Radloff, 73, ist ausgebildeter Jurist und seit zehn Jahren ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Mieterbundes Brandenburg.

Der Deutsche Mieterbund Land Brandenburg e.V. ist die Dachorganisation für derzeit 19 Mietervereine in der Mark. Darin sind rund 39.000 MieterInnen organisiert.

Rainer Radloff steht außerdem auch dem Mieterverein Potsdam vor.

Mieter sind dann auf eigene Mittel angewiesen, zum Beispiel einen Sonnenschirm auf der Terrasse, der aber auch von den Temperaturen her nichts bringt, sondern bloß die direkte Einstrahlung auf die Fläche reduziert. Bei Balkonen, wo das möglich ist, kann man natürlich eine Klemm-Markise anbringen. Die muss man ja nicht an der Hausfront befestigen.

Wir raten unseren Mitgliedern in jedem Fall, eine einvernehmliche Regelung mit dem Vermieter hinzubekommen. Wenn das nicht geht, muss man das tun, wofür man keine Zustimmung des Vermieters braucht: Verdunkelung von innen, oder, wenn das nicht reicht, ein Klimagerät aufstellen. Wer das nicht kann oder möchte, kann zu einem alten Hausmittel greifen: einen Wäscheständer mit feuchten Handtüchern aufstellen. Das reduziert die Temperatur, wenn auch nicht extrem. Ich mache das selbst auch so. Es wird dann wenigstens etwas angenehmer in der Wohnung.

Führt das Thema häufig zu Rechtsstreitigkeiten?

Ich weiß aus der Literatur und aus der Analyse von Gerichtsurteilen aus ganz Deutschland, dass es durchaus schon solche Streitigkeiten vor Gericht gegeben hat. Wir als Mieterverein raten unseren Mitgliedern in solchen Fällen immer, nicht zu klagen - denn es hat keine Aussicht auf Erfolg.

Warum denn nicht?

Die rechtlichen Bestimmungen sind eindeutig: Für einen festen Außen-Hitzeschutz ist die Zustimmung des Vermieters erforderlich. Und wenn der es nicht will, gibt es gegen den Willen des Vermieters kein Rechtsmittel, das Aussicht auf Erfolg hätte.

Das heißt, es gibt auch keine festgelegte Temperatur im Mietrecht, ab der man sagen kann: Jetzt ist die Wohnung im juristischen Sinne "zu heiß"?

Die Gerichte sagen schon: Auf Dauer kann man 30 Grad in einer Wohnung nicht aushalten. Das wäre dann ja möglicherweise ein Wohnungsmangel und dann hätte der Mieter möglicherweise gewisse Rechte.

Aus der Erfahrung ist es bisher aber so, dass diese Temperaturen nur an wenigen Tagen im Sommer erreicht werden. Und demzufolge muss - so meinen die Gerichte - vor allem der Mieter sich was einfallen lassen, wozu er die Zustimmung des Vermieters eben nicht braucht.

Nur wenige Vermieter sagen: Ja gut, wenn es so heiß ist, dann mache ich was. Es kostet ja auch alles Geld - und Vermieter sind ohne Kompensation - Stichwort Mieterhöhung - nicht oder nur selten bereit, dort etwas zu machen.

Finden Sie es richtig, dass das im Mietrecht so geregelt ist? Oder ist es angesichts der Diskussion, die wir seit Jahren um Klimawandel und immer heißere Sommer führen, nicht inzwischen etwas merkwürdig?

Wir vom Mieterbund meinen in der Tat, dass der Bund - der als Gesetzgeber für das Mietrecht verantwortlich ist - hier nachdenken muss. Bisher geht es vor allem darum, die Temperaturen im Winter zu regulieren, also Energieverlust in den Gebäuden zu vermeiden.

Hier haben wir nur den entgegengesetzten Fall: man hat zu viel Energie, nämlich Sonnenenergie, und das wird zunehmen.

Demzufolge wird der Gesetzgeber auch darüber nachdenken müssen, ob man da künftig etwas ändert. Wenn Wetterextreme wie wochenlange Hitze auftreten, wird man als Vermieter den Mietern nicht einfach sagen können: "Dann musst du eben ausziehen und dir eine andere Wohnung suchen". Dann muss auch der Vermieter in einer bestimmten Pflicht stehen. Der Klimawandel ist ja kein Problem, das ausschließlich Mieter zu verantworten haben, sondern er ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

In Städten wie Berlin oder Potsdam haben wir einen sehr hohen Altbau-Bestand: Häuser aus der Gründerzeit, die vielen Nachkriegsbauten, die häufig schlecht isoliert sind, Dachgeschosswohnungen, auf die die Sonne brennt. Ist Hitzeschutz hier eine lösbare Aufgabe?

Natürlich ist die lösbar! Sie kostet eben nur Geld. Und die Frage ist: wer soll's bezahlen? Wir haben ja durchaus auch den umgekehrten Fall: die energetische Sanierung, wo im Altbau bei der Wärmedämmung und bei der Modernisierung der Heizungsanlagen nachgerüstet werden muss, um Energie zu sparen.

Und nun muss man auch bei zunehmender Wärme dafür sorgen, dass die Wohnung erhalten bleiben. Das betrifft sowohl den Altbau-Bestand als auch Wohnungen, die in den 1990er Jahren entstanden sind. Das muss man aus Mietersicht erwarten können. Wir werden als Mieterbund dem Gesetzgeber mehr Druck machen müssen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Rainer Radloff führt Sylvia Tiegs, Inforadio

Sendung: Inforadio, 02.08.2021, 07:45 Uhr

25 Kommentare

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  1. 25.

    Versucht es doch mal mit einem Deckenventilator, gibt es mit und ohne Beleuchtung! Sind geräuscharm und man kann sie im Sommer wie Winter nutzen. Ist eine feine Sache die keinen Platz benötigt und keine Genehmigung. Haben wir schon seit Jahren und können dabei sogar schlafen.
    In Ländern, wo das ganze Jahr hohe Temperaturen herrschen hängen die Dinger überall!

  2. 24.

    Es gibt aber sehr viele Wohnungen, die nur ein Zimmer haben. Innenliegende Badezimmer ohne Fenster und zu klein für einen Wäscheständer. Und kleine Küchen, wo auch kein Platz ist. Da bleibt dann nur das einzige Zimmer übrig.

  3. 22.

    Ich trockne meine Wäsche überwiegend im Bad. Fenster dabei für eine Weile geöffnet lassen. Mache ich sogar im Winter. Im Sommer bei zu hoher Hitze helfen auch, nasse Handtücher über jede Zimmertür legen und Querlüften lassen. Ich habe mir einen hohen Standlüfter zugelegt und bin sehr zufrieden damit. Im Schlafzimmer sind meine Fenster grundsätzlich das ganze Jahr über verdunkelt.

  4. 21.

    "Der Nachteil der Klimageräte ist, dass der Abluftschlauch nach draußen führen muss und deshalb immer wieder heiße Luft hineinströmt."
    Ist ja logisch. Wenn das Fenster auf ist, hilft die beste Klimaanlage nicht. Die Luft, die das Ding rausbefördert kommt auch gleich wieder von außen rein - schön warm natürlich. Entweder man besorgt sich einen Keil, der den Spalt am Fenster schließt - mit Löchlein für den Schlauch natürlich. Kostet nicht die Welt. Alternativ hat doch jeder Baumarkt eine Restekiste - Holz fur lau. Bisschen sägen, bisschen nageln (oder schrauben), Farbe drauf - fertig ist die Laube. Sowas hat Mann doch drauf.

  5. 20.

    Es gibt sooooo viele Möglichkeiten. Stellt euch mal nicht so an. Es gibt Spezialfolien, die antistatisch auf dem Glas haften in verschiedenen Reflektionsstärken, die das Sonnenlicht reflektieren. Gegenüber hat ein Mieter Rettungsfolie mit Panzertape ans Fenster geklebt. Im Hof hat jemand einen Vorhang mit ner Duschstange vors Fenster geklemmt.
    Ich selbst trage bei Hitze gerne ein feuchtes T-Shirt, das kühlt excellent. Und zur Not gibt es Ventilatoren und mobile Klimageräte.
    Also Mieter, stellt euch mal nicht so an. Demnächst verlangt der Mieterverein noch, dass die Vermieter ihren Mietern einen Lebenspartner, Fahrrad und zu Weihnachten den Christbaum zur Verfügung stellen. Ihr müsst euch gar nicht wundern, wenn kaum noch Mietwohnungen gebaut werden im Mieterparadies Deutschland.

  6. 19.

    Was wird denn hier wieder für eine Diskussion losgetreten? Der Vermieter ist doch nicht die Nanny der Mieter. Irgendwann wird er noch für einen vollen Kühlschrank der Mieter sorgen müssen, für Möbel und Entertainment.
    Wenn der Ventilator nicht reicht, kann sich jeder im Handel eine Monoblock-Klimaanlage kaufen inklusive Adapter fürs Fenster (wenn der beiliegende nicht passt). Ich habe mir eine Plexiglasscheibe passend fürs Fenster zuschneiden lassen. Die setze ich bei geöffnetem Fenster ein und dann gehts los. Wenn draußen 40° sind, habe ich innen 20°
    Das betrifft mal 3 - 4 Tage im Jahr und in '21 habe ich die noch gar nicht betrieben, obwohl es auch schon Richtung 40° ging. Aber der Ventilator reichte da.
    Ah und meine Klimaanlage muss nicht geleert werden. Die Flüssigkeit wird verdampft um den Kühlprozess zu optimieren und mit der warmen Luft hinausgeblasen. Ich glaube das ist Standard bei den Geräten?!

  7. 18.

    Wo sonst soll man denn seine Wäsche trocknen, wenn weder Balkon noch Garten vorhanden sind?

  8. 17.

    Sehr geehrter CD (1.),
    das mit der Fassadenaufheizung ist das größte Problem bei uns. Unsere kleine Straße hat eine Nord-Süd-Ausrichtung. Morgens knallt die Sonne in das Wohn- und abends in das Schlafzimmer. Und wenn kein Wind ist, dann Prost Mahlzeit.
    Mit freundl. Grüßen

  9. 16.

    rbb :
    Oft sind die ersten August-Wochen die heißeste Zeit des Jahres, doch 2021 bleiben die Hundstage kühl. Das Thermometer klettert wenig über die 20-Grad-Marke, Schauer bringen vereinzelt Regen. Erst ab Donnerstag ist eine Veränderung in Sicht

  10. 15.

    Erst mal überlegen …..
    Sie sollen die Wäsche nicht 365 Tage in der Wohnung trocknen , kurzfristig im Sommer bei hohen Temperaturen .

  11. 14.

    Das ist doch völliger Unsinn! 2 Klimageräte verbrauchen nie im Leben 2000€ Extrakosten im Jahr und müssen alle 6 Stunden geleert werden. Außerdem wird die Warme Luft ausgeblasen und kann somit auch nicht durch den Abluftschlauch wieder ins innere geführt werden. Entweder verstehen sie rein gar nichts von Klimatechnik und sollten sich dahingehend vielleicht mal vom Fachmann beraten lassen, oder sie lassen es einfach bleiben solche Falschaussagen von sich zu geben. Mit der Dachgeschoßwohnung haben sie natürlich recht. Wenn nicht zwingend notwendig, sollte man dort nicht hinziehen.

  12. 13.

    Also 27 Grad bekomme ich in meiner Wohnung (ebenfalls 2-Raum Altbau) locker ohne jeglichen Stromverbrauch durch konsequentes Verdunkeln der Räume hin. Sogar nur mit Vorhängen innen. Man muss halt tagsüber die Fenster zu lassen.

  13. 12.

    Na dankeschön, der Tipp, seine Wäsche in der Wohnung zu trocknen sagt viel über den Sachverständigen aus …

  14. 11.

    Wie viele Tage über 30 Grad sind viele?
    2 oder 20? Auf 20 kommen wir inzwischen jedes Jahr.

  15. 10.

    Es gibt mit heutiger Technologie eine gute innenlösung. Vorhänge, die auch Wärme abweisen. Bei mir macht auf der Sonnenseite der Unterschied 5 Grad aus. Ich nenne jetzt nicht den Namen des Möbelhauses.
    Anderer Hinweis. Liebe Architekten und Bauherren lasst endlich den Unfug mit der Billigvariante der bodentiefen Fenster. Wozu soll das gut sein.? Einerseits wird irre viel Geld für Gebäudeisolierung ausgegeben. Mit sinnlos viel Glas wird nun der gegenteilige Effekt gefördert .

  16. 9.

    Lüften gehört immer dazu. Stosslüften natürlich. Wenn es draußen heiß und trocken ist, dann ist die Feuchtigkeit im Nu weg.

  17. 8.

    Der nächste Sommer komm5 bestimmt. Also in jedem Fall anbringen lassen, sobald es genehmigt ist.

  18. 7.

    „ Wir haben ja durchaus auch den umgekehrten Fall: die energetische Sanierung, wo im Altbau bei der Wärmedämmung und bei der Modernisierung der Heizungsanlagen nachgerüstet werden muss, um Energie zu sparen.“

    Eine Dämmung hilft auch gegen Hitze…. Besonders das Dach sollte immer gut gedämmt sein.

  19. 6.

    Ja das stimmt. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit den Rettungsdecken (silberne Seite zur Sonne) an den meisten Fenstern auf der Sonnenseite bei mir. Das sieht zwar von außen etwas spacig aus, aber egal... Diese Rettungsdecken sind nicht auch nicht blickdicht, man kann immer noch ein wenig durchschauen.
    Und ja... Wohnungen über Vorder- und Rückseite eines Hauses helfen auch. Eine von beiden Seiten hat meist dann Schatten. Da muss man die Lüftungszeiten dann übern Tag halt änder. Der allermeiste Schutz kommt bei uns aber auch von der Fassade: 40 cm dicker Stahlbeton + nochmal 20 cm Isolierung außen und helle Fassadenfarbe. Das braucht wirklich schon 2 Monate 30 Grad Tage, bis da was spürbar an den Innenseiten der Wände ankommt von der bis zu 40 Grad aufgeheizten Fassade.

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