Reaktion auf Vorwürfe in Hessen - Brandenburger Linke plant Beratungsangebot für Opfer sexualisierter Gewalt
Bei der hessischen Linkspartei soll es jahrelang zu sexuellen Übergriffen gekommen sein - das erschüttert auch andere Landesverbände. Die Linke in Brandenburg zeigt sich entsetzt und plant nun ein externes Beratungsangebot für Opfer.
Nach Vorwürfen sexualisierter Gewalt in der hessischen Linkspartei will der Brandenburger Landesvorstand ein dauerhaftes externes Beratungsangebot für Opfer schaffen.
"Das Entsetzen über die Vorfälle bei uns ist groß. Bislang sind uns aber noch keine Vorkommnisse in unserem Landesverband bekannt", sagte der Vorsitzende Sebastian Walter auf Anfrage des rbb. Gemeinsam mit der Co-Vorsitzenden Katharina Slanina schlage er dem Vorstand nun die Bildung einer unabhängigen Vertrauensgruppe vor.
Bundespartei will Machtstrukturen analysieren lassen
Man stehe "vor einem Prozess", so Walter. Das Problem mache auf ein Machtgefälle aufmerksam. "Wenn wir uns als feministische Partei ernst nehmen, dann müssen wir handeln." Es gehe um Aufklärung und Opferschutz.
Die Bundespartei hat inzwischen angekündigt, einen unabhängigen Expertenrat einzusetzen, der Machtstrukturen in der Partei analysieren soll. Auslöser der Debatte sind Recherchen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" [Bezahlbeitrag] und Vorwürfe mehrerer sexueller Übergriffe in der hessischen Linkspartei.
Johlige: "Null Empathie gegenüber den Opfern"
Im Fokus der Kritik steht dabei auch die derzeitige Bundesvorsitzende Janine Wissler, die mehr als ein Jahrzehnt der Landtagsfraktion vorstand. Zu den Beschuldigten gehört unter anderem ihr ehemaliger Lebensgefährte. Kritiker werfen Wissler vor, Opfer nicht ausreichend geschützt zu haben. Wissler hatte das in einer Erklärung vergangene Woche [die-linke.de] zurückgewiesen. Mittlerweile haben sich laut Medienberichten auch Betroffene aus anderen Landesverbänden gemeldet.
Die Brandenburger Landtagsangeordnete Andrea Johlige forderte in einem persönlichen Schreiben vom Dienstag [andrea-johlige.com] Parteiverantwortliche der Bundes- und Landesebene auf, mehr für Aufklärung und Opferschutz zu tun. Sie kritisierte die schriftliche Stellungnahme von Janine Wissler zu den Vorwürfen. "Die Erklärung macht mich offen gestanden sprachlos. Null, wirklich null Empathie gegenüber den Opfern, kein Wort des Bedauerns, kein Problembewusstsein, keinerlei Eingeständnis eigener Fehler." Es fehle jegliche Opfersensibilität, so Andrea Johlige.
Sendung: rbb24, 19.04.2022, 17 Uhr