Gasknappheit und steigende Preise - Berlin schaltet Beleuchtung von mehr als 200 Bauwerken ab

Mi 27.07.22 | 19:44 Uhr
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Aufnahme vom Berliner Dom am Abend des 23.01.2018. (Quelle: dpa/Florian Gaertner)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.07.2022 | Jan Menzel | Bild: dpa/Florian Gaertner

Der Berliner Senat will angesichts steigender Strom- und Gaspreise einen Beitrag zum Energiesparen leisten. Schon in dieser Nacht sollen einige Sehenswürdigkeiten im Bezirk Mitte deshalb im Dunkeln bleiben - weitere sollen folgen.

Zahlreiche öffentliche Gebäude in Berlin werden ab sofort nachts nicht mehr angestrahlt. Neben dem Dom sind das die Marienkirche, das Zeughaus und das Alte Palais im Bezirk Mitte, wie die Senatsumweltverwaltung am Mittwoch mitteilte. Auch der Lustgarten und das Reiterstandbild Unter den Linden sollen demnach schon in der kommenden Nacht nicht mehr beleuchtet werden.

In den kommenden Wochen sollen dann auch die Siegessäule, Staatsoper, Deutsche Oper, Gedächtniskirche, das Rote Rathaus und das Schloss Charlottenburg folgen. Statuen im Tiergarten sowie Brückenbauwerke sollen ebenfalls nicht mehr angestrahlt werden.

Beitrag zum Energiesparen

Die Umweltverwaltung sprach von einem Beitrag zum Energiesparen und einem sichtbaren Zeichen, das damit gesetzt werde. "Angesichts des Krieges gegen die Ukraine und der energiepolitischen Drohungen Russlands ist es wichtig, dass wir möglichst sorgsam mit unserer Energie umgehen", erklärte Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne). Sie betonte, dass die öffentliche Hand eine Vorbildfunktion habe.

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte sich Mitte Juli bereits dafür ausgesprochen, die Beleuchtung des Brandenburger Tores in der Nacht abschalten zu lassen.

Elektrofachfirma bereitet Ausschaltungen vor

Jarasch kündigte an, dass Gebäude in der Verantwortung ihrer Verwaltung nicht mehr angestrahlt werden sollen. Dabei handele es sich insgesamt um rund 200 Objekte. Rund 1.400 Strahler seien dabei im Einsatz. Der Stromverbrauch für alle Objekte liegt den Angaben zufolge bei rund 200.000 kWh/Jahr, die Menge entspricht ungefähr dem Verbrauch von 150 Ein-Personen-Haushalten. Die Stromkosten dafür beliefen sich auf etwa 40.000 Euro, hieß es.

Laut Umweltverwaltung beginnt eine beauftragte Elektrofachfirma sofort mit den Vorbereitungen für das Ausschalten der Lichtanlagen. Täglich könnten 100 bis 120 Strahler außer Betrieb gesetzt werden. Das Ausschalten aller Anlagen könnte in drei bis vier Wochen abgeschlossen sein.

FDP-Chef Czaja: Berlin muss mit gutem Beispiel vorangehen

Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin bezeichnete die Maßnahme der Umweltverwaltung als richtigen Schritt. "Es ist erfreulich, dass Bettina Jarasch unseren Vorschlag zum Energiesparen nun umsetzt und die öffentlichen Gebäude ihrer Senatsverwaltung nachts nicht länger anstrahlen lässt." Tatsächlich hatte die FDP im Abgeordnetenhaus hatte Mitte Juli die Abschaltung der nächtlichen Beleuchtung gefordert, einzelne Mitglieder der Regierungskoalition hatten die Idee befürwortet.

"Wenn die Bürgerinnen und Bürger Strom sparen müssen, soll auch der Staat seinen Beitrag leisten", so Czaja weiter. "Genau deshalb darf es jetzt nicht bei diesem Alleingang bleiben. Frau Jarasch und Frau Giffey müssen endlich an einem Strang ziehen und gemeinsam ein Energiesparkonzept vorlegen.“

Im Dunkeln liegt am 11.11.2020 die Siegessäule, während Fahrzeuge vorbeifahren. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Bild: dpa/Paul Zinken

AfD befürchtet Probleme für Tourismus

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Hauptstadtfraktion, Ronald Gläser, hingegen kritisierte, dass die Hauptstadt weniger attraktiv für Touristen sei, sollten die Sehenswürdigkeiten nachts im Dunkeln bleiben.

"Einerseits wird uns andauernd versichert, es drohe keine Stromkrise. Andererseits will der Senat die Berliner Sehenswürdigkeiten nicht mehr beleuchten, um Energie zu sparen", erklärte Gläser. "Als Tourismusmetropole macht sich die Stadt damit ein gutes Stück unattraktiver. Berlins Vorbild scheint nicht mehr Paris zu sein, sondern Pjöngjang. Mit Rotgrünrot wird es in Berlin zappenduster."

Reichstagsgebäude bleibt beleuchtet

Der Deutsche Bundestag beabsichtigt derweil, die nächtliche Außenbeleuchtung des Reichstagsgebäudes in Berlin auch in Zeiten zunehmender Energieknappheit beizubehalten. Ein Sprecher der Bundestagsverwaltung hatte am Montag auf DPA-Anfrage auf ein Einsparkonzept verwiesen, das unter anderem vorsieht, die Innenbeleuchtung vor allem in Hallen und Sälen "unter Berücksichtigung der einschlägigen arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und der Sicherheitsbelange" zu reduzieren.

Der Ältestenrat des Bundestages hatte vor zwei Wochen ein Konzept zum Energiesparen beschlossen. Dazu gehört auch, die Räume im Winter weniger zu heizen und im Sommer weniger zu kühlen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.07.2022, 15:00 Uhr

138 Kommentare

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  1. 138.

    Die Verwechslung kommt nicht von ungefähr:
    Was formal getrennt ist, ist faktisch verwoben - der Bundestag, so will ich es mal etwas provokant sagen, als ausführendes Organ der Bundesregierung, in Opposition der erklärten Gegenregierung. Ausgesprochen schade, wenn das innewohnende Potenzial betrachtet wird.

    Ein glatter Fall der faktischen Dominanz der Exekutive über die Legislative.

  2. 137.

    Bundsregierung hat dem Bundestag nix zu sagen. Es sind zwei grundverschiedene Institutionen.

  3. 136.

    Es geht ganz konkret um die Beleuchtung von ca. 200 Bauwerken, die gemeinhin als Wahrzeichen gelten. Wahrzeichen sind sie aufgrund ihrer Äshetik und Baugeschichte wie auch durch den Zusammenhang mit der Stadt Berlin. Strittig ist dabei, ob das ab 24 Uhr / 0 Uhr gilt oder ob die Beleuchtung trotz eintretender Dunkelheit garnicht erst eingeschaltet wird.

    Mit allem anderen hat das erstmal direkt nichts zu tun.

    Direkt zu tun hat es mit der kulturellen Wertschätzung im Verhältnis zur Geschäftigkeit der Stadt - präziser: zur auch durch überbordendes Licht zur Schau gestellten Geschäftigkeit der Stadt.

  4. 134.

    Immer auch geht es um das Maß im Vergleich zu etwas anderem. "Viel hilft viel" ist mir da zu pauschal. Bspw. Abschaltung von Verkehrsampeln an kleineren Kreuzungen, an sehr großen bspw. nicht. Auf Bahnsteigen: Eine sehr schummrige Beleuchtung verunsichert Menschen und lässt andere, die es nicht gerade gut meinen, ein Handwerk erledigen, was wir alle wohl nicht wollen.

    So auch hier: Die dezente, keineswegs aber überbordende Beleuchtung historischer Gebäude unterscheidet sich in Welten von der reinen Werbe-Beleuchtung am Potsdamer Platz. Da ist nichts Filigranes, nur etwas "Brüllendes". Gleich so bei Werbebeleuchtungen. Und immer geht es auch um die Uhrzeit, bei der das geschieht.

    24 Uhr / 0 Uhr wäre eine gut merkbare Zeit, sie wäre realistisch und ab da trennen sich die Kulturinteressierten von denen, die bis in die Morgenstunden Party feiern und die Augen für etwas anderes haben.

    Das maximal Mögliche ist selten ein guter Ratgeber.


  5. 133.

    "Vielleicht kann rbb24 den Zeitraum der "Abschaltung" noch nachreichen?"

    Das wäre eine Idee.
    Im Text (allerdings) steht, dass die Leuchten nach und nach abgeschaltet werden. Das klingt nicht gerade nach Zeitschaltuhr - Beleuchtung vor, keine Beleuchtung nach 24 Uhr - sondern nach Totalabschaltung.

  6. 132.

    Dazu zweierlei und mein Statement:

    1. Denken Sie bitte auch an die Umwelt und das Klima. Die freuen sich über JEDE Einergieeinsparung!
    Nach dem Motto Kleinvieh macht auch Mist!

    2. Hier geht es derzeit nur um Berlin. Eigentlich schade, denn bundesweit wäre der Effekt schon deutlich spürbar.
    Vor allem, wenn man die Strassenbeleuchtung in den Nachtstunden ebenfalls abschalten oder zumindest herunterdimmen würde.

    Wir müssen bitte auch an die Zukunft unserer Nachkommen auf diesen Planeten denken. Niemand kann sich einen neuen Planeten Erde erschaffen und einen anderen Planeten erreichen können wir ebenfalls nicht. Wir müssen HIER überleben oder eben aussterben (was mglw. für die Erde besser wäre...).

  7. 131.

    Festival of Lights - ???

  8. 130.

    Herr boomer, Energie sparen dient doch wohl dem Umweltschutz. Ob sich jemand freiwillig finanziell ruiniert ist sein Problem, solange er nicht Unterstützung einfordert. Sollen die einen kalt duschen, damit die anderen sich mit Weihnachtsbeleuchtung selbstverwirklichen?
    So wird das nichts mit der Rettung der Welt. Mir ist das egal, ich habe keine Kinder und soviel Restlebenszeit auch nicht. Aber vielleicht sollte man doch Energie sparen...?

  9. 129.

    "Die meisten Kommentare sind eindeutig. Es rumort gewaltig unter der Bevölkerung. Jeden Tag neue Ratschläge und Bevormundung,irgendwann ist mal Schluss. Wo soll das bitte enden????"
    Tja das frag ich mich auch. Gestern noch Exportweltmeister und Motor von Europa und heute auf dem Weg zum dritte Welt Land! Deutschland, wie haste dir verändert! :-(
    Apropos sparen: wann spart sich die EU endlich den Wechsel von Brüssel nach Straßburg und zurück?
    https://www.tagesschau.de/ausland/europaparlament-pendeln-bruessel-strassburg-101.html

  10. 128.

    Hoffen Sie, dass der rbb nicht darüber berichtet oder dass Leute ihre Häuser nicht so stark illuminieren? Das sind doch meistens private Aktionen und kostet nicht das Geld der Allgemeinheit. Schon bisher haben manche Menschen bis zu 5.000 Euro für die weihnachtliche Beleuchtung in und um ihr Haus ausgegeben. Dann sind es eben 10.000 Euro.

  11. 127.

    Alle die hier dagegen sind, sind doch in der Minderheit. Schaut euch genau die Menschen an, der überwiegende Teil hat Angst, Wut und Hoffnungslosigkeit. Das ergeben eben gerade Umfragen unter der Bevölkerung. Wissenschaftler fordern in einem Brief an die Bundesregierung Nordstream 2 in Betrieb zu nehmen, weil all die Sanktionen nur uns selber schaden und Putin damit seinen Krieg finanzieren kann!! Hat denn Selensky seinen Laden überhaupt noch im Griff? Warum wechselt er soviel aus im Moment??

  12. 126.

    Verbreiten Sie nicht solchen Unsinn. Es wird soviel Energie produziert wie gleichzeitig verbraucht oder gespeichert wird. Wenn weniger Energie verbraucht wird, reduzieren Kraftwerke ihre Leistung und somit den Verbrauch an Brennstoff. Das war früher anders als man Nachts Speicherheizungen geladen und Autobahnen beleuchtet hat um die Kraftwerke weiterlaufen zu lassen, da abschalten eben nicht geht. Heute ist Nachts Verbraucher abschalten gewünscht, da die PV Anlagen nicht produzieren.

  13. 125.

    Ich hoffe der rbb berichtet nicht wieder zu Weihnachten von weihnachtlich beleuchteten Häusern.

  14. 124.

    Mal nachdenken was davon Verwaltungsgebäude sind. Sonst geht es Ihnen hoffentlich gut.

  15. 123.

    Ich frage mich immer wieder was das ganze soll. Ich habe den Beitrag sehr genau gelesen. Sparen an Energie ist auf jeden Fall gut nur was kommt denn dabei raus.?
    Das hat nichts mit der Ukraine zu tun sondern mit den ganzen Sanktionen und die absolute Abhängigkeit von Russland.
    Nun wird krampfhaft und schon fast lächerliche Methoden gesucht.
    Ich sparen an nichts es wird so teuer und wenn ich spare wird es noch teurer.
    Deutschland hat gepennt in allen Lebenslagen und spielt nun ein Szenario durch wo man sich wirklich fragt sind unsere Politiker noch normal?!

  16. 122.

    Kann mir mal jemand erklären, warum es bei manchen Leuten zur Schnappatmung kommt, wenn berichtet wird, dass irgendwo Energie eingespart wird oder irgendjemand auf Ressourcenverschwendung verzichtet?
    Und was ist so schlimm an einem Vorbild?

  17. 121.

    Ich empfehle Ihnen den Faktencheck des ZDF zu diesem Thema zu lesen. Es ist einfach sich zu echauffieren ohne die Hintergründe zu kennen. Oder kennen Sie die Hintergründe und wollen nur Ihre Polemik unterbringen?

  18. 120.

    Na gut, Symbole sind ja als solche nicht falsch. Nur sollte auf das akzeptable Verhältnis dabei geachtet werden. Das scheint mir eben nicht gegeben.

  19. 119.

    Ist doch Wurscht, ob die Tier-und Pflanzenwelt den Bach runtergehen, so lange die Straßen hell sind. Leider geht vielen trotzdem kein Licht auf. Abgesehen davon geht es momentan gar nicht um die Abschaltung der Straßenbeleuchtung, sondern um die temporäre! Abschaltung von überflüssiger Beleuchtung an Gebäuden, an denen sich nach Mitternacht sowieso kaum jemand rumdrückt. Seien Sie beruhigt, ich sah gerade von meinem Balkon aus, dass der Potsdamer Platz noch strahlt wie jeden Abend.

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