Bürgermeister-Stichwahl am Sonntag - Lübbener entscheiden über Neuanfang

Sa 11.06.22 | 17:45 Uhr | Von Daniel Friedrich
Das Rathaus in Lübben (Quelle: imago images)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.06.2022 | Daniel Friedrich | Bild: imago images

Bei der Stichwahl zum Bürgermeisteramt in Lübben wollen beide Kandidaten einen Neuanfang - und sind doch altbekannte politische Gesichter. Der bisherige Rathauschef war im Januar abgewählt worden. Von Daniel Friedrich

Jens Richter (CDU) und Andreas Dommaschk (Einzelwahlvorschlag) gehen am Sonntag in die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Lübben. Im ersten Wahlgang hatte Richter 42,5 Prozent der Stimmen erhalten, Dommaschk 24,0 Prozent.

Verwaltungen kennt Andreas Dommaschk in- und auswendig. Seit 30 Jahren ist der Lübbener auf verschiedenen Positionen in Verwaltungsjobs tätig, seit zwölf Jahren als Amtsdirektor im Elbe-Elster-Land. "Ich bringe Sach- und Fachverstand mit, also alles, was man für so einen Job braucht", sagt er. Er wolle Verantwortung für seine Heimatstadt übernehmen, nachdem ihr Ruf in den vergangenen Jahren gelitten hat.

Andreas Dommaschk (SPD) (Quelle: rbb/Friedrich)
Andreas Dommaschk | Bild: rbb/Friedrich

Ex-Bürgermeister scheiterte an Rückhalt der Stadtverordneten

Der 57-Jährige tritt als Einzelbewerber an, sitzt aber derzeit für die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung; in derselben Fraktion, wie auch der im Januar abgewählte Bürgermeister Lars Kolan. In den letzten Monaten seiner Amtszeit schienen diesem die Zügel im Rathaus immer mehr aus der Hand geglitten zu sein.

Einerseits wurde ihm ein schwieriges Verhältnis zu den Stadtverordneten, wenig Durchsetzungsvermögen und Missmanagement in der Stadtverwaltung vorgeworfen. Andere Stimmen hielten dagegen, die Stadtverordneten seien kaum kompromissbereit und hätten zu hohe Ansprüche an Verwaltung und Bürgermeister. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich ein fragwürdiger Grundstücksverkauf, den Kolan abgesegnet hatte. Einem Bürgerentscheid über seine Zukunft kam er zuvor, in dem er den Abwahlantrag der Stadtverordneten annahm.

Jens Richter (CDU) (Quelle: rbb/Friedrich)
Jens Richter | Bild: rbb/Friedrich

Bezahlbarer Wohnraum, Radwege und unpopuläre Entscheidungen

Inzwischen – so scheint es jedenfalls – haben sich die Wogen geglättet. Der Wahlkampf ging weitgehend geräuschlos über die Bühne. Spannend dürfte werden, wie sich diejenigen entscheiden, die bisher nicht für einen der beiden Stichwahl-Kandidaten gestimmt haben. Auch deshalb hofft er, mit einem möglichst breiten Themenspektrum zu überzeugen: "Ich stehe für bezahlbaren Wohnraum. Außerdem müssen die Radwege, die nach Lübben reinführen, gebaut werden – da reden wir schon jahrelang drüber. Und die Stadtwerke müssen zukunftsfähig aufgestellt werden."

Ein besonderes Augenmerk möchte der Verwaltungsmann auf die Abläufe im Rathaus legen. "Sicherlich wird es Mitarbeiter geben, die vielleicht nicht ganz so motiviert waren in der Vergangenheit. Da muss man mal gucken, wie man da wieder ansetzt und alle mitnimmt." Andreas Dommaschk hat auch keine Angst vor unpopulären Entscheidungen. Die Friedhofsgebührensatzung sei so ein Punkt: Seit Jahren wäre eine Erhöhung längst überfällig – klar, dass das unter den Bürgern nicht auf Gegenliebe stoßen würde. "Aber ich habe den Vorteil, dass ich ja nicht wiedergewählt werden muss", scherzt Dommaschk, der am Ende einer möglichen Amtszeit 63 wäre.

Lübbener für die Stadt und das Rathaus begeistern

Jens Richter (CDU) wirkt im Gespräch ruhig und gelassen. Im ersten Wahlgang bekam der Polizist mit 42,5 Prozent der Stimmen mit Abstand die meisten. Für einen Neuanfang in der Lübbener Stadtpolitik sei er der richtige, meint er, "weil ich hier zehn Jahre Kommunalpolitik gemacht habe, und ich glaube, dass ich dadurch sehr viele Einblicke darin habe, was die Stadt so bewegt."

Auch für ihn sei die größte Herausforderung, wieder Ruhe in die Stadtverwaltung zu bringen, um sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Dort fehlt zurzeit fast die gesamte Leitungsebene: Die Kämmerei, das Ordnungsamt und das Bauamt sind ohne Leitung. Außerdem verlässt der kommissarische Bürgermeister in der zweiten Jahreshälfte das Rathaus. Die Hoffnung ist groß, dass mit der Wahl am Sonntag wieder Kontinuität einzieht. Wenn es nach Jens Richter geht, gern mit mehr einheimischem Personal: "Wir müssen wieder Lübbener für dieses Rathaus begeistern. Dass hier Leute anfangen zu arbeiten, die wissen, worum es geht in dieser Stadt."

Überhaupt will der gebürtige Berliner neue Wege einschlagen und mehr miteinander reden – auch über Fraktions- und Meinungsunterschiede hinweg. Das unterscheide ihn von seinem Herausforderer. "Ich bin vom Typ her völlig anders. Ich bin kein Schwarz-Weiß-Typ, mir sind die Grautöne wichtig, denn es gibt nicht immer die perfekte Lösung." Mehrheiten akzeptieren und Entscheidungen transparent machen, das wolle er im Falle eines Wahlsiegs auch anders machen als sein Vorgänger.

Womöglich entscheiden die Stadtverordneten

Es ist keineswegs sicher, dass am Sonntag ein neuer Bürgermeister feststeht. Sieger ist zwar der Kandidat mit den meisten Stimmen. Voraussetzung ist aber, dass derjenige mindestens 15 Prozent der Wahlberechtigten hinter sich hat. Am Ende könnte also die Wahlbeteiligung das Zünglein an der Waage sein. Sie lag im ersten Wahlgang bei gerade einmal 42 Prozent. Kommt keine Mehrheit zustande, bestimmen die Stadtverordneten das neue Stadtoberhaupt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.06.2022, 9:00 Uhr

Beitrag von Daniel Friedrich

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