Nicht genügend Vakzine - Affenpocken-Impfungen in Berlin und Brandenburg stocken

Die Affenpocken breiten sich in der Region weiter aus - doch es gibt erste Hoffnungsschimmer. Berliner Ärzte würden gerne mehr impfen. Aber noch fehlen Dosen. Auch in Brandenburg droht nach Aussagen von Aktivisten ein Mangel.
Die Novo-Praxis in der Mohrenstraße in Berlin-Mitte. Hier behandelt der Allgemeinmediziner Sven Schellberg unter anderem Menschen mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Viele seiner Patienten sind schwule Männer. Ein Personenkreis, der zurzeit besonders betroffen ist von den Affenpocken - und deswegen ein großes Interesse an der Impfung hat.
"Die Affenpocken gelten nicht als klassische sexuell übertragbare Krankheit, werden aber durch Sex und engen Hautkontakt weitergegeben", sagt Schellberg. "Deshalb wollen sich die Patienten schützen und impfen lassen."
Die Liefer- und Lagerbedingungen des Impfstoffs sind laut Sven Schellberg nicht ganz einfach. Unter minus 20 Grad muss dieser gekühlt werden. Das könne nicht jede Praxis in Berlin. 18 Praxen sind laut Schellberg an der Impfkampagne beteiligt, jede von ihnen habe 300 Dosen des Vakzins erhalten. "Die meisten haben jetzt keinen Impfstoff mehr. Das ist natürlich ein großes Problem", sagt der Arzt.
Berlin liegt bei Anzahl der Fälle vorne - aber "Tendenz rückläufig"
Christopher Schreiber vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg sagt, die Impfkampagne laufe in der Hauptstadt nicht, wie sie laufen sollte. Und das, obwohl Berlin bereits ein Viertel der bundesweit 40.000 verfügbaren Impfdosen erhalten hat. "Die Zahl der Fälle, die wir in Berlin haben, spiegelt sich nicht in der Zahl der Impfdosen wider, die vom Bund geliefert wurden", sagt Schreiber.
Er bezieht sich dabei auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts: Von den mehr als 2.400 bundesweiten Affenpocken-Fällen wurden mindestens 1.000 in Berlin registriert. Die Gesundheitsverwaltung nannte am Dienstag die Zahl von aktuell 1.277 Fällen in der Hauptstadt.
In Anbetracht dessen fordert der Senat, dass der Bund deutlich größere Mengen an Impfstoff nach Berlin liefert. Der Gesundheitsstaatssekretär Thomas Götz (Grüne) sagte dem rbb, der Bundesgesundheitsminister habe weiteren Impfstoff bestellt und man hoffe, ein Großteil davon werde nach Berlin geliefert. Gut 100.000 Impfdosen seien nötig, so Götz in der rbb24 Abendschau, um alle Personen zu erreichen, die nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission Anspruch auf eine Impfung hätten. Was die Infektionsfälle angehe, sei die Tendenz nach einem Höhepunkt Mitte Juli derzeit aber rückläufig.
Braucht Brandenburg mehr Impfdosen?
In Brandenburg sieht die Situation etwas anders aus. Zwei Impfstationen in Potsdam und Blankenfelde-Mahlow haben bisher eigenen Angaben zufolge insgesamt 240 Impfdosen erhalten. Bisher wurde das Vakzin 63 Mal verabreicht.
Einen drohenden Mangel wie in Berlin sieht die Landesgesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) nicht, sagt sie. Zwar sehe sie die Notwendigkeit genügend Impfstoffe an Kontaktpersonen von Infizierten zu bringen. "Aber das, was der Bundesgesundheitsminister bei der EU bestellt hat, müsste dafür ausreichen", sagte Nonnemacher.
Jirka Witschak von der Landeskoordinierungsstelle Queeres Brandenburg kritisiert hingegen, die insgesamt 240 Impfdosen für Brandenburg genügten bei weitem nicht. Er forderte die Landesregierung dazu auf, Impfstoff nachzubestellen.
Mit Informationen von Marcus Latton
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.07.2022, 19:30 Uhr