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Video: rbb24 Abendschau | 29.10.2022 | Bericht: C. Rubarth | Quelle: rbb/Rubarth

Reportage | Hubschrauber "Christoph 31"

Unterwegs mit dem fliegenden Rettungstaxi

Wenn der Notarztwagen nicht schnell genug sein kann, hebt "Christoph 31" ab. Seit genau 35 Jahren ist der gelbe ADAC-Hubschrauber in Berlin im Einsatz. Und das mit 250 Stundenkilometern. Christina Rubarth war bei einem Rettungsflug dabei.

Auf dem großen Hangar neben der Charité-Klinikum in Berlin-Steglitz piept es, laut und schrill. Und das gleichzeitig auf mehreren Handys und Funkgeräten. Der Drucker brummt und spuckt ein Blatt der Berliner Feuerwehr aus: Koordinaten für den Piloten Nico Hellmann, außerdem Patienteninfos für Notarzt Wolfgang Bauer und Notfallsanitäter Felix Behringer. Ein Einsatz im Falkenhagener Feld steht an. In einem Supermarkt liegt eine bewusstlose Frau.

Gleichzeitig stülpen sich alle drei Männer ihre Helme über. Schnell laufen sie zum Rettungshubschrauber, der vor dem Hangar abflugbereit auf sie wartet. Keine zwei Minuten vergehen vom schrillen Piepen bis der gelbe Hubschrauber "Christoph 31" vom Boden abhebt. "Wir werden immer dann gerufen", sagt Pilot Nico Hellman, "wenn keiner der 25 Notarztwagen in der Stadt schneller bei dem Patienten oder der Patientin ist als wir."

Etwa sechs bis sieben Einsätze hat das Team zurzeit am Tag, rund 3.000 im Jahr. Mit 250 Stundenkilometern geht es von der "Christoph 31"-Station am Benjamin Franklin Krankenhaus in Steglitz nach Spandau ins Falkenhagener Feld. Für den Flug quer durch die Stadt braucht das Team neun bis zehn Minuten.

Infos im netz

"Christoph 31"

Mit 250 Stundenkilometern über Berlin

Er sehe sich als eine Art Taxifahrer, sagt Hellmann. Er kennt die Straßen der Stadt von oben – und weiß den kürzesten Weg fast immer passgenau. Vorne neben ihm sitzt Felix Behringer, Co-Pilot und Notfallsanitäter in einem. Behringer kümmert sich um den Funk, erfragt Infos zum Zustand der Patientin, spricht mit der Polizei, die den Landeplatz absichern wird. Notarzt Wolfgang Bauer ist im hinteren Teil des Hubschraubers mit Blick auf Notfallkoffer und Liege, da wo verletzte Menschen in Spezialkliniken transportiert werden können. Er schaut aus dem Fenster. Auf seinem Ärmel ist ein Aufnäher, mit einem gelben Hubschrauber vor blauem Himmel "ADAC-Luftrettung Christoph 31, Berlin".

Rettung aus der Luft

Ihr Flug führt sie über den Teufelsberg hinweg, über orange-gelb gefärbte Bäume, über ein dichtes Netz von Kleingärten. Dann wird es wieder städtischer: Straßen, Kreuzungen, Supermärkte, hohe Häuser. Bereits im Landeanflug öffnet Co-Pilot Felix Behringer die linke Tür, schaut hinunter. So sichert er doppelt ab, dass der Hubschrauber mit seinen weiten Rotoren ohne Schäden unbeschadet zwischen Häuserwänden und Tankstelle landet. Blätter und ein Plakat der Tankstelle nebenan wirbeln durch die Luft; die Haare der Polizisten am Boden, die die Straße für die Landung absperren, wehen im Landewind.

Herausforderung: 4 Millionen Einwohner, viele Häuser

Arzt und Sanitäter springen heraus, laufen mit dem Notfallkoffer zum Supermarkt, in dem die Patientin liegt. Als Pilot Nico Hellmann erfährt, dass die beiden die Frau im Rettungswagen ins Klinikum Spandau, das nächstgelegene Krankenhaus begleiten werden, hebt er wieder ab und fliegt eine Kurve über die Havel und Eiswerder zum dortigen Landeplatz.

Hellmann ist seit über zehn Jahren Pilot: zuerst bei der Bundeswehr, seit 2016 für den ADAC. Seit fünf Jahren leitet er "Christoph 31", die Station in Berlin mit den meisten Einsätzen weltweit.

Quelle: rbb/Rubarth

"Christoph 31" gehört weltweit zu den Stationen mit den meisten Einsätzen

Stolz ist er auf seine moderne Maschine, die er mit einer Art Joystick zwischen den Knien lenkt. "Wir haben hier keinerlei Zeigerinstrumente mehr, keinerlei analogen Instrumente." Nirgend bewegt sich ein Zeiger. Alles ist digital. "Teilweise fünffach redundant über Computer abgesichert", sagt er. Vor ihm zeigen Bildschirme, was die Kamera noch vorne und nach unten einfängt, flimmern Grafiken und Karten, dazu viele Knöpfe vor ihm, über ihm.

Beim Heruntersinken auf den Landeplatz in Eiswerder bleiben Menschen stehen und zücken ihre Handys. Kurz nur ist "Christoph 31" am Boden – bis Hellmanns Kollegen eingestiegen sind. Zurück geht es vorbei am Olympiastadion unter dichten, grauen Wolken zur Station in Steglitz. Hellmann mag seinen Job, sagt er. Selbst wenn der Himmel grau ist, sei er doch noch nie mit einem schlechten Gefühl oder mit einem grummeligen Gesicht zur Arbeit gefahren.

Quelle: rbb/Rubarth

Schicht von 7 Uhr morgens bis Sonnenuntergang

Zurück am Boden, kurz vor Sonnenuntergang: Für Notarzt und Notfallsanitäter geht die Schicht langsam zu Ende. Sie freuen sich, zu Ihren Familien nach Hause zu kommen. Pilot Nico Hellmann macht noch einen Sicherheitscheck, öffnet alle Türen, trocknet den Heckrotor, leuchtet in jedes Eck. Die Maschine soll fit sein am nächsten Morgen. "Wir sitzen hier zu dritt oder zu viert in diesem Hubschrauber, bewegen uns mit 250 Stundenkilometern durch die Luft. Da muss man sich einfach drauf verlassen können, dass alles ordnungsgemäß funktioniert."

Um sieben Uhr morgens ist wieder Dienstbeginn. Nico Hellmann drückt den Lichtschalter. Nach und nach gehen alle Strahler im Hangar aus. "Gute Nacht" sagt er. "Christoph 31" ist bereit für den nächsten Einsatz.

Sendung: Abendschau, 28.10.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Christina Rubarth

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