rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Video: rbb|24 | 10.11.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Quelle: rbb

Müllauto meidet Sackgassen

Anwohner in Oberhavel müssen bei Müllentsorgung selbst anpacken

Ob Papier, Plastik, Haus- oder Biomüll - die Abfallentsorgung kann ganz schön ins Geld gehen. Richtig ärgerlich wird es aber dann, wenn dafür die Tonnen plötzlich nicht mehr vor der eigenen Haustür abgeholt werden. Von Karsten Zummack  

"Es ist wieder Wandertag", seufzt Manfred Häfke, während er seine schwere, vollgefüllte Hausmülltonne über Laub und Steine hinweg aus seinem Garten zieht. Wie die Nachbarn auch muss der 69-jährige Zühlsdorfer seit ein paar Wochen selbst anpacken für die Abfallentsorgung. Der Rentner schiebt die graue Tonne fast 200 Meter weit zur nächsten Straßenkreuzung. Erst dort wird sie von der Abfallwirtschafts-Union Oberhavel (AWU) abgeholt.

In diese Sackgasse rollt das Müllauto nicht mehr, wie das Unternehmen den Anwohnern der Gartenstraße im September in einem Brief ankündigte. Seitdem brodelt es unter den Betroffenen.

Illegaler Müll auf Berliner Straßen

Unterwegs mit der "Soko Müll" in Neukölln

Was zu groß für die Mülltonne ist, landet in Berlin oft auf der Straße. In Neukölln hat das Problem mittlerweile so große Dimensionen erreicht, dass das Ordnungsamt zu einer besonderen Maßnahme gegriffen hat: Müll-Ermittler. Von Oda Tischewski

Jährlich zehn Todesfälle bundesweit

"Das ist Verarschung. Was jahrelang geklappt hat, soll auf einmal nicht mehr klappen?", fragt und schimpft Manfred Häfke. Nicht nur er ist in Bewegung, sondern fast die ganze Gartenstraße. Bis zu zehn Mal im Monat werden die verschiedenen Tonnen hin und zurück gebracht. Die Anwohner sind selbst gefragt, wenn sie ihre Abfälle loswerden wollen.

Das Entsorgungsunternehmen AWU, das im gesamten Kreis Oberhavel für die Müllabfuhr zuständig ist, weiß um die Kritik der betroffenen Sackgassen-Anwohner. Geschäftsführer Stefan Günther beruft sich bei seiner Entscheidung allerdings auf jahrzehntealte Vorschriften der Berufsgenossenschaft. Nach langer Verzögerung werden die jetzt umgesetzt. "Es ist gefährlich und sehr schwer, bei einem 10 Meter langen 20-Tonnen-Fahrzeug alles zu überblicken", erklärt Günther. Bundesweit gebe es jedes Jahr etwa zehn Todesfälle bei der offiziellen Müllentsorgung.

Kleinere Müllfahrzeuge als Lösung?

Die AWU-Flotte umfasst insgesamt 60 Müllfahrzeuge. Jedes dritte davon ist ein sogenannter Seitenlader. Dort sitzt der Fahrer auf der rechten Seite. Mithilfe von Steuerhebel, Rückspiegeln und Bildschirmen steuert er einen üppigen Greifarm auf der rechten Seite, leert so die Mülltonnen. Aussteigen muss er dafür in der Regel nicht. Einweiser oder andere Unterstützer haben die Fahrer meist nicht an Bord. Rangieren oder sogar Wenden ist arg schwierig mit den riesigen Müllautos.

Deshalb hat die Abfallwirtschafts-Union Oberhavel für mehr als 200 Sackgassen angeordnet, dass die Fahrzeuge dort nicht mehr rückwärts hinein rollen. Auch für besonders enge Straßen gibt es Einschränkungen. Doch für die wütenden Anwohner gibt es einen kleinen Lichtblick. Die AWU spricht derzeit mit Bürgermeistern aus der Region über mögliche Lösungen. Langfristig würden beispielsweise die Anschaffung kleinerer Fahrzeuge sowie neue Wendeschleifen in Betracht kommen, so Geschäftführer Günther.

Steigende Bewerberzahlen

Warum es in der Landwirtschaft immer mehr Azubis gibt

Felder bewirtschaften, Traktor fahren, im Kuhstall arbeiten: Immer mehr junge Menschen beginnen Ausbildungen in der Landwirtschaft. Was fasziniert sie an der Arbeit auf dem Land? Von Susanne Hakenjos

"Müll-Wandertage" bei Wind und Wetter

Doch das ist Zukunftsmusik. In einigen Sackgassen holen die Fahrer die Tonnen noch zu Fuß ab und bringen sie zum Entleeren ans Müllauto, zum Beispiel in Stolpe. Auch in Zühlsdorf wäre das möglich. Für diesen Service allerdings verlangt die AWU eine Gebühr von gut 19 Euro pro Tonne. Ansonsten müssen eben die Anwohner eben selbst ran. "Machen Sie das mal bei Schnee, Glätte und Regen. Dann wissen Sie, was Sie getan haben", sagt Rentner Manfred Häfke. Doch da muss er jetzt erst mal durch. Und der nächste "Müll-Wandertag" kommt bestimmt: Schon morgen, wenn er die geleerte Tonne an der Straßenkreuzung wieder abholt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 9.11.23, 17:30 Uhr

Beitrag von Karsten Zummack

Artikel im mobilen Angebot lesen