Steigende Bewerberzahlen - Warum es in der Landwirtschaft immer mehr Azubis gibt

Di 07.11.23 | 06:24 Uhr
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Zwei der neuen Azubis des Landwirtschaftsbetriebs Oehnaland Agrar GmBH (Quelle: rbb/Susanne Hakenjos)
Audio: rbb24 Inforadio | 07.11.2023 | Bild: rbb/Susanne Hakenjos

Felder bewirtschaften, Traktor fahren, im Kuhstall arbeiten: Immer mehr junge Menschen beginnen Ausbildungen in der Landwirtschaft. Was fasziniert sie an der Arbeit auf dem Land? Von Susanne Hakenjos

Am frühen Vormittag hat Franziska auf den Feldern bei Oehna südlich von Jüterbog (Teltow-Fläming) schon einiges geschafft: Kartoffeln hat sie mit dem Traktor auf dem Acker zum Einlagern abgefahren: "Ich hab‘ ja schon meinen T-Schein, den Trecker-Führerschein", sagt die 17-Jährige aus dem Niederen Fläming, "Trecker fahren ist halt schön!" Gerade die großen Landmaschinen seien für Franziska ein wichtiger Grund gewesen, warum sie sich für die dreijährige duale Ausbildung bei Oehnaland Agrar GmbH in Niedergörsdorf entschieden hat.

23 Prozent mehr Azubis in der Landwirtschaft

Damit liegt Franziska im Trend, denn immer mehr junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung in Ackerbau oder Tierproduktion. Laut Landesbauernverband (LBV) haben die Betriebe 278 Azubi-Verträge in den verschiedenen landwirtschaftlichen Berufen abgeschlossen. Im vergangenen Jahr waren es noch 226.

177 der neuen Auszubildenden haben sich für den Beruf des klassischen Landwirts entschieden, 31 für den Tierwirt der Fachrichtung Rinderhaltung. 25 wollen Agrarservice-Fachkraft werden. Dabei geht es nicht um Tierhaltung sondern nur um Feldarbeit mit modernen Geräten. Schließlich wollen auch vier Azubis Schäfer werden. "Mich hat das wirklich überrascht, dass das so eine Steigerung war", sagt LBV-Sprecherin Meike Mieke.

Allein Schweinezucht- und -Mastbetriebe sind bei jungen Leuten offenbar nicht gefragt. Sie konnten keine einzige ihrer Azubi-Stellen besetzen, und das im zweiten Jahr in Folge.

Der Dorfteich in Oehna, ein Ortsteil der Gemeinde Niedergörsdorf im Kreis Teltow-Fläming (Quelle: rbb/Susanne Hakenjos)Dorfteich in Oehna (Teltow-Fläming)

Betriebe können aus mehreren Bewerbungen auswählen

Dass der große Agrarbetrieb in Oehna Franziska eingestellt hat, war für beide Seiten kein Selbstläufer: "Wir konnten dieses Jahr aus gleich vier Bewerbungen auswählen", sagt Ausbilder Karl Jetter, "Ein Luxusproblem! Wir hatten auch schon mal zwei Jahre lang hintereinander keine Bewerbungen." Sogar fürs kommende Jahr lägen schon erste Bewerbungen vor. "Und die Nachbarbetriebe berichten Ähnliches!"

Bei Oehna in Niedergörsdorf lernen damit im ersten bis dritten Lehrjahr insgesamt vier Azubis Landwirt und eine Tierwirtin im Bereich Rinderhaltung. Außerdem gibt es noch zwei Azubis zum Landmaschinenmechatroniker. "Was auffällig ist: Die Bewerbungen sind nicht mehr so regional wie noch vor zehn, fünfzehn Jahren", sagt Ausbilder Jetter, "Die kommen jetzt nicht mehr aus dem Ort oder dem Nachbardorf, sondern aus zwanzig, dreißig, vierzig Kilometer Entfernung." Außerdem würden sich immer mehr Frauen bewerben.

Frühmorgens auf dem Acker und dann so ein Sonnenaufgang - Das ist halt auch schön!"

Franziska, Landwirtin in Ausbildung

"Selber die Produkte ernten, die dann im Supermarkt landen"

Laut Meike Mieke vom LBV begann die Trendwende schon 2021 in der Coronazeit. Grundsätzlich steige die Zahl der Landwirtschafts-Azubis auch bundesweit. Woran das liegt, kann Oehna-Ausbilder Karl Jetter nur vermuten. "Man ist eben viel draußen an der frischen Luft. Die Technik ist immer moderner, komfortabler. Man hat flexible Arbeitszeiten", sagt der 33-Jährige, "Klar: Ernte ist Ernte. Aber dafür hat man dann die Vorteile im Winter."

"Arbeiten in der Landwirtschaft ist interessant", findet auch Pitt aus Jüterbog. Der 16-Jährige hat im September seine Ausbildung zum Landmaschinen-Mechatroniker ebenfalls im Agrarbetrieb in Oehna begonnen. "Eigentlich macht alles Spaß! Selber die Produkte zu ernten, die dann im Supermarkt landen, ist in der heutigen Zeit viel interessanter geworden." Landmaschinen-Mechatroniker zählen allerdings in der LBV-Statistik nicht mit. Nicht jeder Agrarbetrieb hat schließlich eine eigene Werkstatt.

Franziska überlegt jetzt schon eine Meisterausbildung zu machen

Für Franziska waren neben den großen Landmaschinen auch die Natur und das Landleben entscheidend: "Frühmorgens oder spät auf dem Acker, und dann so ein Sonnenaufgang oder -untergang - Das ist halt auch schön", sagt Franziska, "Es ist ein schöner Beruf, anstrengend, aber sehr schön!" Wenn die kommenden drei Jahre gut laufen, überlegt sie jetzt schon, sich dann noch die Meisterausbildung zu machen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 6.11.2023, 15:12 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    "Aus Unwissenheit herrschen die üblichen Klischees vor" .... "Deutsch, Physik, Mathe (besonders Kopfrechnen)oft große Defizite. Vielleicht sind sie in dem Bereich nicht die Hellsten, evtl. aber im Handwerklichen."
    Wahrlich ein Paradebeispiel für Unwissenheit.

  2. 5.

    ""Frühmorgens oder spät auf dem Acker, und dann so ein Sonnenaufgang oder -untergang - Das ist halt auch schön", sagt Franziska, "Es ist ein schöner Beruf, anstrengend, aber sehr schön!" "
    Sehr schön beschrieben. Viel Erfolg für den weiteren Weg.

  3. 4.

    Es ist eben ein Irrglaube, dass man im Handwerk kein Mathe und Physik braucht. Der Tischlermeister nimmt inzwischen lieber Abiturienten als Azubi, weil Zehntklässler ihm ständig die Bretter zu kurz schneiden, weil sie nicht einmal die einfachsten Rechenoperationen beherrschen.

  4. 3.

    Eine erfreuliche Entwicklung. Vor allem wenn die 'Betriebe' gut mit Öffis+ Fahrrad erreichbar sind. Die Argumente, die genannt werden, sind nicht von der Hand zu weisen, nur etwas dumme und uniteressierte Personen verlegen sich auf die Kenntnis von etwa 10 Berufsbildern bei den Jungen und Mädchen. Dabei gibt es weit über 300 und inzwschen wird auch ganz gut gezahlt. Warum sich nicht eine Existenz im ländlichen Raum aufbauen? Nur muss man das mögen, die enge Verbundenheit mit dem Jahresverlauf, Arbeitsspitzen bei Klasse-Wetter oder strömenden Regen, aber dafür glänzen die Ortschaften mit Schönheit und Gediegenheit. Handwerk wird groß geschrieben und ebenso der Zusammenhalt. Wünschten sich das nicht viele junge Leute? Viele Orte werden quasi mit dem Rad angefahren. Von dem einfachen Halt/Stopp machen und verschnaufen hat sich schon manches entwickelt. Auch das sollte man immer im Auge behalten...
    Oehna finde ich übrigens sehr nett.

  5. 2.

    Das hört sich doch gut an. Wenn das auch so in anderen handwerklichen Bereichen klappen würde...
    Viele handwerkliche Berufe haben sich seit den 1980er Jahren auch stark verändert, sind moderner, digitaler geworden. Das ist vielen jungen Leuten oft gar nicht klar. Aus Unwissenheit herrschen die üblichen Klischees vor und schrecken deshalb ab. Die Betriebe sollten - wie früher - verstärkter an Schulen auftreten und Berufe erklären, für sich werben. DAS wurde in den letzten 20 Jahren massiv vernachlässigt. Oft heißt es auch, es gäbe nicht genug geeignete Bewerber. Zugegeben, bei Vielen gibt es in Deutsch, Physik, Mathe (besonders Kopfrechnen)oft große Defizite. Vielleicht sind sie in dem Bereich nicht die Hellsten, evtl. aber im Handwerklichen. Mein Omma sagte immer: "Áuf jeden Topf passt ein Deckel...". Weshalb also nicht auch im beruflichen Bereich? Doch nur mit Jobmessen allein ist´s nicht getan - die AG sollten in jeder Hinsicht offensiver werden.

  6. 1.

    Das freut mich, die Wiederentdeckung der Landarbeit! Es ist ja auch wirklich schön, die Natur zu spüren und zu erleben, was durch der Hände Arbeit gedeiht. Nun noch Naturschutz, und gut!

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