"Integrierter Regionalplan" beschlossen - Uckermark und Barnim denken Erneuerbare Energie, Tourismus und Gewerbe zusammen

Mi 22.05.24 | 15:46 Uhr
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Symbolbild:Solaranlagen und Windräder in einem Energiepark in Brandenburg.(Quelle:imago images/A.Franke)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.05.2024 | Claudia Henze, Leiterin der regionalen Planungsstelle | Bild: imago images/A.Franke)

Ein Regionalplan soll in der Uckermark und dem Barnim die Planung für Windenergie, Gewerbeflächen oder auch Rohstoffförderung organisieren. In Deutschland ist das bisher einmalig. Doch nicht alle sind damit zufrieden.

Vertreter der Landkreise und Kommunen haben am Dienstag in der Stadthalle in Eberswalde einen integrierten Regionalplan für den Barnim und die Uckermark verabschiedet. 31 von 43 Regionalräten in der Versammlung haben dafür gestimmt.

Regionalkonferenz zum integrierten Regionalplan Uckermark Barnim für Erneuerbare Energie
Abstimmung in der Stadthalle Eberswalde | Bild: rbb

Der Plan ist der deutschlandweit erste so genannte "integrierte", der nicht nur alle Formen Erneuerbarer Energien berücksichtigen soll. So ist darin festgehalten, wo in den kommenden Jahren etwa Solaranlagen, Windräder, Gewerbegebiete oder Tourismusprojekte entstehen dürfen; aber auch, wo Rohstoffe gefördert werden können. Bisher hatten die Regionalplaner lediglich die Eignungsfelder für Windenergie festgeschrieben.

Befürchtungen vor Wildwuchs ohne Plan

Bis dato hat in der Region kein Plan existiert, da der letzte aufgrund von Formfehlern im März 2021 vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) gekippt worden ist. Nun hoffen viele Gemeinden auf Struktur statt Willkür beim Ausbau der Erneuerbaren Energien: Wäre es nicht zu einer Einigung gekommen, hätte die Möglichkeit bestanden, dass auf bis zu zwölf Prozent der Flächen Windparks hätten errichtet werden können.

Mit dem nun beschlossenen Regionalplan wird den Vorgaben von Bund und Land über die anteiligen Flächen für Windenergie nachgekommen. In ganz Brandenburg sollen bis 2027 - also schon in drei Jahren - 1,8 Prozent der Flächen für Windenergie ausweisen sein. Bis zum Jahr 2032 dann insgesamt sogar 2,2 Prozent der Gesamtflächen.

Befürworter setzen auf Planungssicherheit und Vorteile für die Wirtschaft

Claudia Henze, die Leiterin der Regionalen Planungsstelle, zeigte sich nach der Sitzung mit der Abstimmung zufrieden. "Das Ergebnis freut mich natürlich sehr, vor allem weil wir es geschafft haben, einen integrierten Plan aufzustellen, der neben den geforderten 2,2 Prozent Flächen für die Windenergienutzung zum Beispiel auch 39 Prozent der Fläche als Vorranggebiete festlegt und damit von Bebauung und Zerschneidung frei hält." Der Plan sorge außerdem für Klarheit bei der Entwicklung von Sieldungen und Gewerbe sowie für Rohstoff-Sicherheit und zeige Standorte für die Wasserstoffproduktion, so Henze weiter. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) befürwortet das Abstimmungsergebnis.

Auch Jörg Klitzing, Regionalchef der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (IHK), begrüßt die Entscheidung. Die Mitglieder des Regionalcenters für Barnim-Uckermark hätten ihm zufolge die Planungen von Beginn an begleitet. Er erhofft sich nun Standortvorteile für die Wirtschaft. "Langfristig geht es auch um Ansiedlungen für energieintensive Vorhaben in der Region", sagt Klitzing.

Plan für Bürgermeister von Templin und Bernau nur Kompromiss

Allerdings gibt es auch Widerstand gegen den Regionalplan. Windkraftgegner aus der ganzen Region Barnim-Uckermark hatten im Voraus eine Demonstration für die Sitzung in Eberswalde angemeldet. Am Ende wurde stattdessen eine größere Mahnwache von circa 30 Menschen abgehalten, wie Reporter berichten. Die Teilnehmenden forderten beispielsweise kleinere Windräder, statt der geplanten großen. Laut Landesministerium sei das aber nicht möglich. Denn würde die Höhe der Windräder im Plan beschränkt, dann werde die Wind-Fläche trotz Bebauung bei den Vorgaben nicht mitgezählt.

Demonstration gegen Regionalplan in Eberswalde
Widerstand vor Stadthalle | Bild: rbb

Templins Bürgermeister Detlef Tabbert (Linke) hat dem Plan, wie er sagte, "mit Bauchschmerzen" zugestimmt. Er ärgert sich etwa über eine potenzielle Kiesgrube zur Rohstoffförderung vor einem Ferienhotel am Großen Döllnsee. "Jeder kann sich vorstellen, wenn 800 bis 1.000 Hektar hochwertiger Buchen- und Kiefernwald gerodet werden sollen, dass wir das nicht befürworten werden."

Dem Bernauer Bürgermeister André Stahl (Linke) wurde ein gewünschtes Gewerbegebiet gestrichen. Außerdem soll es Windkraft im Wald geben, wogegen sich die Stadt klar positioniert hatte. Dennoch wollte er, wie auch sein Templiner Kollege, den Plan befürworten, wie die Politiker vor der Sitzung mitteilten. Dafür hatte Stahl sich zuvor die Zustimmung der Stadtverordneten eingeholt. "In Abwägung aller Umstände und insbesondere der Tatsache, dass wir sonst das Risiko von erheblichem Wildwuchs haben, stimmen wir mit dem ein oder anderen Grummeln im Bauch diesem Regionalplan, der im Ergebnis ein Kompromiss ist, zu", erklärte André Stahl. "Unterm Strich sind es ganz unterschiedliche Interessen, die in so einer Regionalplanung wirken. Das ist ein Punkt, wo wir uns nicht durchsetzen konnten. Die Mehrheit hat gesagt, dass wir das hinnehmen müssen. Wir können eben nicht überall Sieger sein."

BI: Plan lässt keinen Spielraum

Für das Angermünder Regionalratsmitglied Rainer Ebeling von der "Bürgerinitiative Crussow – lebenswert" ist diese Art von Abwägung keine Option. Für den Ortsteil Crussow engagiert er sich seit Jahren gegen den Zubau weiterer Windräder vor seinem Dorf. Mit seinen Argumenten zu Vogelschutz, Lärm und größeren Abständen zu Häusern und Schutzgebeiten konnte er sich nicht durchsetzen. "Ich habe versucht, den Plan mitzugestalten, dann aber festgestellt, dass die politischen Vorgaben überhaupt keinen Spielraum lassen. Und deswegen werde ich auch dagegen stimmen. Ich lasse mich nicht in Mithaftung für politische Fehlentscheidungen nehmen. Das ist eigentlich der Kern der Sache.", so Ebeling.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.05.2024, 19:30 Uhr

Mit Material von Fred Pilarski, Maximilian Devantier, Martina Rolke

6 Kommentare

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  1. 6.

    Nur mit dem Unterschied das Bayern 30 Jahre mehr Zeit hatte für ihre PV Anlagen als andere Bundesländer. Als die Leute im Norden damit angefangen haben und der Trend kam , verschwand die Förderung urplötzlich oder wurde stark eingeschränkt. Und ganz ehrlich nach knapp 3000 Windmühlen die von der Uckermark bis zur Ostsee stehen wovon die Hälfte jeden Tag still steht weil nicht eingespeist wird aufgrund fehlender Leitungskapazitäten , sollte der Schwachsinn doch langsam mal aufhören .

  2. 5.

    Das ist sicher die Tourismusattraktion: endlose Windkraft- und Photovoltaikanlagen, so weit das Auge reicht. Wer möchte nicht diesen Anblick genießen. Ist doch viel schöner als Wiesen und Felder, Wälder und Seen. Auch die lästigen Feldlerchen und andere Vögel werden uns mit ihrem Gesang nicht mehr stören. Stattdessen das sonore Brummen der Windräder.

  3. 4.

    Das ist sicher die Tourismusattraktion: endlose Windkraft- und Photovoltaikanlagen, so weit das Auge reicht. Wer möchte nicht diesen Anblick genießen. Ist doch viel schöner als Wiesen und Felder, Wälder und Seen. Auch die lästigen Feldlerchen und andere Vögel werden uns mit ihrem Gesang nicht mehr stören. Stattdessen das sonore Brummen der Windräder.

  4. 3.

    Bayern hat nach Berlin und dem Saarland die größte installierte PV-Leistung/Flächeneinheit. Und das schafft man in einem Flächenland sicher nicht nur auf Dächern. Bei den Ausschreibungen PV-Freifläche liegt Bayern regelmäßig vorn in der Menge.
    Wenn Sie was gegen Windräder haben, dann wäre Bayern ein Ziel aber wenn Sie Solarmodule nicht mögen ist Bayern sicher nicht zu empfehlen.

  5. 2.

    Wird auch Zeit das dies jetzt mal umgesetzt wird

  6. 1.

    Jetzt reichts, ich zieh weg. Will nicht auf, bis zum Horizont Paneele gucken! Ich zieh nach Bayern - und tschüß!

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