Hochansteckende Krankheit - Berliner Gesundheitsverwaltung meldet mehr Masernfälle als in den Vorjahren

Mi 22.05.24 | 14:27 Uhr
Archivbild: Dieses vom Gesundheitsamt Reinickendorf zur Verfügung gestellte Foto zeigt einen Bewohner des Ankunftszentrums für Asylbewerber in Berlin-Reinickendorf, der im Zuge eines Masernausbruchs gegen die Krankheit geimpft wird. (Quelle: dpa/Moeller)
Video: rbb24 Abendschau | 22.05.2024 | V. Materla | Bild: dpa/Moeller

Masern sind eine hochansteckende Krankheit und alles andere als harmlos, werden aber von vielen nicht richtig ernst genommen. Aktuell gibt es neue Masernfälle in Berlin - mehr als in den Jahren zuvor. Dafür gibt es mehrere Gründe.

In Berlin steigen die Masernfälle. Das teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Dienstag mit. Für die aktuelle Woche lägen bereits sechs Meldungen vor. Bis Ende vergangener Woche waren den Angaben zufolge insgesamt 68 Fälle registriert worden - deutlich mehr als im selben Zeitraum der Vorjahre.

Denn kurz vor Jahresende 2023 meldeten die Berliner Behörden lediglich 15 Fälle der Masern. 2022 wurden offiziell zwei Fälle in Berlin bekannt, 2021 wurde kein Fall registriert. Im Jahr 2020 waren es drei Fälle. Als Grund für diese niedrigen Werte in den Vorjahren gelten die weltweit getroffenen Maßnahmen gegen eine Corona-Ausbreitung.

Auch aus dem europäischen Ausland würden erhöhte Fallzahlen gemeldet, "weshalb es jederzeit auch zu weiteren Einträgen in Berlin kommen kann", so die Senatsverwaltung.

Expert:innen befürchten keine große Infektionswelle

Eine große Welle an Maserninfektionen in der Region befürchten die Ärzt:innen jedoch nicht. Die Erkrankung kann in Kitas und Schulen nicht weiterverbreitet werden, sagte der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen, Jakob Maske, am Mittwoch dem rbb. Grund ist die Nachweispflicht über die Impfungen für alle Kinder.

"Wir haben mehr das Problem in Einrichtungen, wo viele Menschen nicht geimpft sind. Und die Menschen, die erkrankt sind, sind entweder gar nicht oder nur ein Mal geimpft", erklärte der Berliner Kinderarzt Maske. Empfohlen wird eine zweimalige Impfung.

Masern sind eine ansteckende Infektionskrankheit in allen Altersgruppen

Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten und werden durch Viren übertragen. Wer nicht immun ist, steckt sich bereits nach kurzem Kontakt durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen an. Zwischen der Ansteckung und dem Auftreten von Erkältungssymptomen können acht bis zehnTage vergehen. Bis zum Auftreten eines typischen rosa-bräunlichen Hautausschlags (Masernexanthem) können bis zu 14 Tage vergehen. Bis zu 18 Tage kann es mitunter dauern, bis das erste Mal infektionsbedingtes Fieber auftritt. Antibiotika wirken bei Masern nicht, da es sich um eine virale Infektion handelt.

Entscheidend für eine erfolgreiche Eindämmung von Masernausbrüchen sei die unverzügliche Meldung aller Fälle (auch von Verdachtsfällen) an das zuständige Gesundheitsamt. Seit 2001 gibt es eine Meldepflicht für akute Masernerkrankungen in Deutschland. Nur so könnten rechtzeitig Maßnahmen wie die Absonderung Erkrankter oder Riegelsimpfungen durchgeführt werden. Eine Riegelsimpfung ist eine Impfung, die regional begrenzt nach Ausbruch einer Erkrankung eingeleitet wird.

Besonders Schulkinder und Erwachsene infizieren sich mit Masern

Laut Robert Koch-Institut (RKI) gab es im März 2024 die meisten gemeldeten Masernfälle in der Altersgruppe der 5- bis 9-Jährigen. Auch bei den 30- bis 39-Jährigen sowie bei den 40- bis 49-Jährigen wurden mehr Fälle gemeldet als in anderen Altersgruppen. Die Zahlen zeigen, dass Masern keine "harmlose Kinderkrankheit" ist, so das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite. Die Erkrankung kann häufig Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich bringen - im schlimmsten Fall eine tödlich verlaufende Gehirnentzündung.

Um die Masern auch weltweit einzudämmen, müssten 95 Prozent der Bevölkerung gegen die Masern immunisiert werden - durch Impfung oder eine durchgestandene Infektion. Dadurch würde eine Herdenimmunität aufgebaut werden, die vor allem Kleinkinder unter 11 Monaten schützt, die noch nicht gegen die Masern geimpft werden können. Ebenso geschützt würden dadurch Menschen, die aus anderen Gründen nicht geimpft werden können. Nach zweifacher Impfung oder durchgestandender Infektion ist laut RKI grundsätzlich von einer lebenslangen Immunität gegen Masernviren auszugehen.

Masern in Deutschland begünstigt durch Impflücken

In Deutschland gilt seit dem 1. März 2020 zudem das Masernschutzgesetz [externer Link]. Wer in die Kita, Schule, eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete oder in eine Jugendhilfeeinrichtung will, muss nachweisen, vollständig gegen die Masern geimpft zu sein. Dies gilt für Kinder, aber auch in den Einrichtungen tätige Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden. Wird der Nachweispflicht nicht nachgekommen, können unter anderem Tätigkeits- oder Zutrittsverbote ausgesprochen oder auch ein Bußgelder verhängt werden.

Als vollständig geimpft gilt, wer zwei Masernimpfungen erhalten oder die Krankheit durchgestanden hat. Der Masernimpfstoff ist ein dreifach kombinierter Lebendimpfstoff, mit dem gleichzeitig auch gegen Mumps und Röteln (MMR-Impfstoff) geimpft wird [externer Link]. Laut Bundesgesundheitsministerium sind bundesweit vor allem Impflücken bei der Masernimpfung weiterhin groß und können Ausbrüche begünstigen. Impflücken entstehen, wenn Personen nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft wurden oder der Impfstatus unklar ist.

Sendung: rbb24 Abendschau, 22.05.2024, 19:30 Uhr

Nächster Artikel