Jüdisches Leben - Eberswalder Verein "Exil" erhält Obermayer Award 2024

Mo 29.01.24 | 22:12 Uhr
Archivbild: Bundespräsident Joachim Gauck steht am 09.11.2013 vor Stolpersteinen - kleinen, in den Boden eingelassene Messingplatten, die an Opfer des Nazi-Regimes erinnern - im Pflaster am Marktplatz in Eberswalde (Brandenburg). (Quelle: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 26.01.2024 | Elke Bader | Bild: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Der Jugend-und Kulturverein Exil e.V. aus Eberswalde (Barnim) ist am Montagabend im Roten Rathaus in Berlin mit dem "Obermayer Award" ausgezeichnet worden. Der Verein setzt sich dafür ein, das Bewusstsein für die jüdische Geschichte in Eberswalde zu schärfen. Mit dem Preis werden Einzelpersonen und Gruppen gewürdigt, die sich für jüdisches Leben engagieren und gegen Rassismus und Antisemitismus stark machen.

Neben dem Exil-Verein wurden sechs weitere Personen aus Deutschland für ihr Engagement ausgezeichnet. Eine der Auszeichnungen ging auch an die Berlinerin Marie
Rolshoven. Sie regt mit ihrem Projekt "Denk Mal am Ort" Bürgerinnen und Bürger dazu an, Lebensgeschichten etwa von Widerstandskämpfern während der NS-Zeit zu recherchieren und das Wissen weiterzugeben.

Ausgezeichnet werden auch Menschen, die sich ausgehend von den Lehren aus der Geschichte dem Bekämpfen von Vorurteilen und Rassismus widmen. Die Historikerin und Schriftstellerin Katharina Oguntoye aus Berlin, Mitherausgeberin des Buches "Farbe bekennen", wurde für ihr Engagement für schwarze Deutsche gewürdigt.

Ehemalige Baracken aus NS-Zeit als Vereinsgebäude in Eberswalde

Der für sein Engagement ausgezeichnete Eberswalder Exil-Verein ist seit 1997 in zwei ehemaligen Baracken in der Stadt angesiedelt. Diese wurden damals von einer Gruppe Punkrockern um Kai Jahns hergerichtet, sagte Jahns dem rbb vor der Verleihung: "Es ging um Rock'n'Roll. Man hat drei Kanonenöfen irgendwoher besorgt und eine Punkrock-Band hat gespielt."

Schnell hätten die Punkrocker dann festgestellt, dass ihr Club früher ein Außenlager des Frauen-KZ Ravensbrück gewesen ist. Bis 1945 waren dort Frauen untergebracht, die in den Ardelt Werken in Eberswalde - einem bedeutenden Rüstungsbetrieb während der NS-Zeit - Zwangsarbeit leisten mussten. Die meisten Frauen waren unter 21 Jahre alt und kamen aus Italien, Polen und der Sowjetunion. 1945 wurden die Baracken geräumt und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von einer deutschen Uniform-Schneiderei genutzt.

Aufarbeitung der Geschichte

Seit der Übernahme der Baracken durch den Verein wird die Geschichte des ehemaligen Lagers aufgearbeitet, berichtete Jahns: "Wir haben mit Ausstellungen angefangen und auch geguckt, Ausstellungen aus Ravensbrück herzubekommen. Später haben wir die Überlebenden eingeladen. Dann ist eine eigene Ausstellung entstanden, mit den Berichten der Überlebenden."

Neben den Ausstellungen gibt es weiter Punk- und Rockkonzerte. Außerdem treffen sich in den Vereinsräumlichkeiten Frauen und Mädchen aus der Ukraine und arabischen Ländern, so Jahns: "Für die Ukrainerinnen ist das einer der wenigen Orte in Eberswalde, wo sie selbst organisierte Angebote für ihre Kinder und Jugendlichen machen können. So auch bei den arabischen Frauen. Die haben hier halt einen Ort, wo sie ihr Ding machen können und nicht von anderen festgelegt werden."

Preis wird seit dem Jahr 2000 verliehen

Der Preis wird seit dem Jahr 2000 vergeben. Seine Verleihung findet alljählich rund um den internationalen Holocaust-Gedenktag (27. Januar) statt. Ins Leben gerufen wurden die Awards im Jahr 2000 von Arthur S. Obermayer (1931-2016), einem amerikanischen Unternehmer und Philanthropen, und seiner Frau Dr. Judith Obermayer.


Sendung: Antenne Brandenburg, 28.01.2024, 22 Uhr

Nächster Artikel